Guten Abend,
man begeht nicht alle Tage seinen 300. Geburtstag, und so möchte ich das Jahr 2020 nutzen, um der geneigten Leserschaft Leben und Werk Justus Mösers ein wenig näherzubringen. Immerhin bin ich am 14. Dezember 1720 in Osnabrück zur Welt gekommen und habe in der Hasemetropole fast mein ganzes Leben verbracht. Trotzdem überkommt mich immer wieder der Eindruck, daß meine Heimatstadt ein wenig mit mir fremdelt, sei es ob der großen Zeitspanne, die seit meiner Geburt vergangen ist, oder vielleicht auch wegen der vermeintlichen Provinzialität, die meinem Schaffen gerne unterstellt wird. Wobei ich in diesem Zusammenhang darauf verweisen muss, daß Deutschland im 18. Jahrhundert nicht viel mehr als ein loser Staatenbund war, das sogenannte Heilige Römische Reich deutscher Nation, welches zudem immer noch heftig unter den Spätfolgen des unseligen Dreißigjährigen Krieges zu leiden hatte. So war es ganz natürlich, daß ich mich in meiner Arbeit vor allem auf Osnabrück und Umgebung zu konzentrieren hatte. Das tat ich als Anwalt des Fürstbistums Osnabrück in Rechtsstreitigkeiten, später zudem als Syndikus der örtlichen Ritterschaft und als Regentschaftsführer für den zunächst noch minderjährigen und zeitlebens oft im Ausland weilenden Fürstbischof. Meine politischen Ideale waren geprägt von der Idee eines freien Bauern- und Bürgertums, das in seinem persönlichen Eigentum gesichert sind und durch Selbstverwaltung am politischen Leben teilnimmt. Außerdem hatte ich schon immer ein großes Interesse an Literatur und Geschichte, und ich bestätigte mich dann auch ausgiebig als Publizist und Historiker. Weil ich dazu neigte, neue Dinge auszuprobieren, gründete ich 1766, also im zarten Alter von 45 Jahren, die „Wöchentlichen Osnabrückischen Anzeiger“, ein sogenanntes Intelligenzblatt (heute würde man es Zeitung nennen). Neben dem offiziellen Teil, in dem wichtige Amtssachen veröffentlicht wurden, nutzte ich dieses Medium, um nach Herzenslust über mehr oder weniger bedeutende Dinge zu schreiben, den Leser zum Nach- und Mitdenken anzuregen und den Alltag meiner Mitbürger zum Besseren zu gestalten. Diese Tradition führe ich heute in der HASEPOST fort, vielleicht ein wenig altbacken und konservativ, aber dafür mit viel Herzblut und dem nach wie vor unbändigen Drang, gegen die Willkür einer selbstherrlichen Obrigkeit den gesunden Menschenverstand und die Begabung des Individuums zu setzen. Denn was nützt uns ein eifriges Schreiben und Fabulieren, wenn es nicht den Alltag erhellt und die Bedingungen, unter denen wir unsere Existenz sichern müssen, erträglicher gestaltet.
In diesem Sinne wünsche ich allen HASEPOST-LESERN ein frohes neues Jahr. Sie werden von mir hören!
Ihr
Justus Möser
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