Bioprodukte sind gefragter denn je. Von dem Nachhaltigkeits-Trend profitieren auch die Gemüsegärtner aus Kalkriese und bauen deshalb im Industriegebiet in Bramsche-Schleptrup einen größeren Standort.
Bereits in den 80er Jahren begannen die Pioniere der Gemüsegärtner ihr selbst angebautes Bio-Obst und -Gemüse aus der Region zu vertreiben. Heute ist die vor rund 40 Jahren als Hobby gestartete Bio-Gärtnerei mit 107 Mitarbeitenden Niedersachsens größter Bio-Lieferservicebetrieb. Die Nachfrage nach den nach Hause oder ins Unternehmen gelieferten Bio-Produkten ist so stark gewachsen, dass die Gemüsegärtner ihren Betrieb weiter ausbauen und einen neuen Standort eröffnen. Noch in diesem Jahr soll der erste Spatenstich im Industriegebiet in Bramsche-Schleptrup erfolgen.
Wöchentlich über 4.500 Haushalte beliefert
„Allein zu Corona-Zeiten haben wir wöchentlich 4.500 Haushalte beliefert. Wir platzen hier aus allen Nähten“, so Geschäftsführer Rene Belker. „In unserem Onlineshop haben wir derzeit 3.000 verschiedene Produkte. Wenn wir ein neues Produkt aufnehmen, müssen wir ein anderes dafür herausnehmen.“ Die WIGOS Wirtschaftsförderungsgesellschaft Osnabrücker Land begleitete in den vergangenen Jahren die Entwicklung von einem kleinen Zusammenschluss von Gartenbaustudierenden und Marktbeschickern hin zum Biobetrieb mit Onlineshop und Lieferdienst.
„Die Gemüsegärtner sind ein Bio-Betrieb der ersten Stunde, der immer an der ursprünglichen Idee festgehalten hat“, so Axel Kolhosser. „Trotz einiger Widrigkeiten haben die Gründer weiterhin auf Bio-Produkte gesetzt und erkannt, wie bedeutend es im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ist, dass Äpfel, Möhren und vieles mehr aus der Umgebung kommen.“ Diese Weitsicht und das Durchhaltevermögen würden sich jetzt auszahlen.
Zusammenarbeit mit regionalen Bauern seit Tag 1
„Das Obst beziehen wir zum Teil noch von Bauern, die uns schon in den Anfangsjahren be-liefert haben. Insgesamt haben wir 70 Lieferanten“, erklärt Belker. Auf 12,5 Hektar Fläche werden in der eigenen Gärtnerei über 55 Kulturen angebaut – von Salaten bis hin zu Kohlsorten wie Chicorée. Dadurch ist das ganze Jahr die Beschäftigung der Angestellten gesichert. Inzwischen sind die Gemüsegärtner der drittgrößte Bio-Chicorée-Anbauer Deutschlands. Der Obst-Gemüse-Anteil im Sortiment liegt heute bei 65 Prozent, die Produkte stammen aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern. „Alles, was wir in Kalkriese und dem Umkreis bekommen können und unsere Kriterien erfüllt, nehmen wir gerne an. Wir haben auch immer wieder Anfragen von Landwirten aus der Region, die uns beliefern wollen“, so Belker. „Allerdings müssen die Produkte 100 Prozent bio sein, damit wir sie aufnehmen. Da machen wir keine Kompromisse.“
Den mit Abstand größten Anteil macht der Lieferservice aus – damals aufgrund des Wunsches von Wochenmarktkunden initiiert, die aus Zeitgründen nicht direkt am Stand der Gemüsegärtner kaufen konnten, aber nicht auf Bio-Obst und -Gemüse verzichten wollten. Heute macht der Verkauf auf dem Wochenmarkt nur noch zehn Prozent aus. Vermehrt greifen Haushalte auf den Komfort des 24/7-Lieferservices zurück. Nach Wunsch kommen zu den Standardkisten auch spezielle Produkte aus dem Onlineshop wie zum Beispiel Jungpflanzen für den Eigenanbau im heimischen Garten dazu, auch Rezepte sind dabei. „Wir bringen die Kisten mit den gewünschten Bio-Produkten direkt bis vor die Tür im Umkreis von rund 70 Kilometern. Dafür haben wir 15 eigene Fahrzeuge und arbeiten auch mit eigenen Fahrern zusammen“, sagt Belker. „Wir werden immer wieder angesprochen, ob der Lieferservice nicht im Widerspruch zu unserem Nachhaltigkeitsgedanken steht. Deshalb haben wir das unter die Lupe genommen: Pro Kunde sind das 1,1 Kilometer.“ Würde jeder Kunde selbst zum Supermarkt fahren, falle die Bilanz gerade im ländlichen Bereich deutlich schlechter aus.
Immer mehr Unternehmen werden beliefert
Ein stark wachsender Bereich ist nach Aussage des Geschäftsführers auch die Belieferung von Unternehmen. „Wir haben inzwischen schon 160 Geschäftskunden, die ihren Mitarbeitenden Bio-Obst und -Gemüse zur Verfügung stellen“, weiß Belker. Die Lieferung einer Bio-Kiste sei sicher die nachhaltigere Wahl als der häufig eingesetzte Tankgutschein. Darüber hinaus versorgen die Gemüsegärtner 45 Schulen im Landkreis, weiter ausweiten will der Biobetrieb auch das Angebot von Kochboxen.
„So ökologisch und nachhaltig wie möglich“ werde nach Aussage der Gemüsegärtner auch der neue Standort in Schleptrup. Noch im August dieses Jahres sollen die Arbeiten auf dem Grundstück am Kanal beginnen. Entstehen werden eine 3000 m2 große Lagerhalle sowie Büros, die 2024 bezogen werden sollen. Die Gärtnerei bleibt am Standort in Kalkriese bestehen. Geplant ist dann, dass in zwei Jahren von dort nur noch eigene E-Fahrzeuge mit Kühlung den Lieferdienst übernehmen. „Das ist bisher nicht möglich, da die Elektrotransporter die Kühlkette nicht sicherstellen können, wenn die Tür 40 Mal am Tag auf- und zugeht. Da kommt der Akku an seine Grenzen“, so Belker. Den Strom für den Antrieb der Flotte wollen die Gemüsegärtner mit einer Photovoltaikanlage auf dem Hallendach selbst herstellen.