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Mit „Lütti“ denkt der Landkreis Osnabrück den Nahverkehr groß

„Lütti“ trägt das plattdeutsche „lütt“ für „klein“ im Namen, aber was der Landkreis Osnabrück in dieser Woche an den Start bringt, hat das Potential den öffentlichen Personennahverkehr ganz groß und nachhaltig zu verändern.

„On Demand“ ist der für deutsche Zungen entwas sperrige englischsprachige Fachbegriff, den Werner Linnenbrink, Geschäftsführer der Planungsgesellschaft Nahverkehr Osnabrück (PLANOS), ab sofort durch das eingängige „Lütti“ ersetzt wissen will.
Mit „Lütti“ soll im Landkreis Osnabrück, während der kommenden zwei Jahre erstmal in den Testgebieten  Bersenbrück, Bramsche und Melle auf Anforderung der Fahrgäste immer dann ein Angebot zur Verfügung stehen, wenn auf der gewünschten Strecke oder zum gewünschten Zeitpunkt kein Bus und keine Bahn verkehrt.

Im Anschluss an die Präsentation von „Lütti“ im Bramscher Rathaus konnten die Bürgermeisterin von Melle, Jutta Dettmann und ihre Amtskollegen Michael Wernke und Heiner Pahlmann aus Bersenbrück bzw. Bramsche gemeinsam eine erste Probefahrt unternehmen. Für das Foto setzte sich Landrätin Anna Kebschull hinter das Steuer.

Die Bürgermeister von Bramsche, Bersenbrück und Melle – Heiner Pahlmann, Michael Wernke und Jutta Dettmann – vor ihrer Probefahrt mit "Lütti". Im Hintergrund am Steuer Landrätin Anna Kebschull / Foto: Pohlmann
Die Bürgermeister von Bramsche, Bersenbrück und Melle – Heiner Pahlmann, Michael Wernke und Jutta Dettmann – vor ihrer Probefahrt mit „Lütti“. Im Hintergrund am Steuer Landrätin Anna Kebschull / Foto: Pohlmann

Lütti kann Fahrtwünsche zusammenbringen und braucht keine Haltestellen

Die eingesetzte Technologie ermöglicht es, Fahrtwünsche verschiedener Personen so zu kombinieren, dass eine effiziente Beförderung auf gemeinsamen Routen möglich wird. Das Besondere dabei: Lütti nutzt sowohl bestehende Haltestellen als auch sogenannte virtuelle Haltestellen – Orte wie Straßenkreuzungen oder markante Plätze, die eine bequeme Abholung und Ankunft ermöglichen.

Der Technologie-Partner ist international unterwegs

Partner des Landkreises ist Via, ein amerikanisch-israelisches Unternehmen mit Hauptsitz in New York City und einer Niederlassung in Berlin. Via ist unter anderem in New York, Chicago, London und Amsterdam aktiv, aber auch in der Region Hannover. In der Landeshauptstadt wurde das Angebot, das dort auf den Namen „Sprinti“ hört, gerade erst nach einem ebenfalls zweijährigen Pilotprojekt in den Städten und Gemeinden Wedemark, Sehnde und Springe auf weitere zwölf Kommunen der Region Hannover ausgeweitet.

Die eingesetzten Fahrzeuge, je drei in Bramsche und Bersenbrück, fünf in Melle, werden ab Sommer voll-elektrisch verkehren. Zum Start ab dem 4. April werden vorübergehend noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verwendet.

Vorbereitung auf eine fahrerlose Zukunft

Mittelfristig, PLANOS-Chef Linnenbrink sieht hier ein Zeitfenster von fünf Jahren, werden Angebote wie Lütti und Sprinti autonom fahren. Den Kostenblock für das fahrende Personal, aktuell sind 45 Fahrer für die insgesamt im Landkreis Osnabrück verkehrenden Fahrzeuge engagiert worden, beziffert Linnenbrink mit rund 50% der laufenden Kosten.
Angesichts der allgemein schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt, sei es auch „eine Herausforderung“ gewesen, die Fahrerinnen und Fahrer für Lütti zusammenzubekommen. Linnenbrink gibt aber auch zu verstehen, dass für die elektrischen Kleinbusse vom Typ Mercedes Sprinter und Tourneo die Anforderungen an die Fahrer geringer seien als für einen großen Stadt- oder Überlandbus. So werden die Lüttis in Zukunft auch manch einem Studenten zu einem zeitweisen Job hinter dem Steuer verhelfen.

Das Gesamtprojekt MOIN hat noch mehr zu bieten

Gefördert wird Lütti, das ein Teilprojekt des Modellvorhabens MOIN ist, vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit insgesamt 16 Millionen Euro, der Landkreis gibt nochmals vier Millionen dazu.
Das erste von insgesamt fünf Teilprojekten ist unter dem Namen MOIN+ mit vier neuen Buslinien im Landkreis bereits im Februar an den Start gegangen.
Landrätin Anna Kebschull blickte bei der Präsentation schon ein paar Wochen voraus. Bereits im Mai werden die ersten moderne Mobilitätsstationen, teils mit abschließbaren Fahrradabstellplätzen, vorgestellt. Im Juni folgt das CarSharing-Angebot für den Landkreis.

Verfügbarkeit bis in die Nacht – Buchung per App oder Telefon

Lütti ist von Montag bis Donnerstag von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts, an Freitagen und Samstagen sogar bis 2 Uhr nachts, und an Sonn- und Feiertagen von 7 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts verfügbar. Die Buchung erfolgt unkompliziert über eine App oder telefonisch, wobei der intelligente Algorithmus von Lütti die Fahrtwünsche zu optimalen Routen zusammenstellt. Bezahlt werden kann digital oder direkt im Fahrzeug. Der Grundpreis pro Buchung beträgt 3,50 Euro (ermäßigt 1,75 Euro). Wenn die gefahrene Strecke länger als drei Kilometer ist, werden für den vierten und jeden weiteren angefangenen Kilometer 0,40 Euro berechnet. Fahrten über das Versorgungsgebiet hinaus, also zum Beispiel von Bramsche nach Osnabrück oder von Melle nach Bissendorf, sind nicht möglich.

Vor der ersten Lütti-Fahrt gab es bei der Präsentation im Bramscher Rathaus noch reichlich Theorie zur Zukunft des ÖPNV
Vor der ersten Lütti-Fahrt gab es bei der Präsentation im Bramscher Rathaus noch reichlich Theorie zur Zukunft des ÖPNV / Foto: Pohlmann

Landrätin Kebschull will den Landkreis auf neue Technologien vorbereiten

Landrätin Anna Kebschull ist sich nicht sicher, ob alle im Modellprojekt MOIN in den kommenden zwei Jahren erprobten neuen Konzepte Bestand haben werden. Wichtig für sie ist aber, dass es dem Landkreis Osnabrück so gelingen kann „der Zukunft einen Schritt voraus zu sein“. Ihrer Ansicht nach werden jetzt wichtige „Lernschritte“ vollzogen, um in naher Zukunft auf die Möglichkeiten auch von autonom verkehrenden Angeboten vorbereitet zu sein.
Bereits im Jahr 2019 hatte die Verkehrsgemeinschaft Osnabrück (VOS), erst im Wissenschaftspark, später dann in Bad Essen, mit dem autonom fahrenden Elektrokleinbus „Hubi“ experimentiert.

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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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