Der Lidl-Markt an der Pagenstecherstraße könnte schon bald Geschichte sein, an neuer Stelle an der Page aber wiedereröffnet werden. Die Pläne des süddeutschen Lidl-Konzerns stehen und fallen mit einer Entscheidung, die in der Ratssitzung am kommenden Dienstag (25. April) auf der Agenda steht.
Damit der Discounter weiter in Richtung Innenstadt und auf die andere Straßenseite der Pagenstecherstraße (Page) ziehen kann, ist eine Änderung des Märkte- und Zentrenkonzeptes (MZK) der Stadt notwendig. Das MZK ist ein städtebauliches Instrument, mit dem unter anderem die Neuansiedlung von Einzelhandelsunternehmen gesteuert wird.
Gebrauchtwagenhalle von Opel Schiermeier soll abgerissen werden
Lidl plant seinen neuen und größeren Standort an Stelle der bisherigen Gebrauchtwagenhalle der Firma Schiermeier, die dafür abgerissen werden soll. Weil an diesem Standort eigentlich kein neuer Lebensmitteleinzelhandel angesiedelt werden darf, musste nach einer ersten Vorstellung der Discounter-Pläne im Ausschuss für Stadtentwicklung im vergangenen Herbst von dem externen Beratungsunternehmen CIMA das ZMK so umgeschrieben werden, damit es für Lidl passt.
Der Sedanplatz reicht für die CIMA-Berater bis an die Page und weit entlang der Natruper Straße
Nach Ansicht der CIMA-Berater kann der neue Discounter-Standort ein Baustein für ein “Nahversorgungszentrum Sedanplatz sein”. Der Sedanplatz liegt eigentlich am Fuße des Westerbergs und damit ein ganzes Stück entfernt von der Page, die zum Stadtteil Hafen zählt. Weil aber der direkte Nachbar, der Netto-Discounter, über seine Adresse und Grundstücksgrenze zum Springmannskamp zumindest grob an den Sedanplatz heranreicht, sehen die Berater den Sedanplatz als städtebauliche, räumliche und funktionale Einheit, die als Nahversorgungszentrum klassifiziert werden kann. Hier gibt es auch einen Optiker und ein Versicherungsbüro.
Auch ein ebenfalls nicht gerade nahegelegner türkischer Bäcker und ein internationales Lebensmittelgeschäft an der Natruper Straße werden für die Änderung des Märktekonzepts als Teil des Sedanplatzes herangezogen.
Stimmt der Stadtrat dieser Einschätzung der externen Beratungsfirma zu, kann Lidl direkt neben seinen deutlich kleineren Wettbewerber ziehen.
Discounter mit Fahrradparkplätzen und Insektenhotel – wer kann dazu schon nein sagen?
Damit die ökobewegten Ratsmitglieder der Mehrheitsgruppe aus Grünen, SPD und Volt nicht zu viel Bauchschmerzen bekommen – schließlich bedeutet der Umzug nicht nur mehr Konzentration nahezu gleichartiger Sortimente am neuen Standort, sondern auch einen potentiellen Leerstand am alten Lidl-Standort neben KFC –, hat der Discounter-Konzern in seiner Projektvorstellung tief in die Buzzword-Kiste für umweltbewusste Feierabendpolitiker gegriffen.
So verspricht Lidl den Ratsmitgliedern und dem grünen Stadtbaurat “überdurchschnittlich viele Fahrradstellplätze” (ohne dabei konkret zu werden), “Grünbedachung und Photovoltaikanlage” (allerdings nur “soweit statisch möglich”), die “Anlage eines Insektenhotels” und “Regiosaat-Bepflanzungen”.
Netto scheint allerdings bereis alarmiert zu sein, dass Lidl jetzt die direkte Nachbarschaft sucht. Der Ratsvorlage “VO/2023/1915” ist zu entnehmen, dass Netto ebenfalls eine Vergrößerung seiner Verkaufsfläche plant.
Lidl-Pläne wurden in Sammelvorlage eingebettet
Ebenfalls mit auf der Agenda steht am Dienstag, dass auch die Standorte Nordstraße (Netto) in Gretesch und an der Franz-Lenz-Straße (Netto und K&K) im Hasepark als Nahversorgungsstandorte im MZK festgeschrieben werden sollen, dort jedoch ohne dass es derzeit zu Neuansiedlungen kommt.
Keine Pläne für Wohnungen über dem Discounter
Anders als von Lidl, Aldi & Co vor der Explosion der Baupreise nach Corona propagiert, sehen die unserer Redaktion vorliegenden Pläne für den neuen Lidl-Standort keine Wohnflächen über dem Discounter vor.
Tatsächlich zeigen die bereits im Herbst den StUA-Mitgliedern gezeigten Pläne für den BPlan 674 einen nur eingeschossigen Profanbau mit Schrägdach, der von hinten über die Berghoffstraße beliefert werden kann.
Kommentar des Redakteurs
Was nicht passt, wird passend gemacht. Wenn also die alte Gebrauchtwagenhalle von Opel Schiermeier nach Ansicht von externen Beratern aus Hannover jetzt zum Sedanplatz und damit eigentlich schon zum Westerberg gehört, dann gehört der bisherige Standort von Lidl mit viel gutem Willen wohl zu Haste, nein eigentlich schon zu Wallenhorst, wenn nicht sogar Bramsche?
Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt! So viel Kreativität beim Märkte- und Zentrenkonzept hätten sich bestimmt auch andere Unternehmer gewünscht, deren Pläne an einer harten Haltung der Verwaltung unter Verweis auf angeblich in Stein gemeißelte und restriktive Vorgaben des MZK scheiterten. Aber vielleicht ist es ja auch das versprochene Insektenhotel und sind es die Fahrradparkplätze, die für Lidl den Weg frei machen?