Auch wer einen relativ modernen Diesel-PKW fährt, darf sich auf ein baldiges Diesel-Fahrverbot einstellen. Ein Szenario ohne ein Diesel-Fahrverbot ist nach Ansicht des Osnabrücker Verwaltungsjuristen Prof. Dr. Thorsten Koch derzeit nicht mehr erkennbar.
Koch erläuterte seine Sicht der Dinge im Rahmen einer Presseveranstaltung, zu der am Freitagnachmittag der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) eingeladen hatte.
Die von der Regenbogenkoalition forcierte Sperrung des Neumarkts kann nur durch massive Eingriffe in den Verkehr auf den Wällen kompensiert werden, ist sich der Jurist sicher. Der Luftreinhalteplan – der noch nicht vorliegt, aber ein zentrales Element aller Planungen ist – wird hier entsprechende Vorgaben machen, ist Prof. Koch überzeugt.
Rückendeckung für den Oberbürgermeister
Die Verantwortung dafür, dass es überhaupt soweit kommen konnte, sieht Koch auch beim Landesinnenministerium in Hannover. Die von seinem Amtsvorgänger Boris Pistorius (SPD) geführte Kommunalaufsicht wurde von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU) zweimal eingeschaltet, da er die Beschlüsse der Regenbogenkoalition zum Neumarkt für falsch hielt.
Nach Ansicht des Top-Juristen sei die Reaktion der Kommunalaufsicht auf die Bedenken des Oberbürgermeisters lediglich eine „Behauptung“ zugunsten der Regenbogenkoalition gewesen, eine Begründung habe er nicht erkennen können. Schon allein weil der Neumarkt im gültigen Flächennutzungsplan und den Bebauungsplänen eine mehrspurige Straße sei, könne der Platz nicht einfach von der Politik vom Verkehr entwidmet werden.
BOB kritisiert Nähe einzelner Regenbogen-Politiker zu Investoren
Für die Fraktion Bund Osnabrücker Bürger (BOB) kritisierte Dr. Stephen Grüner ein „Complianceproblem“ wenn zum Beispiel der SPD Fraktionsvorsitzende Frank Henning öffentlich erkläre, dass die Sperrung des Neumarkts den Wünschen eines einzelnen Investors entgegen käme, wenn ein Hamburger Immobilienkaufmann massiv in den Wahlkampf eingreife und sich die Regenbogenkoalition auch noch juristische Schützenhilfe bei einer Anwaltskanzlei suche, die auch einen der Hauptakteure am Neumarkt vertrete.
Von der Umwelthilfe angedrohte Klage macht es noch komplizierter
Dadurch, dass jetzt der Verein Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf den Plan getreten sei, der binnen vier Wochen auch die Hasestadt wegen Grenzwertüberschreitungen beim Stickstoffdixoid (NO2) verklagen will, wird ein Diesel-Fahrverbot auf dem Wall nochmals wahrscheinlicher, so Professor Koch. Er selbst, so der Juraprofessor, sehe die Privatisierung „öffentlicher Interessen“ sehr kritisch.
Als Folge einer DUH-Klage wird ein Diesel-Fahrverbot – auch auf der die Innenstadt tangierenden Bundesstraße 68 – nochmals wahrscheinlicher. Wie genau das funktionieren soll, ist aber noch offen. Eine Möglichkeit wäre die Einführung einer „blauen Plakette“ und eine Anpassung der Osnabrücker Umweltzone. Diese Umweltzonen werden von der aktuellen Rechtsprechung „akzeptiert“, allerdings habe noch keiner kritisch die Frage gestellt, wie das mit der grundsätzlichen Zulassung von Fahrzeugen durch das Kraftfahrt-Bundesamt für den öffentlichen Straßenverkehr vereinbar ist.
Anlieger können noch bis 1. September klagen
Im Bereich des Neumarktes zwischen Neuer Graben und Kollegienwall sowie eines Teilbereichs der Straße Neuer Graben zwischen Neumarkt und Lyrastraße soll die Nutzung beschränkt werden auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ohne Taxen und Mietwagen. Ausgenommen ist der Lieferverkehr in der Zeit von 6 bis 10.30 Uhr sowie der Fußgänger- und Fahrradverkehr. Gegen die Teileinziehung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Osnabrück erhoben werden. Entsprechend der Bekanntmachung endet die Klagefrist damit am Freitag, 1. 15. September*, um 24 Uhr.
*Anmerkung zur Klagefrist, diese haben wir am 28.08. auf Hinweis eines Lesers „verlängert“. Der 1. September wurde ursprünglich vom Presseamt der Stadt genannt, nach Klärung im Stadtenwicklungsausschuss, wurde die Frist neu auf den 15.09.2017 festgelegt.