Guten Abend,
ich hoffe, alles ist gut!
Ich bin jetzt auf den Hund gekommen. Eigentlich wollte ich mir das in meinem Alter nicht mehr antun, die ewigen Spaziergänge bei Wind und Wetter, die Verantwortung für ein Lebewesen, die Liebe, die einem so ein Tier entgegenbringt. Aber dann habe ich drüber nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Hund genau das ist, was mir zu meinem Glück fehlt. Man mißt den kleinen Dingen im Leben oft viel zu wenig Bedeutung bei, man ist immer am Kämpfen, für eine bessere Welt, für bessere Menschen, für bessere Arbeitsbedingungen, für einen besseren Kontostand. Und dann kommt plötzlich so ein kleiner Hund daher, schaut einen mit seinen großen Augen hilfesuchend und ratlos an und auf einmal ist alles anders. Morgens ist nicht mehr Körperpflege und Frühstücken die wichtigste Beschäftigung, sondern das Gassi gehen durch Wiesen und Felder. Mittags muß die eigene Verköstigung auch mal warten, wenn der Hund Bewegung braucht. Und Abends gibt es den obligatorischen Abendspaziergang und anschließend wird dann der Futternapf gefüllt, frisches Wasser gereicht und zu guter Letzt ein Kauknochen für die Zähne. Meinem Hund soll es schließlich mal besser gehen als mir, der wie ich an manchen Tagen jeden Knochen spüre, kaum noch echte Zähne habe, und mir oft wünsche, ich hätte in meinem Leben mehr auf ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung geachtet. Was soll´s, ich hole das jetzt im Schnelldurchgang nach. Man wird im Alter ja auch irgendwie klüger.
Vor ein paar Tagen habe ich etwas Schreckliches erlebt. Ich ging im tiefen und dunklen Tann am Rubbenbruchsee spazieren, als ich von weitem eine angsteinflößende Stimme hörte. „Sie wissen, daß Sie ihren Hund hier nicht ohne Leine führen dürfen! Und zeigen Sie mir bitte auch mal die Steuermarke, ich kann die nirgendwo sehen!“ Ich versteckte mich im Unterholz, leinte meinen Hund schnell an und spähte hinter einem Baum hervor, um zu sehen, welch Drama sich vor meinen Augen abspielte. Es war herzzerreißend: ein Mitarbeiter des OS-Teams war auf Streife und hatte einen Hundebesitzer gestellt, der seinen Hund nicht angeleint hatte. Auf den Einwand des Hundehalters, daß er gar nichts von einem Leinenzwang am Rubbenbruchsee wußte, reagierte der Vertreter der Stadt Osnabrück mit einem abschätzigen lauten Lachen und Kopfschütteln. Dann sagte er: „Das höre ich immer wieder. Informieren Sie sich das nächste Mal besser und halten Sie sich an die Regeln! Macht 20 Euro, schönen Tag noch!“ Dann wurde ein Formular ausgefüllt, feierlich übergeben und traurig zog der Hundebesitzer mit seinem jetzt angeleinten Schützling seiner Wege. Ich war mit den Nerven am Ende. Wie leicht hätte mich das gleiche Schicksal treffen können. Wie schnell verstößt man selbst als hochmotivierter und gesetzestreuer Mitbürger gegen die zahlreichen Regeln und Pflichten, die uns in allen Lebensbereichen auferlegt werden.
Ich weiß nicht, warum das OS-Team ausgerechnet am Rubbenbruchsee Streife geht, um renitente oder vielleicht auch nur unwissende Hundehalter zur Raison zu bringen, die gegen den Leinenzwang verstoßen. Vielleicht lohnt es sich dort ganz besonders. Ich habe gehört, daß das OS-Team unter Personalmangel leidet, weil extra Mitarbeiter für problematische Ecken in unserer Stadt wie zum Beispiel den Neumarkt abgestellt werden müssen. Überall scheint Unruhe zu herrschen, überall muß für Ordnung gesorgt werden. Zumindest am Rubbenbruchsee haben die Behörden an jenem denkwürdigen Tag einen Teilerfolg erzielt. Ich wurde zum Glück nicht erwischt. Vielleicht haben sie beim nächsten Mal mehr Erfolg. Ich drücke die Daumen und wünsche allen HASEPOST-Lesern ein schönes Wochenende!
Ihr
Justus Möser