In den 90er Jahren war der Osnabrücker Uniball „das Ereignis“, wo (nicht nur) Studenten bis tief in die Nacht feierten. Unsere Reporterin Laura Stevens studiert rund zwanzig Jahre später in Osnabrück und erlebte den „Relaunch“ dieser Veranstaltung mit gemischten Gefühlen.

AFP

Als ich – Studentin der Universität – von dem großen „Uniball“ gehört habe, war die erste Reaktion ein Karten- und Kleidkauf. Ein richtiger Ball, die Möglichkeit in festlicher Atmosphäre mit Freunden einen schönen Abend zu verbringen und zu tanzen, das klang zu schön, um wahr zu sein. Schade, dass die Realität aus meinen Augen alles andere als ein festlicher Ball war. Man darf mich nicht falsch verstehen, der Abend war trotzdem nicht schlecht. Aber eben leider kein Ball. Vielleicht waren die Erwartungen zu hoch, vielleicht lag es an der Umsetzung, ich bin enttäuscht.

Der erste Eindruck: Sehr positiv!

Um 19:30 war der offizielle Einlass. Das Bild vor der Tür erfüllte meine Erwartungen komplett. Die Herren in Anzug und Fliege, die Damen langen Kleidern, der ein oder andere hatte sogar seine Tanzschuhe dabei. Es funkelte und glitzerte an jeder Ecke. Auch die OsnabrückHalle als Location war sehr gut gewählt, der Parkettboden, die moderne Umgebung und die von außen erkennbare festliche Beleuchtung versprachen ein schönes Ambiente. Nach dem Gang über den roten Teppich erschienen dann lange Tischreihen, eine große Tanzfläche und schlichte Tischdeko, sowie eine große Bühne.
Über die sozialen Netzwerke gab es im Vorfeld zwar Informationen über die verschiedenen Showeinlagen, aber keinerlei zeitliche Abläufe. Somit musste man sich wohl oder übel überraschen lassen, was wann passieren würde und musste Angst haben etwas zu verpassen, wenn man den Tisch kurz verlassen wollte.

Überschaubares Buffet und ein kleiner Gratis-Cocktail

Ein Willkommenscocktail aus einem aufgewärmten Bacardi-Longdrink in der Größe eines Shots war im Kartenpreis inklusive, alles andere kostete extra. So auch das ominöse Buffet: Es bestand aus einem Nudelgericht, Salat und Laugengebäck, angerichtet in zwei kleinen Kühltheken. Ich war froh, vorher bereits gegessen zu haben, denn von den angebotenen Speisen wären die fast 2000 Gäste niemals satt geworden.

Breakdance und Top40 Band bis um Mitternacht

Nach zwei Wiener Walzern als Einleitung des Abends und zur Eröffnung der Fläche kam dann für mich die große Ernüchterung. Statt weiterer Musik zum Standardtanzen folgten die Einlagen der Band „Live and Famous“, die die aktuellen Mainstream-Songs zum Besten gaben. Und das Ball-Gefühl? Das blieb für mich ab diesem Zeitpunkt völlig auf der Strecke. Tanzschule Hull hatte vorab extra drei „Auffrischungs-Tanzkurse“ angeboten, was die Erwartung natürlich verstärkt hatte, tanzen zu können. Stattdessen wurde der Abend zu einer einzigen Disco. Die Showeinlagen der verschiedenen Tanzgruppen waren ausschließlich im Hip-Hop/Breakdance-Bereich angesiedelt, klassische Tänze blieben völlig unbeachtet. Man darf mich nicht falsch verstehen – auch zu den Charts kann man klassisch tanzen, ich habe mir keinesfalls klassische Musik gewünscht. (Umbrella von Rihanna kann bspw. ein wunderbarer Quickstep sein!) Aber die Möglichkeit zu mehr Paartänzen als Discofox/Swing und Chachacha war auch den gesamten restlichen Abend nicht mehr gegeben, lediglich als Abschluss des offiziellen Teils um 0 Uhr gab es noch einen Wiener Walzer.

Nach Mitternacht wurde der Europasaal aufgeräumt

Mit Abschluss des offiziellen Teils kam für die OsnabrückHalle scheinbar auch das Signal, den Saal abzuräumen. Die Band „Caught indie act“, die man als Studi bereits vom Terrassenfest kannte, begannen im zweiten Saal zu spielen, der bis dahin nahezu leer war. Der Europasaal wurde hingegen taghell ausgeleuchtet, der Abbau begann unverzüglich und auch unüberhörbar, und auch das Servicepersonal pustete ungeachtet der noch sitzenden Gäste die Kerzen aus und räumte die Tischdeko ab. Verjagt aus dem Europasaal ging ein Großteil der Gäste bereits nach Hause, die wenigen verbliebenen tanzten zu den Songs der Partyband.
Obwohl noch einige Ihre Taschen und Schuhe im Europasaal hatten liegen lassen, wurde dieser abgeschlossen und man musste sich durch das Personal „durchfragen“ um seine Gegenstände zurück zu bekommen. Eine kurze Durchsage, dass der Europasaal geschlossen wird o.ä., gab es leider nicht.

Uniball Osnabrück 2017
Nebenan, in einem kleinen Saal, könnte noch bis in den frühen Morgen gefeiert werden. Doch im großen Europasaal wurde es nach Mitternacht mehr als ungemütlich.

Ganz viel Luft nach oben für das nächste Jahr

Abschließend kann ich über den gestrigen Abend nur sagen, dass man vieles hätte verbessern können. Als Uniparty wäre es absolut stimmig gewesen, man fühlte sich ein bisschen ans Alando Palais erinnert. Als UniBALL, was es ja sein sollte, bin ich wirklich enttäuscht und frage mich, wofür genau ich die 21€ Kartenpreis bezahlt habe.
Ein Ball ist für mich etwas anderes und ich hoffe, dass es nächstes Jahr eine transparentere Planung mit Preisauskünften und einen groben Zeitplan vorab gibt. (So könnte bspw. die erste Stunde Musik zum klassischen Paartanz gespielt werden und anschließend klassischer Mainstream. Wäre das vorher kommuniziert worden, wäre der Ball für ALLE ein positiver Abend geworden)