Unser wohl ältester Mitarbeiter meldet sich zurück! Unsere Leserinnen und Leser lieben ihn oder sie lehnen ihn und seine Ansichten oft auch vehement ab. Genau wie sein historisches Vorbild macht „unser Justus“ aus seiner liberal-konservativen Weltanschauung keinen Hehl, und das schon seit mehr als 100(!) Kolumnen, die bereits seit 2015 exklusiv bei der HASEPOST erscheinen.
Guten Abend,
eine mittlerweile sowieso schon eher seltene Spezies steht in Osnabrück kurz vor dem kompletten Aussterben: die öffentlichen Autoparkplätze im gesamten Stadtbereich. Unter Zuhilfenahme zumeist haarsträubender Argumente werden die Parkflächen entweder mit Sitzbänken zugesperrt, in Fahrradwege umgewidmet oder ganz einfach durch die Errichtung von immer mehr autofreien Zonen für den PKW-Verkehr unerreichbar gemacht. Gerne bedient sich die hierfür zuständige Verwaltung dem Hinweis, durch weniger Autoparkplätze würde der Fahrradverkehr insgesamt sicherer werden. Zum Beispiel gäbe es nun keine sogenannten Dooring-Unfälle mehr, das heißt die Radfahrer würden ab sofort nicht mehr in unbedacht geöffnete Autotüren hineinrasen. Passend hierzu hat die Deutsche Umwelthilfe bundesweit die Bevölkerung aufgefordert, Autos, die auf Gehwegen parken, unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden. Hierzu ist anzumerken, dass pro Monat in Osnabrück im Durchschnitt 1,5 Dooring-Unfälle stattfinden, fast immer ohne nennenswerte Personenschäden. Und dass aufgrund mangelnder Parkmöglichkeiten das Parken auf Gehwegen in nächster Zeit wohl stark zunehmen wird, womit potentiellen Denunzianten Tür und Tor geöffnet ist.
Zeitgleich hat pünktlich zum ersten April am Osnabrücker Hauptbahnhof Deutschlands zweitgrößtes Fahrradparkhaus eröffnet. Hierbei handelt es sich keineswegs um ein Startup von findigen Unternehmern, sondern ganz im Gegenteil um ein komplett mit öffentlichen Geldern finanziertes Bauwerk. Der bei der Erstellung federführende Stadtbaurat Frank Otte kam dann auch trotz kalten und regnerischen Wetters mit dem Fahrrad zur Eröffnungsfeier. Er war an diesem Tag einer der ganz wenigen Osnabrücker, die das Fahrrad als Verkehrsmittel verwendeten. Wobei ich hier einmal kurz zu einer Kritik an der Verkehrspolitik der Stadt Osnabrück ansetzen möchte: Es wäre eine üble Unterstellung, den hierfür Verantwortlichen in Politik und Verwaltung lediglich ideologischen Übereifer und realitätsfernen Aktionismus zu attestieren. Die verantwortlichen Personengruppen glauben wirklich daran, dass ihr Handeln dem Wohl der Bevölkerung dient. Das mag sie auch davon abhalten, vor ihren Planungen Bedarfsanalysen zu erstellen oder sich bei der Wahl ihrer Mittel am tatsächlichen Verkehrsaufkommen und an den hierfür tatsächlich verwendeten Verkehrsmitteln zu orientieren. Denn dann müssten sie zugeben, dass das Automobil mit großem Abstand zum Fahrrad nach wie vor das meistgenutzte Verkehrsmittel ist. Was sicherlich auch am des öfteren eher schlechten Wetter in unseren Breitengraden liegen mag. Aber wohl auch an der physikalischen Gegebenheit, dass größere Distanzen ohne ein Automobil einfach nicht zu bewältigen sind. Vor dem Hintergrund dieser einfachen Tatsachen mutet die aktuelle Verkehrspolitik in Osnabrück wie blanker Hohn an. Wunschdenken hat die Regie übernommen, die tatsächlichen Bedürfnisse und Vorlieben der Bürger werden geflissentlich ignoriert. Und über den Umstand, dass im Herbst vergangenen Jahres der Osnabrücker Stadtrat mit überwältigender Mehrheit trotz desolater Haushaltslage einem sogenannten Radentscheid zugestimmt hat, der den städtischen Haushalt in den kommenden Jahren mit über 100 Millionen Euro belasten wird, behalte ich meine Gedanken lieber für mich. Nur soviel: Wenn ich in einer Stadt nicht mehr parken kann, dann werde ich sie mit dem Auto auch nicht mehr aufsuchen. Jeder verschwundene Parkplatz verringert deshalb die Attraktivität Osnabrücks und ist ein weitere Sargnagel für eine ohnehin schon wenig anziehende Innenstadt.
Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern ein schönes Wochenende. Kommen Sie gut in den April!
Ihr
Justus Möser
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