Kennen Sie Josef Wirmer – genannt „der rote Wirmer“?
Vermutlich nicht, denn er gehörte „nur“ zu den tausenden Widerstandskämpfern, die von den Nazis bis Mai ´45 „vernichtet“ wurden, und deren Namen längst vergessen sind.
Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, der kennt aber seine „Kreuzflagge“, die nach dem Attentat vom 20. Juli endlich das Hakenkreuz verbannen sollte.
Josef Wirmer, der nach dem von Claus Schenk Graf von Stauffenberg ausgeführten Attentat auf Adolf Hitler den Posten des Reichsjustizminister hätte einnehmen sollen, hatte ein neues „Nationalsymbol“ entworfen, das nach dem 20. Juli 1944 die Hakenkreuzflagge – und die zuvor verwandten Farben des Kaiserreichs – ablösen sollte.
Josef Wirmers „Kreuzflagge“ blieb in der jungen Bundesrepublik nach 1945 nicht unvergessen – und beinahe wäre sein Entwurf auf Betreiben der Unionsparteien zur neuen Nationalflagge Deutschlands geworden.
Warum die NOZ heute ausgerechnet den Flaggenentwurf eines der Widerstandskämpfer vom 20. Juli in die Nähe der „Hauptstadt der Bewegung“ (gemeint ist offensichtlich München als Keimzelle der Nazi-Bewegung) rückt?
Es muss eine Art Beissreflex sein, gegen alles, was man selbst nicht kennt. Vielleicht auch ein Reflex gegen die inhaltlich nur schwer zu fassende PEGIDA-Bewegung, die sich allen bisher gültigen Deutungsmustern, von dem was rechts und links ist, geschickt entzieht?
Vermutlich ist schlichte Unkenntnis der Geschichte, in einer Flagge der Widerstandsbewegung – ausgerechnet gegen die Nazis – ein Symbol von Rechtsradikalen zu sehen?
Vielleicht fehlt jungen Journalisten die Kenntnis unserer jüngeren Geschichte? Man sollte die Demonstrierenden von Dresden nicht in eine Ecke stellen, in die sie nicht hineinpassen. Nicht jede – einem jungen Facebook-Redakteur unbekannte Flagge – ist gleich der „Hauptstadt der Bewegung“ entsprungen.
In diesem Fall war es genau andersherum, die „Kreuzflagge“ war ein Symbol des Widerstands gegen die bis 1945 herrschende Nazi-Diktatur!
Ob diese Flagge auf eine Demonstration der PEGIDA-Bewegung gehört, das ist eine ganz andere Frage. Eines ist sie aber in keinem Fall: ein Beweis für die angeblich rechtsradikale oder gar neo-nazistische Gesinnung der tausenden Montags-Marschierer von Dresden.
Update 26.12.: nach kritischen Kommentaren auf Facebook und via Mail haben wir uns entschlossen die Headline ein wenig zu entschärfen
HP