Stefan Middendorf und Silke Wissing mit Kuh Kati / Foto: Schulte
Auf dem im Landkreis Osnabrück gelegenen Hof Middendorf gibt es bald eine eigene Hofmolkerei. 120 Liter Milch sollen hier ab dem 1. September pro Tag pasteurisiert und an Osnabrückerinnen und Osnabrücker verkauft werden.
Weite Felder, Hühnergegacker und grasende Kühe: Kurz hinter den Stadttoren von Osnabrück erstreckt sich das Landleben. Hier findet sich auch der Hof von Stefan Middendorf und Silke Wissing. Seit rund drei Jahren bieten die beiden frische Eier, Kartoffeln und vieles mehr in ihrem kleinen Hofladen an. Jetzt wagen sie den nächsten Schritt und setzen ihren Traum von einer eigenen Hofmolkerei in die Tat um. Ab Donnerstag (1. September) gibt es dann neben der samstäglichen Rohmilch (von 9 bis 11 Uhr) auch erstmals pasteurisierte Milch im Hofladen, der täglich mit Selbstbedienung von 8 bis 20 Uhr geöffnet hat. Auch andere regionale Produkte aus dem Dorf wie Honig, Waren der Bäckerei Kröger oder der Fleischerei Witte werden dort angeboten. Im nächsten Jahr soll es dann auch wieder Kürbisse, Zucchini und Wassermelone aus eigenem Anbau geben.
Graustufen in der Landwirtschaft
„Eigentlich hatten wir die Milchviehhaltung schon fast aufgegeben“, erzählt Silke Wissing. Doch dann haben die beiden noch einmal Mut gefasst, denn zehn Jahre lang wollen sie sich von ihrem Hof noch ernähren können. Nachfolger für den Hof gibt es nicht, ihre vier Kinder haben einen anderen Weg eingeschlagen. „Die Arbeit reicht für zwei bis drei Generationen, aber das Geld nicht“, so Wissing weiter. Da sie derzeit also nur Verantwortung für sich selbst tragen, wagen sie das Milch-Experiment. Und noch ein ganz anderer wichtiger Grund spielt hier eine tragende Rolle: die öffentliche Wahrnehmung der konventionellen Landwirtschaft. „In den letzten Jahren ist die konventionelle Landwirtschaft immer mehr in die Kritik geraten. Wir wollen zeigen, dass es zwischen Bio- und der konventionellen Landwirtschaft auch noch etliche Graustufen gibt.“
Denn Milchkühe leben derzeit nur rund sieben auf dem Hof – in einem Stall, der für 60 Kühe ausgelegt ist. Das Futter für die Tiere bauen sie selbst an. „Wir arbeiten so, dass wir alle ein gutes Leben haben, ob Tier oder Mensch“, so die gelernte Laborantin, die nach 35 Jahren für die Landwirtschaft ihr altes Leben an den Nagel hing. Seit zwei Jahren arbeitet sie Vollzeit auf und für den Hof, da sie etwas Sinnvolles machen wollte. „Und ich habe es keinen einzigen Tag bereut“, so Wissing. Obwohl die Landwirtschaft ein hartes Pflaster ist: 14 Stunden-Tage, 365 Tage im Jahr bei +40 bis -20 Grad. „Unser längster Urlaub in zwölf Jahren war eine Woche lang“, erzählt sie. Denn Urlaub sei für die beiden Hofbetreiber mit dreifachen Kosten verbunden. Und genau diese Punkte würden bei der Diskussion um die Landwirtschaft völlig außer Acht gelassen werden. Doch seit sie ihren Hofladen betrieben, sei die Wertschätzung für ihre Arbeit gewachsen.
Biohof-Zertifizierung ist mit hohen Kosten verbunden
Eine Biohof-Zertifizierung wäre toll, aber auch mit enormen Kosten verbunden. „Die Umstellungsphase dauert drei Jahre, in denen man bereits nach den Bio-Vorgaben arbeitet“, so Wissing. „Der Ertrag ist deutlich geringer und diesen kann man nur zum konventionellen Preis vertreiben.“ Das Verbandszertifikat von mehreren tausend Euro komme noch oben drauf – ein Investment, das sich für einen Hof ohne Nachfolger nicht lohne. Und letztlich würden die 900 Hühner bereits nach dem aktuellen Bio-Standard auf sechs m2 pro Huhn leben. Täglich gibt es so fast 800 Eier. „Es lohnt sich auch mit konventionellen Bauern zu sprechen“, schließt sie ab.
Der Eierstock befindet sich am Stockumer Feld 2 in Bissendorf. Per Zug vom Osnabrücker Hauptbahnhof ist man in sechs Minuten in Wissingen, von dort aus sind es etwa ein Kilometer Fußmarsch. Übrigens stellt der Eierstock auch derzeit im Schaufenster des Pop-Up-Quartiers aus. Wer sich selbst ein Bild von der Arbeit auf dem Hof machen möchte, kann auf Anfrage auch ein sogenanntes After Work Chickeria erhalten.