Neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie haben auf Landesebene bislang immer eine gehörige Vorlaufzeit gehabt. Beim Verbot alkoholischer Heißgetränke „To Go“, aka „Glühweinverbot“, hat die niedersächsische Landesregierung erstmals seit Beginn der Pandemie gezeigt, dass es auch schneller gehen kann.
Ob es wirklich sinnvoll ist Heißgetränke zu verbieten, will ich gar nicht diskutieren. Verlagern wir halt auch dieses kleine weihnachtliche Glück in die eigenen vier Wände, so wie die Organisation der Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr vermehrt über Amazon und Zalando abläuft.
Vielleicht bekommen die Onlineversender bereits ab Montag nochmals einen neuen Schub, sollte die Landesregierung mit dem Glühweinverbot eine neue Geschwindigkeit für das Erlassen neuer Maßnahmen erprobt haben? Diese „Rechnung“ werden wir erst in den kommenden Jahren begleichen müssen, wenn sich die Funktion unserer Innenstädte und die Beschäftigungsstruktur als Corona-Spätfolge grundlegend gewandelt hat.
DHL erklärt sich zur Mobilmachung bereit
Das Staatsunternehmen Deutsche Post DHL hat sich jedenfalls schon rechtzeitig vor dem neuen Coronagipfel dazu bereiterklärt, im Falle eines kurzfristigen harten Lockdowns die gesamten Kräfte in der Paket- und Postsparte zu mobilisieren. Man meint schon fast das Knallen der Sektkorken aus der Amazon-Zentrale zu hören.
Wie gut, dass die von Haustür zu Haustür pendelnden Paketboten und ihre am Verteilerband und in den Lagerhäusern arbeitenden Niedriglohn-Kollegen ganz offensichtlich immun gegen die Seuche sind!
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Die Paketversender machen also bereits „mobil“ und wir erleben plötzlich, dass eine neue Corona-Maßnahme „über Nacht“ wirksam wird.
Bislang ging es nie ohne Lauterbach und TalkShow-Debatten
Das „Spiel“ lief bislang so ab. Ministerpräsident Stephan Weil fuhr zur Kanzlerin nach Berlin – inzwischen erledigt auch der Landesvater das per Videokonferenz. Dann wurde diskutiert, was teils bereits im Vorfeld, spätestens aber während der laufenden Sitzung nach außen drang. Und gefühlt ein halbes Dutzend Talkshow-Auftritte von Landes- und Bundespolitikern später, wurde dann nur zum Teil umgesetzt, was mindestens eine Woche vorher als „dringlich“ und für alle Bundesländer verbindlich besprochen wurde.
Teils erlaubte sich Niedersachsen dabei kuriose Sonderregelungen, zum Beispiel hinsichtlich den im Frühjahr als Hotspots wahrgenommenen Autowaschanlagen oder bezüglich Beerdigungen, bei denen selbst Geschwister der Verstorbenen ausgesperrt wurden, während für Baumärkte großzügige Sonderregelungen galten.
Nun überrascht Niedersachsen damit, dass zwischen Ankündigung und Inkrafttreten eines landesweiten Glühweinverbots nur ein Abend verstrich und keine TV-Talkshow ein Podium bot über das Für und Wieder zu diskutieren.
Dass die Diskussionen in den Parlamenten schon lange nicht mehr – oder oft nur noch im Rückblick– stattfinden, damit haben wir uns ja bereits abgefunden. Ich wünsche mir dennoch etwas mehr Bundes- und Landtag auch deswegen zurück, weil dort der unsägliche SPD-Experte für den Weltuntergang, Karl Lauterbach, weniger Redezeit als bei ARD und ZDF bekommt und die AfD dort in Koalitionsstärke für allgemeines Fremdschämen sorgt, während man bei Markus Lanz oder Dunja Hayali immer nur einzelne Exemplare dieser in einer Partei versammelten YouTube-Graduierten zu sehen bekommt.
Mehr Vorlaufzeit für die Videokonferenz als für den neuen Lockdown?
Am Sonntagvormittag also sind die Ministerpräsidenten erneut zum virtuellen Rapport bei der Kanzlerin einbestellt. Warum eine Videokonferenz eine Vorlaufzeit von mehreren Tagen braucht, wird dabei wohl ein Geheimnis bleiben. Dem Vernehmen nach soll der bereits verlängerte „November-Lockdown-Light“ dann in eine harte Variante gewandelt werden – vielleicht noch schneller als die Vorbereitungszeit für die Videokonferenz.
Die spannende Frage die im Raum steht: Kann Niedersachsen nur beim Glühwein schnell sein, oder wird bereits am Montag das öffentliche Leben in eine neue Phase gehen – Vorbild: das eilige Glühweinverbot?
Egal was man von weiteren Verschärfungen persönlich hält, es ist zu hoffen, dass die Umsetzung tatsächlich schnell verläuft. Ich möchte mir nicht ausmalen was los ist, wenn die Botschaft am Sonntagabend lautet: Am Mittwoch (oder wann auch immer in der kommenden Woche) machen die Läden dicht, nutzt die Chance und stürmt nochmals die Innenstadt, damit ihr Weihnachten nicht ohne Geschenke dasteht, liebe Niedersachsen.“
Was allerdings die wirtschaftlichen Folgen für den Einzelhandel angeht, in den wichtigsten Tagen des Jahres, direkt vor Heiligabend, das steht auf einem ganz anderen Papier, sollte aber nicht gegen die dramatische Lage bei den Infektionszahlen aufgerechnet werden.
Denn bei aller Kritik an der Politik und dem durch Corona massiv(!) beschleunigten Wandel vom lokalen Einzelhandel zu global agierenden Onlinehändlern, sind die aktuellen Corona-Zahlen nicht wegzudiskutieren. Die Frage ob Menschen „an“ oder „mit“ Corona versterben, ist mir auch weiterhin egal, die Zahlen sind einfach zu hoch!
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