Neben der durchaus kontrovers diskutierten Umgestaltung des Schlossgartens, hatte sich Stadtbaurat Frank Otte bereits 2019 die Renovierung des Ledenhofs und des angrenzenden Neuen Graben vorgenommen. Doch das Projekt wird nun wohl deutlich teurer als den Bürgern bislang mitgeteilt und auch der Terminplan stimmt nicht mehr mit den ursprünglichen Ankündigungen überein.
Offen ist auch, ob sich die Kosten für die Stadt nicht sogar gegenüber den ursprünglich kommunizieren Zahlen womöglich vervierfachen werden.
Im August vor drei Jahren berichtete unsere Redaktion erstmals über die Pläne für den Platz im Schatten der Katharinenkirche sowie den Neuen Graben, der ebenfalls umgestaltet werden soll.
Bürger wurden in Planung einbezogen
Anders als beim Schlossgarten, dessen einstige Brunnen- und Blumenbeetlandschaft inzwischen versiegelt ist und dessen vergitterter Spielplatz nicht jedem gefällt, wurden für die Umgestaltung des Ledenhofs auch Bürger mit in die Planung einbezogen.
Auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite wurden die Osnabrückerinnen und Osnabrücker zudem über Kosten und Zeitplan informiert.
Doch die Zahlen, mit denen um die Zustimmung der Bürger und Steuerzahler geworben wurde, sind inzwischen alle Makulatur und nicht einmal mehr im Ansatz mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen.
Nach Presseanfrage wurden wichtige Informationen gelöscht
Kurz vor der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA) am Donnerstagnachmittag (21. April) und nach einer Anfrage unserer Redaktion an die Stadtverwaltung verschwand ein Textblock auf der Ledenhof-Informationsseite der Stadt Osnabrück.
Es war ausgerechnet die Textpassage, in der es um den Zeitplan und die Kosten für die Umgestaltung für die Öffentlichkeit ging. Dort hieß es noch bis gestern Mittag: „Der Baubeginn am Ledenhof ist für 2021 vorgesehen. Für die Neugestaltung des Ledenhofs sind 1,95 Millionen Euro veranschlagt, für den Neuen Graben weitere 1,27 Millionen. Jeweils ein Drittel davon sind Zuschüsse des Landes und des Bundes, ein Drittel übernimmt die Stadt Osnabrück.“
Die einen Tag vor der entscheidenden Ausschusssitzung kommentarlos gelöschte Textstelle ist unter web.archive.org mit dem Datum 08.03.2022 archiviert! Wir haben einen Screenshot angefertigt:
Demnach hätte die Stadt Osnabrück nach Abzug der Fördermittel von Bund und Land also knapp eine Million (1,07 Mio.) zahlen müssen – und die Bagger würden noch in diesem Jahr anrollen.
Verwirrspiel um Höhe der Fördermittel: 50% oder 2/3?
Auf die Nachfrage unserer Redaktion nach dem aktuellen Status – die kurz danach zu der Löschung oben genannter Information führte – erklärte ein Sprecher der Stadtverwaltung: „Die bisherigen Planungen liefen relativ problemlos. Es gab vielleicht insgesamt drei Monate Verzögerung […] Wir sind also etwas später dran als geplant und werden mit den Bauarbeiten im Oktober 2022 beginnen.“
Von Baubeginn 2021 zu Oktober 2022 sind es nur drei Monate? Anders gerechnet sind das mindestens zehn Monate…
Und auch zu den nun angenommenen Kosten äußerte sich die Verwaltung: „2020 wurde mit Kosten in Höhe von ca. 3,04 Mio € geplant. Davon sollte die Stadt Osnabrück ca. 1,55 Mio € selbst tragen und in etwa die die gleiche Summe i.H.v. ca. 1,5 Mio € aus der Landesförderung finanziert werden.“
Wer jetzt nachrechnet und vergleicht, stellt fest, dass diese Zahl in Summe sogar 180.000 Euro unter den auf der städtischen Website genannten Kosten liegt, aber die Stadt Osnabrück demnach rund eine halbe Million mehr hätte zahlen müssen, da nun statt einer 2/3 Förderung nur noch von einer hälftigen Unterstützung durch das Land ausgegangen wird.
