Guten Abend,

AFP

ich finde, daß über die Ergebnisse der Osnabrücker Kommunalwahl viel zu schnell der Mantel des Schweigens gedeckt wurde. Dabei birgt das Wählervotum einigen Zündstoff: die SPD hat wie schon vor fünf Jahren weitere 5 Prozent an Zustimmung verloren, die Grünen konnten diese Verluste nicht auffangen und haben ebenfalls verloren, die CDU hat zwar Wählerstimmen gewonnen und stellt erneut die zahlenmäßig stärkste Fraktion im Stadtrat, aber für Brickwedde & Co. reicht es trotzdem nicht für eine Mehrheit im Stadtrat. Da hat sich wahrscheinlich der Kanzlerinnen-Effekt “bemerkelbar” gemacht und den Christdemokraten den Sieg verwehrt.
Einzig die Newcomer vom „Bund Osnabrücker Bürger“ (BOB), die FDP und Die Linke konnten neben der CDU kleine Erfolge für sich verbuchen. Und trotzdem scheint es bei dieser Wahl nur Verlierer zu geben. Denn es bleiben viele Fragen offen, weil sich immer noch nicht abzeichnet, wohin der politische Weg in Osnabrück in Zukunft führen wird.

Seit Wochen sind die im zukünftigen Stadtrat vertretenen Parteien gefordert, für einigermaßen stabile politische Verhältnisse zu sorgen. Das ist einfacher, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Wenn man die konventionelle Aufteilung der politischen Lager in rechts und links zugrunde legt, dann stehen CDU, FDP und der BOB auf der einen, SPD, Grüne und Die Linke auf der anderen Seite. Irgendwo dazwischen müssen sich die UWG und die Piraten positionieren. Im Grunde gibt es also eine Patt-Situation, da rechts und links jeweils 24 Sitze besetzt werden. Piraten und UWG sind das Zünglein an der Waage, jede dieser Parteien hat einen Sitz im Stadtrat. Da für die Piraten nicht Chris Cheeseman in den Rat einzieht, der politisch eher links steht, bleibt abzuwarten, wo hier die politische Reise hingeht. Und die UWG ist ebenfalls eine große Unbekannte, deren Abstimmungsverhalten nicht unbedingt in voraus berechnet werden kann. Fraglich ist weiterhin, ob sich die Osnabrücker FDP auf die liberalen Wurzeln ihrer Partei zurückbesinnt und endlich den Schulterschluss mit der CDU sucht. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz auf die vertrackte Situation am Neumarkt hinweisen, wo es immer fraglicher wird, ob das von linker Seite herbeigesehnte Einkaufscenter jemals realisiert wird. Hier muss die FDP Bewegung in der Sache zeigen und zum Wohl der Stadt Osnabrück handeln, statt Illusionen hinterherzulaufen, die offensichtlich nichts als Wunschdenken sind. Mehr Liberalismus wagen statt bürgerfernen Experimenten als Steigbügelhalter zu dienen – das würde der FDP gut zu Gesicht stehen. Nichtsdestotrotz werden auch durch eine Liberalisierung der FDP die Mehrheiten im neuen Stadtrat nur durch geschicktes Taktieren und äußerst knapp zustande kommen. Oberbürgermeister Wolfgang Griesert kann mit der ihm vorbehaltenen einen Stimme bei so mancher Abstimmung den Ausschlag geben.

Es sei denn, daß sich eine der beiden „großen“ Parteien im linken Lager, also entweder SPD oder Grüne, auf eine Koalition mit der CDU einlassen wird. Das wäre in der Sache, sprich der Gestaltung einer verlässlichen und berechenbaren Politik für die nächsten fünf Jahre, sehr hilfreich. Ob Frank Henning der richtige Mann auf Seiten der SPD für eine solche Koalition wäre, darf bezweifelt werden. Michael Hagedorn ist wahrscheinlich pragmatischer, wenn es darum geht, Parteipositionen zugunsten von Realpolitik ein wenig anzupassen. Es stellt sich bei diesem Vorschlag nicht zuletzt auch die Frage, inwiefern persönliche Eitelkeiten es den handelnden Politikern erlauben, als Juniorpartner mit der CDU zusammen zu arbeiten und eventuell manch bittere Kröte schlucken zu müssen.
Für die positive Entwicklung der Stadt Osnabrück wäre eine wie auch immer geartete große Koalition natürlich wünschenswert, mir fehlt allerdings der Glaube an den ehrlichen Willen einiger Parteiführer für eine solche Lösung.

Währenddessen bleiben die großen Probleme, vor denen unsere Stadt steht, ungelöst. Aber daran sind wir ja schon gewöhnt. Es scheint so wie immer nach einer Wahl: alles bleibt beim Alten – aber das ist im Moment wirklich die schlechteste aller denkbaren Lösungen. Hoffentlich erkennen das endlich die verantwortlichen Politiker im Stadtrat und bewegen sich. Aller Anfang ist schwer, aber ihm wohnt auch ein Zauber inne. Es wird langsam Zeit!

Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern ein Wochenende, an dem es ausnahmsweise mal nichts zu mösern gibt. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Ihr

Justus Möser

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