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Mösers Meinung: Über das Schüren von Angst

„Es ist eine allgemeine Klage des jetzigen Jahrhunderts, daß zu viel General Verordnungen gemacht und zu wenige befolget werden. Die Ursache liegt aber aller Wahrscheinlichkeit nach darin, daß wir zu viel Dinge unter eine Regel bringen, und lieber der Natur ihren Reichthum benehmen, als unser System ändern wollen.“

(aus: Gedanken über den jetzigen Hang zu allgemeinen Gesetzen und Verordnungen)

Guten Abend,

das Schüren von Angst ist seit vielen tausend Jahren ein probates Mittel zur Manifestation von Macht, Herrschaftsansprüchen und Abhängigkeiten. Das betrifft sowohl unser Privatleben, in dem zum Beispiel bevorzugt Männer gerne mal ein perfides System von Gewalt, Psychoterror und Unterdrückung errichten, um ihre Besitzansprüche gegenüber Frauen deutlich zu machen, als auch das öffentliche Leben und hierbei besonders die staatlichen Institutionen und Einrichtungen, für die das Verbreiten von Angst in all ihren vielfältigen Erscheinungsformen unabdingbare Vorraussetzung zum Durchsetzen der Akzeptanz und Anerkennung des Staates als solchen darstellen. Das fängt bei einem Strafzettel für falsches Parken an und führt hin bis zu hohen, manchmal lebenslangen Haftstrafen für Steuersünder und Mörder. Ohne das Schüren von Angst scheint das soziale Miteinander der Menschen nicht recht zu funktionieren. Diese Erkenntnis ist weder aktuell noch spektakulär, sie wirft aber grade angesichts der aktuellen Ereignisse in Deutschland und der Welt einige Fragen auf, die ich bei dieser Gelegenheit gerne stellen möchte.

In den letzten fünf Jahren haben in Deutschland zwei Krisen die politische Diskussion dominiert: die Angst vor Zuwanderern und die Angst vor einem Klimawandel. In beiden Fällen ist bisher von den staatlichen Stellen eine rationale Kontroverse über Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen dieser Krisen tunlichst vermieden worden. Stattdessen wird der Bürger mit der Forderung nach einer politisch korrekten Haltung abgespeist, statt unter der Zuhilfenahme von überprüfbaren Fakten eine gewisse belastbare Aufklärung zu erfahren, die verbreiteten diffusen und angeblich unbegründeten Ängsten erfolgreich entgegenwirken könnte. Politisch Verantwortliche tummeln sich lieber auf Nebenkriegsschauplätzen wie einem Dieselfahrverbot, der Huldigung von Figuren wie Greta Thunberg und Carola Rackete oder der Veranstaltung bzw. Unterstützung von Konzerten gegen Rechts und Generalstreiks für das Klima (ab nächsten Freitag übrigens eine ganze Woche lang auch in Osnabrück), bei denen nebenbei zudem noch die Abschaffung des kapitalistischen Schweinesystems gefordert wird. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus. Wem mag das unablässige Schüren von Angst wohl nutzen, wer zieht einen Vorteil aus den ewigen Warnungen vor dem Untergang des Abendlandes, der Überfremdung und Islamisierung Deutschlands, der Zerstörung unserer Umwelt (wahlweise des Waldes, der Bienen bzw. der Insekten im Allgemeinen, des Eisbären, Pandas, Tigers, Elefanten usw. usf.), der lebensgefährlichen Erhitzung unseres Planeten, die dieses Jahr allerdings ins Stocken zu geraten schien, und dem erhobenen Zeigefinger bei jeglichem Fleischkonsum, der Nutzung von Autos, Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen sowie dem Transport des täglichen Bedarfs in Plastiktüten. Neu hinzugekommen ist ganz aktuell die Bespaßung durch Luftballons, die laut Aussage der niedersächsischen Grünen zu einem massenhaften Vogelsterben führen soll. Wer zieht einen Vorteil aus dem verantwortungslosen Umgang mit der Angst, die zum Teil durchaus begründet sein mag, zum Teil völlig irrationale Gründe hat und letzten Endes doch immer nur ein schlechter Ratgeber ist.

Ich finde, daß es höchste Zeit wird, Vernunft und Verantwortung statt das Schüren von Angst als obersten Primat der Politik zu begreifen. Nur dann kann an der Lösung von tatsächlichen und vermeintlichen Problemen ziel- und ergebnisorientiert gearbeitet werden, nur dann wird ein offener gesellschaftlicher Diskurs über die Zukunft unseres Landes unter Einbindung aller Bevölkerungsgruppen wieder möglich, nur so lässt sich die Spaltung Deutschlands in immer mehr sich unversöhnlich gegenüber stehende Parteien verhindern. Das Schüren von Angst sollten wir denen überlassen, die es nicht besser wissen bzw. für die Angst eine Art Geschäftsmodell darstellt: den Kirchen, den Extremisten, den Weltuntergangspredigern, den Sektenführern und Scharlatanen jeglicher Couleur. Eine verantwortungsbewusste Bürgerschaft, die Deutschland dringend nötig hat, stellt der Angst eine aufgeklärte Zuversicht und Vernunft entgegen. Das wäre das Höchstmaß an Verantwortung, das wir für unsere eigene Zukunft (und natürlich auch für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, so wir denn welche haben) übernehmen müssen. Der Weg dahin mag beschwerlich sein, er sollte aber endlich gegangen werden.

Ich wünsche allen HASEPOST-LESERN einen angstfreien Sonntagabend, an dem es nichts zu mösern gibt.

Ihr

Justus Möser

Hier alle bislang erschienenen Kolumnen von Justus Möser.

[16.09.2019, 10:15] Durch einen technischen Fehler war der letzte Absatz nach der Veröffentlichung nur verkürzt zu lesen. Jetzt steht oben der komplette „Möser“.

 


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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

  

   

 

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