Wer will behaupten, dass die niedersächsische Landesregierung sich keine Gedanken um die Sorgen und Nöte ihrer Mitbürger macht? Was den Verzehr von „Leckeis“ (wer kennt diesen Begriff nicht?) angeht, gibt es jedenfalls klare Regeln. Was braucht es mehr in Zeiten von Corona?
Eine Glosse von Heiko Pohlmann
Zwar warten noch immer zehntausende Kleinunternehmer auf Zahlungen der „Soforthilfe“ genannten Unterstützung durch die landeseigene NBank, während die gesamte Friseurbranche zwischen Borkum und Bad Harzburg vergangenen Freitag fassungslos feststellen musste, dass man ihnen – entgegen den Aussagen der Kanzlerin –noch keine Perspektive zur Wiederöffnung gibt.
Es wären also durchaus noch Probleme zu lösen, an denen Existenzen und Schicksale hängen.
Niedersachsens Landesregierung setzt Prioritäten – bei „Leckeis“
Aber: Neben den Baumärkten gehört das Herz dieser Landesregierung – allen voran der für die Verfügungen zuständigen Sozialministerin Carola Reimann (SPD) – ganz offensichtlich den Eisdielen. Die dürfen in Niedersachsen bereits seit Wochen wieder öffnen und haben damit auch wohl regen Erfolg, wie sich an teils sehr langen Schlangen vor den Eisdielen der Stadt ablesen lässt.
Blöd nur, dass die Landesregierung einerseits den freien Verkauf von Speiseeis erlaubt, aber andererseits den Verzehr im Abstand von 50 Metern um die Eisdiele herum verbietet. Ein Widerspruch, der vor allem bei steigenden Frühlingstemperaturen nach einer bürokratischen Regelung schreit!
Niedersachsen kümmert sich um Leckeis-Käufer
Während zahlreiche Kleinunternehmer also weiterhin auf angeblich sofortige Hilfe oder wenigstens auf ein Ausstiegszenario für ihre Branche warten, haben sich die Bürokraten der Landesregierung eine famose Regel für die Käufer von „Leckeis“ (Wortschöpfung der Landesregierung) ausgedacht und auf dem Webserver der Landesregierung untergebracht. In einer FAQ-Liste unter dem Titel „Alltag in Zeiten des Coronavirus – Antworten auf häufig gestellte Fragen“ wird die drängende und vermutlich im richtigen Leben nie gestellte Frage nach der Abstandsregel „für ein in einer Eisdiele erworbenes Leckeis“ beantwortet.
„Rasches Lecken“ ist erlaubt:
„Bei der Anwendung der Verordnung darf insofern pragmatisch vorgegangen werden, als durch erstes rasches Lecken an einer Eiskugel während des zügigen Sichentfernens von der Eisdiele ein Heruntertropfen des Eises auf Kleidung oder Fußboden verhindert werden darf. Für den Verzehr des Resteises gilt jedoch der Abstand von 50 Metern.“
Alles klar? Wenn derart elementare Probleme durch unsere Landesregierung geregelt werden, da tritt direkt in den Hintergrund, dass man die Kommunen erst jüngst bei der sachten Wiederöffnung der Kitas alleine gelassen hat. Von den anderen kuriosen Regeln und Versäumnissen der vergangenen Wochen ganz abgesehen …
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