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Morgen-Kommentar: Dritte Corona-Welle – sehenden Auges in die Katastrophe

Die dritte Corona-Welle rollt durch das Land und die Deutschen realisieren langsam, dass ihnen weitere dramatische Monate bevorstehen. Die Bundes- und Landesregierungen sahen diese Entwicklung kommen, konnten sich aber nicht zum rechtzeitigen Handeln durchringen. Es ist eine Katastrophe mit Ansage.

Ein Kommentar von Lukas Brockfeld

Am 4. März versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Frühling 2021 werde anders als der Frühling 2020. Drei Wochen später meldet das Robert Koch-Institut mehr als 20.000 Neuinfektionen am Tag, die 7-Tage-Inzidenz in der Stadt Osnabrück liegt mit einem Wert von 198,5 nur noch knapp unter der 200er-Marke und den Menschen wird klar, dass sie am Beginn einer massiven dritten Welle stehen. Trotz 6,5 (!) Monate Lockdown im ersten Pandemiejahr gerät das Infektionsgeschehen erneut außer Kontrolle. Nach einem langen Corona-Winter steht uns eine weitere Katastrophe bevor.

Absehbare Entwicklung

Bitter ist, dass die aktuelle Entwicklung niemanden überrascht. Ende Dezember sorgte die Virusvariante B.1.1.7 für dramatische Infektionszahlen in Großbritannien und Irland. Kurz darauf wütete das neue Virus in Portugal. Schon damals warnten die Wissenschaftler, dass sich die Mutante dank ihres Selektionsvorteils mittelfristig auch bei uns durchsetzen werde. Modellrechnungen aus dem späten Januar prophezeiten die augenblickliche Entwicklung erstaunlich genau. Auch in der Regierung schien man sich der Gefahr bewusst zu sein. Am 1. Februar sagte die Bundeskanzlerin auf einer Pressekonferenz: „Wir sehen ja im Augenblick, was in Portugal passiert ist, als man in einem Lockdown praktisch die Oberhand der britischen Mutante gesehen hat, und zu welchem Ergebnissen das führt. Das wollen wir natürlich nicht.“Am 9. Februar sprach Gesundheitsexperte und Talkshow-Dauergast Karl Lauterbach von einem „Turbovirus“ und warnte: Die politisch schlechteste Lösung wäre: Warten, bis die 3. Welle beginnt, weil dann die Bevölkerung reif für die schlechte Nachricht wäre. Das wäre falsch. Weil die verlorene Zeit nicht einholbar ist.“

Keine Konsequenzen, trotz besseren Wissens

Der frühen Einsicht folgten kaum Konsequenzen. Mit harten und durchdachten Maßnahmen hätte sich das Virus zu Jahresbeginn wahrscheinlich eindämmen lassen. Stattdessen hielt man stur an dem Mitte Dezember beschlossenen Lockdown fest. Die Wirtschaft wurde aus der Pandemiebekämpfung weitgehend ausgeklammert. Im Privatleben galten strenge Beschränkungen und in mehreren Bundesländern sogar nächtliche Ausgangssperren, gleichzeitig konnte man sich nicht mal zu einer Homeoffice-Pflicht durchringen. Die Menschen drängten sich weiterhin in Busse, Bahnen, Büros und Fabriken. Auch um intelligente Teststrategien kümmerte sich niemand. Für das „alte“ Coronavirus hätten diese Maßnahmen vielleicht ausgereicht, immerhin sanken die Infektionszahlen von Anfang Januar bis Mitte Februar langsam aber stetig. Trotz des Rückgangs setzte sich die britische Mutante ungebremst durch. Die Neuansteckungen mit dem „alten“ Coronavirus wurden zwar immer weniger, aber die hochansteckende Mutation verbreitete sich gleichzeitig exponentiell. Die Bundesregierung nahm die Gefahr wahr und beschloss, die ergriffenen Maßnahmen erst bei einer 7-Tage-Inzidenz von 35 zu lockern. Doch dann stiegen die Infektionszahlen Mitte Februar wie vorausgesagt langsam an, die dritte Welle begann mitten im Lockdown.

Lockerungen trotz Anstieg

Statt weitere Maßnahmen zu ergreifen, entschloss man sich, bestehende Maßnahmen aufzuweichen. Aus der Obergrenze 35 wurde 100, Schulen, Frisöre und der Einzelhandel durften unter Auflagen wieder öffnen. Fast alle Experten und auch Kanzlerin Merkel warnten Anfang März vor dem Beginn einer dritten Welle. Die Bundes- und Landesregierungen wollten trotzdem öffnen. Impfungen und Schnelltests sollten den ungeliebten Lockdown ersetzen, wohlgemerkt ohne dass diese in ausreichender Zahl verfügbar sind. Drei Wochen später steht die Regierung vor einem Scherbenhaufen. Die Infektionszahlen erreichen das Niveau des Novembers und steigen ungebremst weiter an. Das Coronavirus ist deutlich ansteckender und wahrscheinlich auch tödlicher als in den vergangenen Wellen. Das RKI erwartet eine weitere, dramatische Verschlechterung der Corona-Lage. Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert, die Bürger sind pandemiemüde und die Bereitschaft, die Regeln zu Befolgen, ist geringer denn je. Nur zehn Prozent der Bevölkerung haben eine Impfdosis erhalten, nicht einmal fünf Prozent verfügen über vollständigen Impfschutz. Statt wirksamer Maßnahmen und einer längerfristigen Strategie beschließt man kopflos und übernächtigt einen fünftägigen „Superlockdown“ über Ostern, nur um diesen am nächsten Tag wieder aufzugeben. Der Frühling 2021 wird nicht wie der Frühling 2020, er wird deutlich schlimmer. Die Regierung hat alle Warnungen ignoriert und Deutschland sehenden Auges in eine Katastrophe geführt. Man kann nur hoffen, dass sich die Wähler im September daran erinnern.

 


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Lukas Brockfeld
Lukas Brockfeld
Lukas Brockfeld ist seit dem Sommer 2019, erst als Praktikant und inzwischen als fester Mitarbeiter, für die Redaktion der HASEPOST unterwegs.

  

   

 

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