Städtischer Anteil auf 2,1 Millionen Euro mehr als verdoppelt
Doch die Antwort der Verwaltung reicht weiter: „Mittlerweile ist aus der damaligen Kostenschätzung eine wesentlich detailliertere Kostenberechnung geworden – mit höheren Kosten: 4,277 Mio Euro.“
Ohne selbst die erwarteten Fördermittel zu benennen, verweist der Stadtsprecher auf die am Donnerstagabend im zuständigen Ausschuss zur Debatte stehenden Vorlage.
Dort wiederum steht statt 1,07 Mio. Euro – wie in der inzwischen gelöschten Information an die Bürger – oder 1,55 Mio. Euro wie in der Antwort an unsere Redaktion als ursprünglicher Kostenbeitrag genannt, nun 2,1 Mio. Euro als städtischer Anteil verzeichnet.
Ob es überhaupt Geld aus Hannover geben wird?
Diese Summe ist versehen mit der „Hoffnung“, dass es für den Rest der Gesamtkosten (2,177 Mio. Euro) Landesmittel für die Stadt gibt. Der entsprechend vage Passus zu den möglichen Fördermitteln lautet: „[…] wenn das Land dem Antrag der Stadt auf Erhöhung der Gesamtkosten im Fördergebiet „Schlossgarten, Ledenhof“ zustimmt.“
Ob das Land Niedersachsen, dessen Parlament im Oktober neu gewählt wird und das ebenso wie der Bundeshaushalt unter den Auswirkungen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg steht, diese Fördermittel auch tatsächlich bewilligen wird, scheint völlig offen zu sein.
Es gibt in den unserer Redaktion vorliegenden Unterlagen keine Informationen über einen Vorabbescheid oder gar über einen bereits in Hannover eingereichten Antrag vonseiten der Stadtverwaltung.
Aus inzwischen 2,1 Millionen könnten 4,277 Millionen werden
Der Stadtentwicklungsausschuss soll somit in seiner Sitzung am Donnerstagnachmittag über einen Plan entscheiden, dessen ursprünglich versprochener Kostenanteil für die Stadtkasse von 1,07 Millionen Euro über die Etappen 1,55 Millionen Euro auf 2,1 Millionen (wenn das Land tatsächlich fördert) auf bis zu 4,277 Millionen (worst-case) ansteigen könnte.
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Unsere Redaktion fragte nach, warum in der (inzwischen gelöschten) Textpassage auf der Informationsseite zum Ledenhof deutlich andere Zahlen genannt wurden. Die Antwort zum Zeitplan: „Die Angabe 2021 war seinerzeit falsch kommuniziert. Insgesamt haben wir eine Verzögerung von ca. drei Monaten.“
Kommentar des Redakteurs
Nach der völlig entgleisten „Renovierung“ des Schlossgartens soll nun endlich der Ledenhof umgestaltet werden, der es tatsächlich nötig hat. Ja, am Ledenhof muss etwas geschehen, ohne Zweifel.
Aber statt den ursprünglich dem Bürger versprochenen Kosten in Höhe von etwas mehr als eine Million Euro wird die Angelegenheit im schlimmsten und gar nicht so unrealistischen Fall mehr als viermal so teuer.
Ich könnte es gut verstehen, wenn die Landesregierung (gleich wer nach Oktober dann in Hannover regiert) dieser Stadt und vor allem diesem Stadtbaurat keine Fördermittel mehr überweist – nicht nur weil die Corona-Folgen und die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine bezahlt werden müssen, sondern weil die hiesige Verwaltung und vor allem auch die Lokalpolitik nur zu deutlich bewiesen haben, dass sie keinerlei Respekt vor dem vom Bürger abgepressten Steuergeld haben!
Geradezu absurd mutet an, dass ohne Not erstmal der Schlossgarten kaputt-saniert wurde, während der viel dringender sanierungsbedürftige Ledenhof nun erst im Oktober 2022 in Angriff genommen werden soll – von der drohenden Kostenexplosion ganz zu schweigen.
Und dabei gibt es jenseits des Neuen Grabens, in der Johannisstraße, am Neumarkt und am Rosenplatz noch so viel mehr zu tun, wo die einst schöne Stadt Osnabrück inzwischen immer mehr wie Kalkutta oder Detroit aussieht.