Nachdem der brüchige Beton am Rosenplatz für einen Stillstand am Neumarkt sorgte und die Stadt den Vertrag mit der ARGE Neumarkt aufkündigte, kam es zum großen Streit. Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Mediationsverfahren sollen die Planungen für die Umgestaltung des Neumarktes nun wieder im Herbst aufgenommen werden.
Wir schauen zurück: 2014 schrieb die Stadt Osnabrück einen europaweiten Wettbewerb für die Umgestaltung des Neumarktes aus. Der Entwurf des Planungsbüros Lützow 7 überzeugte, 2015 wurde das Berliner Unternehmen beauftragt. Der ehemalige Osnabrücker Oberbürgermeister Wolfgang Griesert wollte nach vier Jahren nicht mehr warten, bis endlich alle Parteien rund um den Neumarkt mit ihren Bauvorhaben loslegen, sodass pünktlich mit dem Start der Sommerferien 2019 die Bauarbeiten am Neumarkt beginnen sollten. Doch daraus wurde nichts: Der Beton auf dem Rosenplatz, der seinerzeit erste Risse aufwies, stoppte das Projekt. Ebensolcher Beton sollte auch am Neumarkt verbaut werden. 2020 kündigte die Stadt den Vertrag.
Mediations- statt Gerichtsverfahren
Die Fronten verhärteten sich, es kam zum Streit. Fast wären die Parteien vor Gericht gelandet, doch ein vom Stadtrat beauftragtes Mediationsverfahren sollte die Sache gerade rücken. Die von Oberbürgermeisterin Katharina Pötter als “sehr weise” bezeichnete Entscheidung, scheint jetzt Früchte zu tragen. Die Mediation ist abgeschlossen. “Es ist nicht selbstverständlich, dass Parteien einem Mediationsverfahren zustimmen”, stellt der Mediator und ehemalige Präsident des Landgerichtes Osnabrück, Antonius Fahnemann, klar. Er spricht von “ganz, ganz harter Arbeit”, die die Stadt auf der einen und die ARGE Neumarkt, bestehend aus dem Berliner Planungsbüro Lützow 7 und dem Osnabrücker Ingenieurbüro BPR, auf der anderen Seite geleistet haben. Am 25. März 2021 startete das Verfahren, das nach rund anderthalb Jahre am vergangenen Montag (29. August) seinen Abschluss fand. In mehrstündigen Einzel- und Gruppengesprächen habe man “klug und gut” sowie “konsenzorientiert” auf Augenhöhe verhandelt.
Das Ergebnis? “Es bleibt bei dem Vertrag von 2015”, so Fahnemann. Lediglich kleine Vertragsänderungen und -ergänzungen ständen an. Wenn der Stadtrat in seiner Sitzung am 27. September zustimmt, könne der unterschriftsreif vorliegende Vertrag unterzeichnet werden. Da dieser das Verfahren selbst auf den Weg gebracht hat, sieht es für die Neumarkt-Umgestaltung gut aus. Zu den Kosten des Verfahrens und das Hin und Her am Neumarkt äußerte sich die Stadt nicht. Fahnemann habe angeboten, die Mediation ehrenamtlich zu übernehmen, doch bei einem solch hohen Streitwert habe Pötter das nicht für passend gehalten. Die Kosten der Mediation haben sich beide Parteien geteilt und würden die Verfahrenskosten um ein x-Faches aufwiegen.
Betongutachter schafft Klarheit
Stadt und ARGE hätten während des Mediationsprozesses den sehr renommierten Betongutachter Stephan Villaret vom gleichnamigen Ingenieurbüro aus Berlin beauftragt. Dieser habe der Stadt “die grundsätzliche Umsetzbarkeit des Gestaltungsentwurfes attestiert”, so Mike Bohne, Leiter des Fachbereiches Geodaten und Verkehrsanlagen. Ziel sei es also gewesen, die Gestaltung in ein langlebiges Ergebnis umzusetzen. “Verändert hat sich eigentlich nur der Boden”, bringt es Jan Wehberg vom Büro Lützow 7 auf den Punkt. Die farbliche Unterteilung in hellem und dunklem Grau bleibe wie vorgesehen, lediglich die Betonplatten werden größer.
Die Lösung, damit der Beton nicht bricht, soll ein Sammelkanal für alle Ver- und Entsorgungsleitungen unterhalb des Neumarktes sein. Positiver Nebeneffekt: Es muss nicht jedes Mal, wenn etwas repariert werden muss, die komplette Straße aufgerissen werden. Auf diesen Sammelkanal muss das Fugenbild bei der Betonoberfläche angepasst werden. “Das gewährleistet, dass es zu keinen Oberflächenaufbrüchen kommt”, so Markus Mey von BPR. Zudem solle eine externe Projektsteuerung sowie eine zusätzliche Leitungsträgerkoordination die Umsetzung des Großprojektes sicherstellen. “Es ist halt nicht 0815, aber das ist ja auch die Idee hinter diesem Platz”, so Mey.
Baustart voraussichtlich 2024
Doch bis es zum Baustart kommt, wird es noch dauern. Mit den Planungen sei man das gesamte kommende Jahr beschäftigt, so Pötter. Die Stadt kalkuliere derzeit mit einem Baubeginn der ersten Maßnahmen in 2024. Dr. Claas Beckord, Leiter des Referats Nachhaltige Stadtentwicklung, ist sich zumindest sicher, dass in fünf Jahren eine “lebenswerte, vitale Mitte” aus dem städtischen Schandfleck geworden ist.
Eines ist jedoch klar: Die angepeilten 13 Millionen kann die Stadt nicht einhalten. Wie hoch das Investitionsvolumen aussehen muss, könne man derzeit noch nicht seriös prognostizieren, das werde man innerhalb des Planungsprozesses sehen.
Großprojekte um den Neumarkt
Und wie sieht es rundherum um den Neumarkt aus? Baulos 2 geht voran, das ehemalige Sportarena-Gebäude, das kurzfristig zum Pop-Up-Quartier geworden ist, und auch die Johannishöfe anstelle des ehemaligen Wöhrl-Kaufhauses, das temporär zur Freiluftgalerie wird, sollen 2023 ein Stück mehr Gestalt annehmen. Der Abriss für beide Gebäude ist für das kommende Jahr geplant.
Und der Rosenplatz? Auch da habe man Villarett hinzugezogen. Die Sanierung sei nach Mike Bohne mindestens gleichwertig schwierig, man hoffe noch in diesem Jahr auf ein Sanierungskonzept.