Während am heutigen Nachmittag die sog. Runde der Ministerpräsidenten und des Bundeskanzleramts zum wiederholten Mal zusammentritt, um die Corona-Lage neu zu bewerten, kämpfen Räumdienste in diesem Land gegen katastrophale Straßenverhältnisse. Der Winter hat uns im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt und offensichtlich waren viele Kommunen darauf nur unzureichend vorbereitet.
Ein Kommentar von Wolfgang Niemeyer
Obwohl es in der letzten Woche zahlreiche Wetterwarnungen gegeben hatte, brach der öffentliche Verkehr am Sonntag total zusammen und hat sich von diesem Schicksalsschlag zumindest in Osnabrück bis heute nicht erholt. Fast alle Nebenstraßen sind unpassierbar. Außer vielleicht für SUVs und weitere allradgetriebene Fahrzeuge. Die allerdings ökologisch höchst bedenklich sind. Aber sie wirken. Wirken könnte auch ein stärkerer Einsatz von Streumaterial. Das aber leider auch des öfteren ökologisch nicht ganz astrein ist. Aber es wirkt. Vielleicht bietet sich der Einsatz von simplem Sand an. Damit unser Leben wenigstens ein bisschen wieder in die Gänge kommt. Denn ein Flockdown auf Dauer kann nicht die Lösung sein.
Hier sind kreative Ansätze gefragt, hier ist der Baudezernent gefordert, dem auch die Sicherheit auf den Osnabrücker Straßen obliegt. Schließlich ist heute schon Mittwoch und das zügige und zuverlässige Vorankommen auf den Straßen gleicht immer noch einem Glücksspiel. Fußgänger müssen die Fahrbahn nutzen, weil die Bürgersteige unpassierbar sind. Und obwohl auch die Radwege angeblich umfänglich geräumt wurden, ist das Befahren, aufgrund akuter Rutschgefahr nicht ratsam. Busse und Bahnen fahren nicht, und das sichere Fortbewegen mit dem Auto hängt wie schon angemerkt von der Art des Antriebs ab. Die Mobilität ist also maximal eingeschränkt, der Flockdown schlägt den Lockdown um Längen. Selbst die Schulen sind die komplette Woche geschlossen, ganz ohne Druck von höchster politischer Stelle.
Womit wir bei der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz wären. Sie ist längst nicht mehr so spannend wie im letzten Jahr. Lockerungen sind nicht zu erwarten, ebensowenig wie das Aufzeigen von Zukunftsperspektiven. Obskure Mutanten werden als Rechtfertigung für das weitere Einschränken von Bildung, wirtschaftlichen Aktivitäten und sozialen Kontakten herangezogen. Das sorgt für miese Stimmung, weil der Bevölkerung im Herbst 2020 suggeriert wurde, daß nach ein paar Wochen Lockdown light alles wieder gut werden würde. Vor mittlerweile dreieinhalb Monaten.
Seitdem liegt das öffentliche Leben brach. Und obwohl seit Wochen die Inzidenzzahlen, der R-Wert und die Auslastung der Intensivkapazitäten rückläufig sind, verweigern sich große Teile der politisch Verantwortlichen einem Plan für die Rückkehr zur Normalität. Es wird stattdessen ein ominöses ‚Auf Sicht fahren‘ beschworen, was nichts anderes als das Eingeständnis von völliger Ratlosigkeit bedeutet.
Der Sand, der den Leuten von Ministerpräsidentenkonferenz zu Ministerpräsidentenkonferenz in die Augen gestreut wird, sollte besser zur Bekämpfung des Flockdowns genutzt werden. Auf den Straßen wird er dringender gebraucht als zur Ruhigstellung der Bevölkerung. Denn die hat nach langen Monaten des Wartens in der Selbstisolation mittlerweile durchaus ein Anrecht auf klärende Worte zur Zukunft eines Landes, das scheinbar nicht mehr weiter weiß. Das aus Angst vor falschen Entscheidungen lieber gar keine Entscheidungen mehr trifft. Und damit sehenden Auges vor die Wand fährt. Inkompetenz, politisches Taktieren und Ignoranz haben die Corona-Politik lange genug bestimmt. Es wird Zeit für den gesunden Menschenverstand, für intelligenten Pragmatismus und das Aufzeigen von Lösungen und Perspektiven. Streut Sand auf die Straßen, nicht in die Augen!
Symbolfoto: Streufahrzeug.
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