Beinahe jedes Grundschulkind in Stadt und Landkreis Osnabrück dürfte den Schweigefuchs kennen, der symbolisch für Ruhe im Klassenzimmer sorgen soll: Der kleine und der Zeigefinger abgespreizt, Ring-, Mittelfinger und Daumen bilden einen Kreis. Doch nun sorgt dieses harmlos wirkende Handzeichen, das wie ein Fuchs aussieht, für Aufregung und Diskussionen. Denn der Schweigefuchs ähnelt dem Wolfsgruß – ein Erkennungszeichen, vergleichbar mit dem verbotenen Hitlergruß, der rechtsextremen türkischen Gruppierung „Graue Wölfe“.
Türkischer Fußball-Nationalspieler sorgt für Eklat
Brisanz erhält das Thema durch ein aktuelles Ereignis: Der türkische Fußball-Nationalspieler Merih Demiral sorgte im EM-Achtelfinale für einen Eklat, als er mit dem Wolfsgruß jubelte. Dieser Gruß wird von den „Grauen Wölfen“ verwendet und hat dementsprechend eine starke politische und nationalistische Konnotation. Demirals Aktion führte zu teils heftigen Reaktionen, unter anderem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan soll den Gruß schon gezeigt haben, sein früherer Außenminister Mevlüt Cavusoglu ebenso. Weil der Wolfsgruß dasselbe Handzeichen ist wie der Schweige- oder Leisefuchs, raten Bildungsbehörden dazu, im Klassenzimmer darauf zu verzichten. In Deutschland ist das Zeigen nicht strafbar, in Österreich seit 1. März 2019 jedoch schon (§ 2 Symbole-Gesetz).
Schweigefuchs oder Wolfsgruß?
Das Kultusministerium in Stuttgart hat schon 2017 dazu geraten, in baden-württembergischen Klassenzimmern darauf zu verzichten, nachdem Eltern darauf hingewiesen haben, dass die Geste missverstanden werden kann – insbesondere von Kurden, die sie als Provokation empfinden. Bei so genannten Kurdenmärschen in Baden-Württemberg kam es in der Vergangenheit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, als Türken am Straßenrand den Gruß der „Grauen Wölfe“ zeigten. Laut Verfassungsschutz leben (Stand: September 2023) derzeit rund 12.000 Anhänger der Bewegung in Deutschland.
Kein Verbot, aber Empfehlung
Obwohl es kein Verbot geben soll, wird nun erneut empfohlen, den Schweigefuchs nicht mehr einzusetzen – ein Wunsch, der auch von besorgten Eltern unterstützt wird. Das Vorgehen wird jedoch unterschiedlich bewertet. Einige Experten sehen die Verbannung des Schweigefuchses als überzogen an und halten die Sorge vor Verwechslungen, insbesondere in Grundschulen, für unbegründet. Andere begrüßen die Maßnahme und betonen die Wichtigkeit des sensiblen Umgangs mit interkulturellen Zusammenhängen.