Das Amtsgericht Osnabrück stellte am 14. März seine Entwicklung aus den Jahren 2017/2018 vor. Die eingegangene Anklagen in Strafsachen sind sowohl bei Erwachsenen, als auch bei Jugendlichen trotz sinkender Kriminalität leicht angestiegen. Positiv zu vermerken ist, dass das Amtsgericht fast alle Verfahren deutlich schneller erledigt, als es im Landesdurchschnitt üblich ist. Außerdem hat sich der Justizservice, der 2014 an den Start ging, als Erfolgsmodell erwiesen. Vor Herausforderungen stellt das Gericht besonders der Bereich der Digitalisierung.

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Das Amtsgericht Osnabrück ist das zweitgrößte Amtsgericht in Niedersachsen und verhandelt in Fällen der so genannten Zivil- und Strafjustiz. Das beinhaltet unter anderem Familiensachen (wie Scheidungen, Unterhalt und Sorgfaltspflicht), Grundbuchverfahren, Nachlassverfahren, aber auch Registerangelegenheiten und Zivilprozesssachen. Letzte werden bei einem Wert bis zu 5.000€ verhandelt und sind wie im landesweiten Trend seit einigen Jahren rückläufig. 3.380 Verfahren gingen 2018 im Amtsgericht ein, 2010 waren es noch 4.620. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren sank am Amtsgericht auf 4,3 Monate, der Landesdurchschnitt liegt bei immerhin fünf Monaten.

Rückgang an Kriminalität und doch mehr Strafverfahren

Interessant ist folgender Aspekt: Obwohl die Kriminalität in den letzten Jahren rückläufig ist, ist die Anzahl der eingehenden Strafsachen im Amtsgericht leicht gestiegen. Wurden 2015 noch 1.852 Anklagen gegen Erwachsene eingereicht, waren es 2018 bereits 2.287. Auch die Zahl der Anklagen gegen Heranwachsende und Jugendliche hat sich leicht erhöht. „Wir wissen nicht ganz genau woran das liegt“, sagt Axel Eichmeyer, Vizepräsident des Amtsgerichts. „Vielleicht hat sich die Einstellung der Öffentlichkeit verändert. Sie wünscht eine stringente Strafverfolgung und das führt zu einer härteren Anklagepraxis.“ Konkret heißt das: Wurden Jugendliche vor einigen Jahren vielleicht noch mit einer Ermahnung nach Hause geschickt, gehen die Straftaten heute eher vor Gericht. Was aber nicht unbedingt heißen muss, dass mehr Menschen verurteilt werden. Auch vor dem Amtsgericht können die Verfahren mit Ermahnungen eingestellt werden. Erfreulich ist, dass sich auch hier die Bearbeitungsdauer weiter verringert hat. Durchschnittlich 3,3 Monate (Landesdurchschnitt 4,3 Monate) betrug sie 2018.

Mehr Betreuungsverfahren

In vielen Zuständigkeitsbereichen des Osnabrücker Amtsgericht sind die Zahlen aber gleichbleibend. Sowohl was Insolvenz- und Vollstreckungsverfahren angeht, als auch Grundbuchverfahren oder Registerverfahren. Eine deutliche Veränderung gab es jedoch bei den Betreuungsverfahren. Darunter versteht man die Übertragung von Vollmachten zum Beispiel bei Demenzkranken an ihre Kinder: „Die Anzahl der Betreuungsverfahren hat mit 4.555 Verfahren in 2018 einen neuen Spitzenwert erreicht“, erklärt Axel Eichmeyer. „Sie stellen einen Spiegel unserer älter werdenden Gesellschaft dar und werden in den nächsten Jahren sicher noch zunehmen.“ Dabei wäre die richterliche Bevollmächtigung gar nicht immer nötig. „Wer zuvor eine so genannte Vorsorgevollmacht erteilt hat, kann sich den Gang zum Gericht sparen. Es wäre wünschenswert, dass sich jeder darüber Gedanken macht.“ Dazu findet am 23. September in Deutschland der „Tag des Betreuungsrechts“ statt. Auch am Amtsgericht wird es dazu Veranstaltungen geben.

Erfolgsgeschichten und Herausforderungen

Als Erfolgsgeschichte hat sich der so genannte „Justizservice“ erwiesen. Er wurde 2014 gestartet und ist die erste Anlaufstelle für die Bürger im Amtsgericht. Statt wie früher die passende Fachabteilung suchen zu müssen (auch auf die Gefahr, dass gerade keiner da ist), können sich die Osnabrücker nun direkt an den Service wenden, der ihnen bei ihren Fragen und Problemen weiterhilft. 30.000 Verfahren wurden seit der Einführung bearbeitet, meistens ging es um Nachlassfragen. Vor Herausforderungen stellt das Amtsgericht die Digitalisierung. Im September 2018 wurde zum Beispiel das elektronische Anwaltspostfach eingeführt. Auch eine audio-visuelle Aufzeichnung von Vernehmungen ist heute möglich. „Die Anfänge sind gemacht, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns“, so Eichmeyer abschließend.