Von Seiten der Unternehmer, die in der vergangenen Woche zum gemeinsamen Neujahrsempfang des Bundesverbandes der Dienstleistungsunternehmen (BDD) und des Handels- und Dienstleistungsverbandes (HDV) zusammentrafen, gab es deutliche Kritik an der Politik der „Großen Koalition“.
Da half es auch nichts, dass der Bundestagsabgeordnete Rainer Spiering (SPD) mehrfach versuchte mit Amazon und Google einen gemeinsamen Gegner ins Spiel zu bringen und für einen starken Staat zu werben.
„Diese Bundesregierung schafft es noch nicht einmal eine Breitbandversorgung sicherzustellen“, konterte Uwe Goebel, frischgebackener Präsident der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, die Versuche des SPD-Politikers, für ein Szenario zu werben, bei dem nicht unabhängige Unternehmer sondern staatliche Stellen Daten sammeln, aufbereiten und der Wirtschaft zur Verfügung stellen, wie es Spiering als Alternative zu den aktuell marktbeherrschenden US-Unternehmen skizzierte.
Gastgeber, L&T-Chef Mark Rauschen, lieferte einen räumlichen Rahmen, der aufzeigt, wie sich sein Unternehmen dem Wettbewerb mit dem Onlinehandel stellt. Das im vergangenen Jahr eröffnete neue L&T Sporthaus mit der Hasewelle und dem integrierten Fitnessstudio „City Gym“ ist für den Textilunternehmer ein Beispiel dafür, wie das eher bedarfsorientierte „Einkaufen“ sich zum freizeitbetonten „Shopping“ wandelt.
Populismus, Brexit und Digitalisierung: Unternehmer sehen Risiken
Beim Neujahrsempfang, das am Wasserbecken der Hasewelle ein ganz besonderes Umfeld bekam, ging es jedoch nicht nur um die Digitalisierung. Auch der Brexit, die Unberechenbarkeit der US-Politik und ein wachsender Populismus bereitet den Unternehmern in der Region zunehmend Sorgen. Hinzu kommt eine Bundesregierung, die es wie keine Regierung zuvor versteht Geld auszugeben und angesichts der vor Jahren noch undenkbar hohen Steuereinnahmen es dennoch schafft einen ausgeglichenen Haushalt in Frage zu stellen, wie es Uwe Goebel beklagte, der als Steuerberater einen besonders scharfen Blick auf die Ausgabenpolitik der Bundesregierung hat.
Was den Populismus in Europa angeht, erklärte Dr. Mathias Middelberg, Bundestagsabgeordneter der CDU, dass er froh sei, dass wir überhaupt eine stabile Regierung in Deutschland haben. Mit Blick auf das restliche Europa erinnerte Middelberg daran, dass zum Beispiel die Niederlande es kaum fertiggebracht hätten aus fünf Parteien eine Regierung zu bilden. In Frankreich „geht es nur noch um die Zukunft von Macron“ und Großbritanniens Politik würde mit dem Brexit auch nur noch ein Thema kennen. Aber tatsächlich, da stimmte der CDU-Bundestagsabgeordnete mit seinem Vorredner überein, zeige der mit der SPD geschlossene Koalitionsvertrag eine „Freude am Geldausgeben“.
Soll ein hohes Rentenniveau oberstes Ziel der Politik sein?
Mechthild Möllenkamp, Vorsitzende des Handelsverbandes (HDV), regte an, dass die Politik doch vielleicht ein Gesetz verabschieden solle, das „Gesetze auf Kosten der jüngeren Generation“ verbietet. An die Unternehmer und Politiker gerichtet, stellte Möllenkamp die Frage in den Raum, was denn wichtiger sei, ein höheres Bildungsniveau für die nachwachsende Generation, mehr Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft oder das offensichtlich von der Politik favorisierte höhere Rentenniveau der älteren Generation?
Anhand des eigenen Betriebs skizzierte die Unternehmerin, wie sehr sie unter einer Politik zu leiden habe, die den Unternehmer unter Generalverdacht stelle. Die im vergangenen Jahr neu eingeführte und noch über die Vorgaben der EU hinausreichende Datenschutzgrundverordnung (DGVO) sei in der Praxis kaum umzusetzen, wie ein aufwendiges Auditing des eigenen Betriebs ergeben habe.
Auch in der anschließenden Diskussion der rund 50 geladenen Gäste mit den Bundestagsabgeordneten wurde engagiert diskutiert.