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Mösers Meinung: Über das Kinderkriegen und was ein Wirtschaftsminister davon hält

Unser wohl ältester Mitarbeiter meldet sich zurück! Unsere Leserinnen und Leser lieben ihn oder sie lehnen ihn und seine Ansichten oft auch vehement ab. Genau wie sein historisches Vorbild macht „unser Justus“ aus seiner liberal-konservativen Weltanschauung keinen Hehl, und das schon seit mehr als 100(!) Kolumnen, die bereits seit 2015 exklusiv bei der HASEPOST erscheinen.

Guten Abend,

der erste deutsche Bundeskanzler nach dem zweiten Weltkrieg hat seinerzeit festgestellt: ‚Kinder bekommen die Leute immer‘. Mit dieser Aussage lag Konrad Adenauer, wie wir heute wissen, ziemlich daneben. Er tätigte sie Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Seitdem ist die durchschnittliche Geburtenrate in Deutschland von 2,3 auf 1,5 pro Frau gesunken. Man kann zudem feststellen, daß sie ohne die Menschen mit Migrationshintergrund auf einem noch wesentlich niedrigerem Niveau liegen würde. Was in der aktuellen Debatte um die angeblichen Integrationsprobleme von Einwanderern oder Flüchtlingen ein bisher bemerkenswert vernachlässigter Fakt ist. Denn ohne Nachwuchs droht Deutschland ein massiver Aderlaß an Arbeitskräften, Steuereinnahmen und Wirtschaftsleistung. Deshalb ist Nachwuchs enorm wichtig, um den deutschen Staat langfristig funktionsfähig zu halten. Eine ständig sinkende Geburtenrate wird alleine durch Einwanderung auf Dauer nicht auszugleichen sein. Es bedarf schon seit langem massiver und gezielter Förderung der Freude am Kinderkriegen. Die einzige Politikerin, die das in seiner ganzen Tragweite erkannt hat, war vor mehr als 15 Jahren die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Sie hatte anschließend in ihrer Amtszeit gute Anreize gesetzt, um die Geburtenrate in Deutschland wieder signifikant zu steigern. Die damit einhergehenden Kosten waren seinerzeit die sinnvollsten Zukunftsinvestitionen. Und ihre Kalkulation war so einfach wie logisch: Mehr Nachwuchs = Sicherung des Wohlstands. Das war nach dem zweiten Weltkrieg nicht anders als zu Beginn des neuen Jahrtausends.

Nun scheint diese simple Erkenntnis in der deutschen Spitzenpolitik des Jahres 2023 noch nicht recht angekommen zu sein. Robert Habeck, seines Zeichens Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, äußerte in einem Interview in dieser Woche ein gewisses Verständnis für Leute, die keine Kinder bekommen möchten (hier beim Spiegel, leider hinter Paywall).
Aufgrund der Klimakrise hätten die heute 20jährigen reichlich Zukunftsangst und verspürten eine tiefgreifende Hoffnungslosigkeit. Das sei wie vor dreißig Jahren gewesen, als der Robert Habeck in ebendiesem Alter war. Aus dieser Erkenntnis zieht er den Schluss, daß spätestens im Jahr 2045 Deutschland komplett klimaneutral zu sein hat. Denn dann würden die heute 20jährigen eine Familie gründen und mit den Folgen der Vergangenheit leben müssen. Letztendlich ginge es um die Freiheit dieser Generation, um die sich die gegenwärtige Politik in Deutschland zu kümmern habe.

Robert Habeck ist dafür bekannt, daß er bei seinen Interviews oft verwirrende Dinge sagt. Und daß er vorschnell getroffene Entscheidungen gerne zurücknimmt, weil sie auf fehlerhaft dargestellten und interpretierten Daten basieren. Darauf möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht näher eingehen. Ich halte sein aktuelles Interview aber aus verschiedenen Gründen für unhaltbar und brandgefährlich. Als drängendste Probleme werden gegenwärtig in aktuellen Umfragen die Energiekrise und die Inflation sowie der Krieg in der Ukraine, der Wohnungsmangel und schließlich die Einwanderungspolitik genannt. Erst dahinter folgt in geraumen Abstand die Klimakrise. Sie kann nicht ursächlich für die von Habeck konstatierte Zukunftsangst und Hoffnungslosigkeit der jungen Generation sein. Zudem ist mir nicht bekannt, daß vor dreißig Jahren ebenfalls eine allgemeine Hoffnungslosigkeit geherrscht hat. Ich glaube mich erinnern zu können, daß die 90er Jahre eher von Zuversicht und Aufbruchsstimmung geprägt waren. Und noch was: die heute 20jährigen wollen erst im Jahr 2045 soetwas wie eine Familie gründen? In 22 Jahren? Dann sind sie mehr als 40 Jahre alt und zumindest bei der weiblichen Klientel ist die Zeugungsfähigkeit in dem Alter nicht mehr besonders ausgeprägt. Womit sich das Thema Kinderkriegen sowieso erledigt hätte.

Wieviel Blödsinn und Unwahrheiten doch in wenigen Sätzen verbreitet werden können. Ich erwarte von einem Bundeswirtschaftsminister, daß er zumindest in Ansätzen weiß, wovon er redet. Und daß er auch in schwierigen Zeiten ein wenig Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft verbreitet. Davon ist bei diesem Mann nichts zu spüren. Bei soviel offen zur Schau getragenem Pessimismus und offenkundiger Ahnungslosigkeit ist es kein Wunder, wenn die Geburtenrate in Deutschland auf niedrigem Niveau verweilt. Aber daran ist mit Sicherheit nicht die Klimakrise schuld. Auch wenn das Herrn Habeck gut in den Kram passen würde. Aber manchmal muss man die Schuld auch bei sich selber suchen.

Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern einen schönen Abend!

Ihr

Justus Möser

Hier alle bislang erschienenen Kolumnen von Justus Möser.

 


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Justus Möser
Justus Möser
Justus ist unser "ältester Mitarbeiter", seit 1720 wandelt er durch unsere Stadt - wobei er inzwischen eher "geistert". Sein Vertreter in der Gegenwart ist unser Autor Wolfgang Niemeyer, der sich in dieser Kolumne regelmäßig darüber Gedanken macht „was würde Möser dazu meinen“?

  

   

 

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