Nachdem der nicht unumstrittene Stadtbaurat Frank Otte (Grüne) kürzlich im Rathaus verabschiedet wurde und am 30. Juni seinen letzten Arbeitstag hat, steht mit Thimo Weitemeier bereits der Nachfolger in den Startlöchern, der seinen Schreibtisch im Stadthaus am 1. Juli bezieht. Wer nun allerdings hofft, dass Osnabrück künftig autofreundlicher wird, dürfte ein langes Gesicht machen. Denn Weitemeier setzt wie sein Vorgänger vornehmlich auf Radverkehr – in Nordhorn war er damit bereits äußerst erfolgreich.
40 Prozent Radanteil in Nordhorn
Während seiner Zeit als Stadtbaurat in Nordhorn hat Thimo Weitemeier viel dafür getan, dass die 55.000-Einwohner-Stadt nahe der niederländischen Grenzen zur Fahrradstadt wurde – mit einem Radanteil von stolzen 40 Prozent. So wurden dort unter anderem zwei lückenlose Radwegenetze gebaut, ein so genanntes grünes Komfortnetz entlang der Kanäle und der Vechte sowie ein rotes Netz entlang der Hauptverkehrsstraßen.
Umstieg vom Auto aufs Fahrrad
Thimo Weitemeier stellte in der Kreisstadt im äußersten Südwesten Niedersachsens den Planungsgrundsatz auf, dass der Weg vom Wohnort in die Innenstadt per Rad alternativlos schnell sein soll. Ganze Wohngebiete wurden so geplant, dass Radfahrer und Fußgänger Vorrang haben und auf dem kürzesten Weg zum Ziel kommen. Während dem Autoverkehr in Nordhorn nur drei Brücken zur Verfügung stehen, um die Kanäle und die Vechte zu überqueren, stehen den Radfahrern und Fußgängern 20 Brücken zur Verfügung. Dafür wurde 2019 eine der Hauptrouten Nordhorns umgebaut, die auf einer Länge von sieben Kilometern mehrere Stadtteile mit dem Norden und Süden der Stadt verbindet. Weil die Breite auf einem Teilstück zu gering war, wurde sogar ein zweiter Radweg gebaut. So sollte die verbesserte Infrastruktur den Bürgerinnen und Bürgern im Alltag den häufigeren Umstieg vom Auto aufs klimafreundliche Fahrrad erleichtern.
Zweifache Auszeichnung für Weitemeiers Radprojekt
Weitemeiers Projekt „Komfortradwege“ belegte im Februar 2018 den dritten Platz des Deutschen Fahrradpreises. Im August desselben Jahres wurde das Projekt in Hannover mit dem „Zukunftspreis Klima kommunal 2018“ ausgezeichnet. Die Stadt Nordhorn erhielt diesen Preis für das richtungsweisendste Klimaschutzprojekt im ganzen Wettbewerb. „Rat und Verwaltung stecken viel Energie und Kreativität in die konsequente Förderung des Radverkehrs, weil wir hier gleichzeitig etwas für den Klimaschutz und für die Gesundheit tun können“, sagte der Stadtbaurat damals am Rande der Preisverleihung.
Überzeugungstäter in Sachen Radverkehr
Seit 2022 ist Nordhorn als fahrradfreundliche Kommune Niedersachsens zertifiziert und belegte beim Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) 2020 und 2022 jeweils den ersten Platz bei den Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern.
Thimo Weitemeier bezeichnete sich selbst immer wieder als Überzeugungstäter in Sachen Radverkehr. Erst im vergangenen Monat nahm er als Gastredner an einem Treffen von Radverkehrsbeauftragten für ein Alltagsradverkehrskonzept des Lahn-Dill-Kreises teil. Dort erklärte er, dass er sich in Nordhorn von dem Gedanken habe leiten lassen, dass es den Menschen Spaß machen muss, das Auto stehen zu lassen und mit dem Rad zu fahren.
Gleichermaßen Platz schaffen für Autos und Fahrräder
Zu den von ihm umgesetzten Maßnahmen gehörten neue Fahrbahnmarkierungen, die Sperrung von Straßen und Brücken für Autos, der Umbau von Kreisverkehren mit der Zusammenführung von Straße und Radweg oder die Beleuchtung der Radwege an dunklen, entlegenen und so genannten Angstorten. Laut Weitemeier habe man aber immer versucht, gleichermaßen Platz für Auto- und Radfahrende zu schaffen oder zu erhalten. Dabei seien innenstadtnahe Parkplätze genauso wichtig gewesen wie Fahrradabstellanlagen im Zentrum.
Weitemeier wies während des Treffens zudem auf niederländische Studien sowie eine deutsche Studie hin, die belegen, dass Fahrradfahrende zwar pro Besuch etwas weniger Geld in den Innenstädten ausgeben, dafür aber häufiger dort einkaufen. Dadurch könne eine fahrradfreundliche Innenstadt mehr Kaufkraft erzeugen als eine auf Autoverkehr ausgelegte.
Umgehungsstraße wurde halbes Jahr früher fertig
Thimo Weitemeier hat während seiner Amtszeit in Nordhorn aber auch etwas für die Autofahrer getan, indem er unter anderem eine Umgehungsstraße bauen ließ. Die 40 Millionen Euro teure und 8,6 Kilometer lange Nordumgehung wurde im Juli 2019 eröffnet. Der Bau dauerte viereinhalb Jahre und wurde – das dürfte Osnabrücker aufhorchen lassen – sechs Monate früher als geplant fertiggestellt.