Irina Glushchenko (li.) bei einer Wohltätigkeitsmesse in der ukrainischen Gemeinde im Sommer. / Foto: Irina Glushchenko
Die HASEPOST veröffentlicht gelegentlich Leserbriefe, wie diesen hier. Wir können leider nicht jeden Leserbrief veröffentlichen, freuen uns aber über jede Zuschrift, die oft ein Anstoß für weitere Recherchen sind. Die Autoren der Leserbriefe sind der Redaktion immer bekannt, auch wenn – auf Wunsch der Verfasser – der Name nicht genannt wird. Über Zuschriften per Mail freuen wir uns sehr!
Irina Glushchenko lebt seit mittlerweile zehn Jahren in Osnabrück. Seit Februar diesen Jahres widmet die gebürtige Ukrainerin ihr Leben neu angekommen Landsleuten – Hilfe, die heute und angesichts der Umstände in der Ukraine wichtiger sind denn je. In einem Leserbrief spricht sie über die Situation der Ukrainerinnen und Ukrainer in Osnabrück, eine eigene Gemeinde und bittet an Silvester um Rücksicht.
Ein Leserbrief von Irina Glushchenko
Das Erste und Wichtigste, was ich stellvertretend für alle Ukrainer, mit denen ich in Kontakt stehe, sagen möchte: „Vielen Dank!“ Vielen Dank an die Gemeinden und Städte! Vielen Dank an die Organisationen und Menschen, die die Ukrainer die ganze Zeit unterstützt und Hilfe geleistet haben! Ihr Beitrag ist großartig, Sie sind unglaubliche Menschen mit einem großen Herzen und ich bin sehr froh, dass ich die Ehre hatte, mit Ihnen zu arbeiten!
Unglaublich viel Arbeit wurde in dieser Zeit geleistet, aber viele Probleme sind noch ungelöst. Wichtig ist jetzt, nicht nur diejenigen zu unterstützen, die in Deutschland angekommen sind, sondern auch diejenigen, die in der Ukraine bleiben. Sie sind diejenigen, die es aktuell am härtesten trifft.
Wir organisieren ständig verschiedene Aktionen und Projekte, um Hilfe in die Ukraine zu schicken – zum Beispiel warme Kleidung oder warme Decken oder jetzt Süßigkeiten für Kinder für die Silvesterferien. Hier, in den Städten und Gemeinden, bleiben viele Familien immer noch ohne Wohnungen, Kinder ohne Kindergarten- oder Schulplatz, viele Hinzugezogene brauchen ständig die Unterstützung von Übersetzern, die oft schmerzlich fehlen, weil Plätze in Integrationskursen sehr knapp sind und das Sprachenlernen verzögert sich.
Teil der Osnabrücker Familie
In dieser Zeit wurde in Osnabrück eine ukrainische Gemeinde gegründet. Wir sind sehr aktiv, wir wollen uns integrieren und Teil der großen Osnabrücker Familie werden. Wir haben bereits eine kleine ukrainische Schule und verschiedene künstlerische Kreise. Es gibt auch einen ukrainischen Gottesdienst, wo wir uns treffen, um uns gegenseitig zu unterstützen. Dafür danken wir der Domgemeinde Osnabrück, die uns dabei unterstützt.
Wenn ich schon die große Familie erwähne, dann habe ich einen Wunsch an die Stadt Osnabrück. Ich möchte sagen, dass wir viele sind, dass wir offen für den Dialog sind und gerne den Kontakt zur Stadt herstellen würden. Wenn Freiwillige wie ich in eine andere Kleinstadt oder eine riesige Metropole kommen und die ukrainische Flagge oder ukrainische Symbole sehen, inspiriert mich das sehr, es unterstützt mich sehr. Es ist ein Zeichen für mich, dass ich alles richtig mache, es gibt mir die Kraft, weiter zu helfen und zu spüren, dass ich nicht alleine bin, dass ich die Unterstützung habe. Nur in Osnabrück vermisse ich diese beiden Farben manchmal. Und ich denke nicht nur für mich, sondern auch für die vielen Familien, die aus der Ukraine fliehen mussten, wäre es schön zu sehen, dass sie hier keine Fremden sind, dass sie hier unterstützt werden.
Rücksicht an Silvester
Zum Schluss habe ich noch eine wichtige Bitte: Viele von uns feiern Silvester gerne mit Feuerwerk und Feuerwerkskörpern. Ich möchte die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Menschen, die kürzlich vor dem Krieg geflohen sind, nicht nur Ukrainer, sondern auch andere Flüchtlinge, lange Zeit und oft für den Rest ihres Lebens traumatisiert bleiben, insbesondere Kinder. Deshalb möchte ich alle Bürgerinnen und Bürger bitten: Wenn Sie geplant haben, an Silvester ein Feuerwerk in Ihrem Garten oder Hof zu zünden, und Sie wissen, dass eine Flüchtlingsfamilie neben Ihnen wohnt, hängen Sie bitte einen Warnhinweis aus, dass es etwas laut sein wird in der Nacht. Denn Kinder und Erwachsene haben nach erlebten Luftalarmen bei Raketengefahr und Explosionen immer noch große Angst vor allen spontanen lauten Geräuschen.
Ich gratuliere allen zu den bevorstehenden Feiertagen!