Guten Abend,
als Bewohner der Osnabrücker Innenstadt kann ich es durchaus begrüßen, daß das ominöse OSKAR-Projekt am Neumarkt nicht realisiert wird. Zudem sind mir die Krokodilstränen suspekt, die jetzt sowohl von der lokalen Presse (hier ist die HASEPOST leider ganz weit vorne) als auch von führenden Vertretern in Rat und Verwaltung vergossen werden. Was ist denn schon groß passiert? Ein aus der Zeit gefallenes Bauvorhaben wird aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit endgültig auf Eis gelegt.
Das ist ein Vorgang, der sich weltweit wohl mehrere tausend Mal täglich ereignet, ohne ein nennenswertes Aufsehen zu erregen. Und es ist doch bezeichnend für die ideologische Schieflage und Weltfremdheit der hiesigen Lokalpolitik, daß der Rückzug des französischen Investors aus der weiteren Osnabrücker Zukunftsplanung offensichtlich bei den zuständigen Stellen in Rat und Verwaltung für völlige Ratlosigkeit und das Inszenieren von Betroffenheitsszenarien sorgt, die in Hollywood allenfalls für die goldene Himbeere reichen würden. Keep cool, Osnabrück! Die Party ist vorbei, und einige ihrer Hauptveranstalter, namentlich Chris Cheeseman und Michael Hagedorn, haben sich längst vom Acker gemacht und die Lokalpolitik verlassen bzw. sind in den Hintergrund getreten, so daß nun die Rolle an Frank Henning und Thomas Thiele wäre, die hässlichen Hinterlassenschaften wegzuräumen. Von der Rolle der mittlerweile obsoleten Piratenpartei bei dem unrühmlichen Affentheater möchte ich an dieser Stelle lieber schweigen.
Wie der Osnabrücker Bürger aber aus Erfahrung weiß, wird die Verantwortung für Misserfolge in dieser Stadt gerne mal auf andere abgewälzt. Es ist wohl kaum damit zu rechnen, daß der weitere Stillstand am Neumarkt irgendwelche nennenswerte Konsequenzen haben wird. Wem soll man am Ende dieser Posse auch einen Vorwurf machen? Denn in der Regenbogen-Koalition sitzen zum Großteil Hobbypolitiker, denen das Erkennen von ökonomischen Zusammenhängen und Folgereaktionen nicht möglich zu sein scheint. Das zeigt sich leider nicht nur beim Neumarkt-Komödienstadel, sondern auch an zahlreichen anderen neuralgischen Punkten in dieser Stadt. Es wäre zumindest ein kleiner Erfolg, wenn im Stadtrat endlich erkannt werden würde, daß das starre Festhalten an ideologischen Denkmustern keine Alternative für eine zukunftsfähige Stadtplanung ist. Und es wäre schön, wenn nun parteiübergreifend nach wirklichen Alternativen für den Neumarkt gesucht wird. Zumindest muss klar sein, daß bis zur Erstellung einer tragfähigen Lösung für diesen wichtigen Knotenpunkt die Sperrung für den motorisierten Individualverkehr vom Tisch ist. Alles andere wäre in dieser Situation nichts als die völlige Verkennung der Lebenswirklichkeit der Osnabrücker Bürger, die auf eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt angewiesen sind. Denkt nach dem ganzen Desaster jetzt doch bitte mal an die Steuerzahler. Sie könnten in Zukunft noch sehr wichtig werden. Um es kurz zu machen: Die Party ist vorbei, gebt einfach den Neumarkt frei!
Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern einen schönen Mittwochabend und eine Restwoche, in der es nichts zu mösern gibt.
Ihr
Justus Möser