Nachdem es vor sechs Wochen in den frühen Morgenstunden zu einem Fahrrad-Diebstahl in der Radstation am Hauptbahnhof Osnabrück gekommen war, möchte sich der Betreiber auf Anfrage unserer Redaktion zu dem Thema nicht äußern – mit Verweis auf polizeiliche Ermittlungen. Aus diesem Grund haben wir uns einmal vor Ort umgesehen und dabei Erschreckendes festgestellt.
Fünf Millionen Euro hat die im April 2023 eröffnete Radstation gekostet, die sich auf einer Fläche von mehr als 4.000 Quadratmetern im Untergeschoss der Bahnhofsgarage erstreckt und dort Platz für rund 2.300 Fahrräder bietet. Es handelt sich um das zweitgrößte Fahrrad-Parkhaus Deutschlands und das größte in Norddeutschland. Ein echtes Leuchtturmprojekt.
Wurde bei der Sicherheit gespart?
Doch nachdem die emsländische Kreisstadt Meppen mit ihrer Radstation bereits eindrucksvoll bewiesen hat, wie das Rund-um-die-Uhr-Parken für Drahtesel sehr komfortabel mit elektronischem Zutrittssystem funktionieren kann, setzt man in Osnabrück ganz altmodisch nicht nur auf begrenzte Öffnungszeiten, Personal und nächtliches Parken nur für Dauerparker, die bis zu 20 Minuten warten müssen, bis ihnen ihr Rad ausgehändigt wird, sondern hat möglicherweise auch bei der Sicherheit gespart.
Sicherheitskonzept soll optimiert werden
„Wir werden den Vorfall zum Anlass nehmen, um gemeinsam mit der OPG als Eigentümer der Bahnhofsgarage das Sicherheitskonzept weiter zu optimieren“, teilte Michael Löning, Betriebsleiter der Osnabrücker Radstation, nach dem Fahrrad-Diebstahl auf Anfrage unserer Redaktion mit. Schaut man sich allerdings vor Ort einmal genauer um, ist fraglich, ob es jemals ein Sicherheitskonzept für das Fahrradparkhaus gegeben hat.
Wie genau das Fahrrad im vergangenen Monat entwendet wurde, wollten weder Betreiber noch Polizei verraten. Doch so viel ist klar: es war kein Einbruch. Der Dieb hatte sich anderweitig Zutritt zur Radstation verschafft, weshalb auch nicht wegen Einbruchs, sondern aufgrund eines Hausfriedensbruchs ermittelt wird.
Haben Langfinger leichtes Spiel?
Im Grunde haben Langfinger leichtes Spiel, um Fahrräder aus der Radstation zu entwenden, was mit der baulichen Situation zusammenhängt. Eröffnet wurde das Fahrrad-Parkhaus im Untergeschoss der Bahnhofsgarage. Dort unten haben früher, vor dem Umbau, Autos geparkt – so wie in den darüber befindlichen Etagen auch heute noch. Die entsprechende Autorampe führt noch immer vom Erdgeschoss der Bahnhofsgarage ins Untergeschoss zur jetzigen Radstation. Die Zufahrt wurde allerdings durch ein bis an die Decke heranreichendes Gitter versperrt. Überklettern unmöglich.
Fahrräder sind versichert – wenn sie abgeschlossen sind
Allerdings kann die Brüstung des Rondells, über das die Autos die einzelnen Etagen erreichen, ganz einfach überklettert werden. Anschließend rutscht man aus etwa 2,50 Metern Höhe an einem Regenrohr herunter oder hangelt sich nach unten – man landet sogar weich in einem Blumenbeet im Lichthof. Profis würden vielleicht sogar eine Leiter mitbringen. Langfinger, die zu zweit unterwegs sind, haben so besonders leichtes Spiel: Einer reicht die Räder von unten an, der andere nimmt sie oben entgegen.
Nutzerinnen und Nutzer der Radstation dürfen sich also sicherlich Sorgen machen. Immerhin: Laut der Benutzungsordnung müssen sie ihre Räder aber lediglich „mittels eines handelsüblichen Schlosses“ gegen Diebstahl sichern. Wird das Fahrrad trotzdem geklaut, haftet die Radstation. Fraglich bleibt, warum bei einem rekordverdächtigen Investitionsvolumen von fünf Millionen Euro kein Geld vorhanden war, um den unberechtigten Zutritt über den Lichthof durch ein weiteres ausreichend hohes Gitter zu verhindern.