Seit dem 1. Juli ist alles neu beim Empfang von Kabelfernsehen. Das so genannte Nebenkostenprivileg ermöglichte es Vermietern bisher, die Kosten für den gemeinsamen Kabelanschluss über die Betriebskostenabrechnung auf alle Hausbewohner umzulegen. Doch mit einem neuen Gesetz, das bereits am 1. Dezember 2021 in Kraft trat und eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2024 gewährte, wurden diese Gebühren jetzt aus den Nebenkosten gestrichen. Diese Änderung gibt den Verbrauchern mehr Freiheit bei der Wahl ihres Fernsehempfangs. Offenbar weigern sich aber nicht wenige Vermieter und Hausverwaltungen in Osnabrück, die Kabelgebühr aus den Nebenkosten zu streichen und kassieren weiter für eine Leistung, die gar nicht mehr erbracht wird.
Nebenkosten müssen angepasst werden
Eigentlich ist es ganz einfach: Zahlen Mieterinnen und Mieter neben der Grundmiete Vorauszahlungen für Betriebskosten, müssen die Vorauszahlungen seit 1. Juli 2024 um die bisher für den Kabelanschluss veranschlagten Kosten reduziert werden. Denn laut dem Deutschen Mieterbund entfällt die Betriebskostenumlage ab diesem Zeitpunkt.
Sind die Kosten für den Kabelanschluss allerdings in der Grundmiete enthalten und werden nicht als Betriebskosten abgerechnet (so genannte Inklusivmiete), ändert sich die Miethöhe durch den Wegfall des Nebenkostenprivilegs nicht. Mieterinnen und Mieter haben aber die Möglichkeit, die Kabelversorgung gegenüber ihrem Vermieter zu kündigen, wenn ihr Mietverhältnis mindestens 24 Monate besteht. Nach einer Kündigung ist die Miete um den Betrag zu reduzieren, der für den Kabelanschluss bei Vertragsabschluss üblich war.
HASEPOST-Umfrage: Bei 89 Prozent fand keine Anpassung statt
In den vergangenen drei Wochen haben sich vermehrt Leserinnen und Leser bei unserer Redaktion gemeldet, die berichteten, dass ihre Vermieter die Nebenkosten zum 1. Juli nicht um die Kabelgebühr reduziert hätten, obwohl diese in der Nebenkostenabrechnung explizit ausgewiesen wird. Eine nicht-repräsentative Umfrage der HASEPOST via Instagram bestätigte dieses Vorgehen: So gaben 89 Prozent der Befragten an, dass eine Anpassung nicht stattgefunden hat.
Mieter zahlen für eine nicht erbrachte Leistung
„Unser Vermieter hat mir auf meine Nachfrage mitgeteilt, dass er die Nebenkosten erst mit der nächsten Abrechnung anpassen wird“, klagt Sandra Holtgreve aus dem Osnabrücker Stadtteil Dodesheide beim Telefonat mit unserer Redaktion. Für sie sei das eine finanzielle Mehrbelastung, weil sie sich mittlerweile selbst um einen neuen Kabelanschluss gekümmert habe. „Ich zahle also die nächsten Monate weiterhin die Kabelgebühr mit den Nebenkosten an meinen Vermieter und eine weitere Kabelgebühr direkt an den Anbieter, bei dem ich jetzt einen neuen Vertrag abgeschlossen habe. Und bei der nächsten Abrechnung muss ich auch noch aufpassen, dass mir die zu viel gezahlten Gebühren vom Vermieter erstattet werden. Das kann es echt nicht sein.“ Holtgreves Vermieter wollte sich auf Nachfrage der HASEPOST jedoch nicht dazu äußern.
Ärger auch im Stadtteil Westerberg
Ähnliches weiß auch ein weiterer Mieter zu berichten, der anonym bleiben möchte: „Per Brief hat uns die Hausverwaltung zwar auf den Wegfall des Nebenkostenprivilegs hingewiesen und uns mitgeteilt, dass wir uns jetzt selbst um einen TV-Anschluss kümmern müssen. Allerdings wurde uns nicht gesagt, um welchen Betrag wir die Nebenkosten kürzen dürfen“, ärgert sich der Bewohner einer großen Wohnanlage im Stadtteil Westerberg. Erst auf seine gezielte Nachfrage habe man auch ihm mitgeteilt, dass die Nebenkosten unverändert blieben und erst mit der nächsten Abrechnung angepasst würden.
„Da unsere Hausverwaltung etwa 100 bis 200 Wohnungen in Osnabrück betreut, sprechen wir also von einer höheren Summe, die einfach unrechtmäßig kassiert wird.“ Einen Anwalt wolle er sich deshalb aber nicht nehmen, zumal er auch keine Doppelbelastung habe, nachdem er sich jetzt gegen einen Kabelanschluss und für den TV-Empfang via Internet entschieden habe. Eine Anfrage unserer Redaktion an die Hausverwaltung zu ihrem fragwürdigen Vorgehen wurde bislang nicht beantwortet.
Verbraucherzentrale und Mieterbund äußern sich
Die Kabelgebühr weiterhin einziehen, obwohl die Leistung nicht mehr erbracht wird: Was sagt die Verbraucherzentrale dazu? „Grundsätzlich würde ich sagen, dass dies nicht zulässig ist. Seit dem 1. Juli 2024 dürfen die Kosten nicht mehr abgerechnet werden. Die Nebenkosten müssten also entsprechend angepasst werden“, antwortet Kathrin Bartsch, Referentin für Telekommunikation und Internet bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, auf Anfrage unserer Redaktion.
Auch Dr. Jutta Hartmann, Pressesprecherin des Deutschen Mieterbunds, macht diesbezüglich klar: „Die Kabelgebühren dürfen nur noch für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2024 als Betriebskosten umgelegt werden. Die Abrechnung für das Jahr 2024 sollte dahingehend überprüft werden, ob die Kosten für den Kabelanschluss noch über den 30. Juni 2024 hinaus abgerechnet wurden. Ist dies der Fall, müssen diese Kosten nicht bezahlt werden und sollten Mietende die zu Unrecht erfolgte Umlage innerhalb von 12 Monaten nach Zugang der Abrechnung gegenüber Vermietenden beanstanden.“
Unseriöse „Medienberater“ in der Region Osnabrück
Der Wegfall des Nebenkostenprivilegs bringt zwar Vorteile für die Mieter, ist aber auch mit Nachteilen behaftet. Das zeigt sich nicht nur jetzt bei den nicht angepassten Nebenkosten: Im April waren bereits unseriöse und auf Provisionsbasis arbeitende „Medienberater“ in der Region Osnabrück unterwegs, um unwissenden Menschen neue Kabelverträge aufzuschwatzen.