Kommentar
Nun gut, wenn im Rahmen einer hitzigen Diskussion mal der Begriff von einer angeblich über den Neumarkt verlaufenden „Stadtautobahn“ fällt, aber eigentlich nur der zwischen Berliner Platz und OsnabrückHalle allein von 6 Ampeln regulierte Verkehr gemeint ist, dann ist das Politik.
Politik ist nicht immer sachlich, selten fair und oft ideologisch durchwirkt und gegenüber Sachargumenten so verschlossen, wie einst Mutter Marias Schenkel bevor der Heilige Geist ihr beiwohnte.
Wenn aber ein hoher städtischer Beamte von einem anderen Beamten gefragt wird, ob in seinem Kompetenzbereich gerade eine Baustelle zu vermelden sei, dann sollte doch bitte schön die Antwort einzig der Wahrheit verpflichtet sein. Insbesondere wenn diese Antwort dann an ein ordentliches Gericht weitergeleitet wird.
In der vergangenen Ratssitzung, am 2. Februar, stellte sich tatsächlich heraus, dass der städtische Baudezernent Frank Otte es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen scheint – oder hat er den Überblick über die von ihm verantworteten Baustellen verloren? Ausgerechnet auf dem Neumarkt?
Das eine Antwort von Otte, oder einem anderen Mitarbeiter aus seinem Amt, nicht der Wahrheit entsprach, das meint der CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde beweisen zu können.
Statt wie in einer Stellungnahme der Verwaltung, datiert vom 17.12., behauptet, gab es zu der Zeit längst keine Bauarbeiten mehr auf den Neumarkt. Die von der Verwaltung genannte Baufirma konnte auf Nachfrage bestätigen, dass alle Bauarbeiten zum fraglichen Zeitpunkt längst beendet waren.
Ja wo sollte sie denn auch bauen? Der eine Teil des Neumarkts war zu dieser Zeit vom Winterdorf besetzt, auf dem anderen stauten sich wie eh und je die Busse und gaben einen Vorgeschmack darauf, wie in Zukunft ein „Platz mit Aufenthaltsqualität“ aussehen wird. Aufenthaltsqualität auf einem Platz, über den sich täglich mehr als 1.000 Busse quälen.
Machen zwei Spuren für den Individualverkehr, wie es der gültige Bebauungsplan und ein auch von SPD und Grünen verabschiedeter Ratsbeschluss vorsehen, aus dem Neumarkt wirkliche eine Stadtautobahn? Wohl kaum! Und wenn es doch gute Argumente für einen Neumarkt ohne Autos gibt, dann wird der Neumarkt ein paar Monate – bis dort wirklich mal wieder gebaut wird – auch wieder ein wenig Autoverkehr verkraften. Alles andere ist Schulmeisterei in einem Erziehungsprozess, den offenbar immer mehr Bürger ablehnen.
Und wenn überhaupt, dann ist es Sache gewählter Politiker – nicht von Verwaltungsbeamten, die auch dafür bezahlt werden bei der Wahrheit zu bleiben!
Und soll man Oberbürgermeister Wolfgang Griesert fragen »wer führt im Rathaus«, wie es der Kollege Wilfried Hinrichs in einem Kommentar in der NOZ getan hat (Abruf ggf. kostenpflichtig)?
Sollte man nicht viel eher fragen: »Wer versucht uns an der langen Nase herumzuführen?«