Grafik Durchschnittsalter
Am 12. September wird in Osnabrück ein neuer Stadtrat gewählt. Wir haben uns angeschaut, wer kandidiert und welche Besonderheiten es bei dieser Wahl und den Parteien gibt, die vielleicht nicht auf den ersten Blick auffallen.
In Teil eins unserer Artikelreihe haben wir uns angeschaut, wie es mit der Geschlechtergerechtigkeit bei den Parteien aussieht. Jetzt werfen wir einen Blick auf das Durchschnittsalter. Wie sieht es in den Parteien aus? Sind die Kandidaten überwiegend „Boomer“ oder gibt es auch junge Anwärter auf einen Sitz im Stadtrat?
Das klischeehafte Bild eines Parteimitglieds ist der durchschnittliche 50-Jährige, weiße Mann. Kaum einer denkt an die Jugend, wenn es um die Zusammensetzung einer Partei geht. Erstaunlich ist jedoch, wie das Durchschnittsalter bei den Kandidatinnen und Kandidaten der einzelnen Parteien variiert.
Alte Hasen – CDU und SPD mit gleichem Durchschnittsalter
Die CDU stellt in diesem Jahr rund 80 Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl auf. Das Durchschnittsalter innerhalb der Bewerberriege der Osnabrücker CDU beträgt 47,2, überwiegend sind die Politiker in ihren Fünfzigern.
„Wir versuchen möglichst, den jungen Leuten den Vortritt zu lassen bei der Aufstellung der Wahllisten. Da möchten wir fair sein“, so die Vorsitzende der Frauen Union Osnabrück, Claudia Schiller. In der Realität sieht das aber so aus: Nur 17,5 Prozent der CDU-Bewerber sind unter 35. Die Schere zwischen alt und jung geht deutlich auseinander, denn die älteste Kandidatin ist 79 Jahre alt, während die jüngste gerade mal 21 ist.
In der Osnabrücker SPD liegt das Durchschnittsalter mit 47,1 nahezu gleichauf. In dieser Partei sind zwar viele Studierende aktiv, dennoch ist auch bei den Sozialdemokraten der Großteil der Anwärter älter als 35. Der Anteil der U35-Jährigen liegt hier bei 33,3 Prozent, tatsächlich hat die SPD mehr junge Kandidaten als gedacht, wenn man nur das Durchschnittsalter der Kandidaten vor Augen hat. Was die einzelnen Bewerber angeht, ist die Altersspanne doch recht weit gespreizt: Die älteste Kandidatin ist 81 Jahre alt, der jüngste Kandidat erst 18. Mit Marvin Gehricke stellt die Osnabrücker SPD den jüngsten Kandidaten bei dieser Kommunalwahl.
Grüne: Entscheidet der Wahlbereich über das Durchschnittsalter?
Bei einem genaueren Blick auf die Kandidatenliste der Osnabrücker Grünen fällt auf, dass das Durchschnittsalter je nach Wahlbezirk stark variiert. In Wahlbereich 3 (Fledder, Schölerberg, Voxtrup) ist der durchschnittliche Kandidat der Grünen 34,8 Jahre alt. Im Wahlbereich 5 (Hellern, Wüste) liegt das Durchschnittsalter eine gute Generation weiter zurück bei 53,7 Jahren.
Wir haben die Grünen kontaktiert, um herauszufinden ob es sich um eine Quote oder um einen Zufall handelt. „Die Kandidaten sind so aufgestellt, dass der Wahlbezirk mit ihrem Wohnort übereinstimmt. Mit dem Alter hat das aber nichts zu tun, das ist reiner Zufall“, so Jurek Milde, Vorstandssprecher der Osnabrücker Grünen. Insgesamt haben die Kommunalwahlkandidaten der Grünen ein Durchschnittsalter von 45,2, sind also auch nur wenig jünger als die Kandidaten von CDU und SPD; 30 Prozent der Anwärter sind U-35. Bei den Grünen ist der jüngste Kandidat 19 Jahre alt, der älteste dagegen 75.
Kaum junge Kandidaten bei den Unabhängigen?
Die UWG (Unabhängige Wählergemeinschaft Osnabrück) hat ein Durchschnittsalter von 57,6. Von 27 Kandidaten für die Kommunalwahl sind nur drei unter 35, der Großteil der Mitglieder ist über 50. Hoch ist das Durchschnittsalter vor allem deshalb, weil der älteste Kandidat der UWG 87 Jahre alt ist. Wolfgang Düsing wäre, wenn er es in den Rat schafft, der unangefochtene Alterspräsident. Der jüngste Kandidat schafft es da mit 22 Jahren auch nicht, das Durchschnittsalter zu senken.
Der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) hängt mit einem Durchschnittsalter der Kandidaten von 52,6 Jahren irgendwo zwischen den 47.x von CDU und SPD und den 57,6 der UWG. Elf Kandidatinnen und Kandidaten hat der BOB aufgestellt, davon sind gerade mal zwei unter 35. Der jüngste Kandidat ist hier 30 Jahre alt, während der älteste 75 Jahre alt ist.
Auch die Protest-Partei „dieBasis“ hat ein relativ hohes Durchschnittsalter von 53,8 mit relativ wenigen jungen Anwärterinnen und Anwärtern für einen Platz im Stadtrat. Von insgesamt sechs Kandidatinnen und Kandidaten ist die jüngste 40 Jahre alt.
Die Jugend startet durch: Partei „Volt“
Bei der Partei „Volt“, die erstmals in Osnabrück zur Kommunalwahl antritt, besteht die Kandidierenden-Riege fast nur aus Studierenden. Das Durchschnittsalter beträgt dadurch 29,9 und ist damit die Partei mit den jüngsten Kandidaten dieser Kommunalwahl.
Auch die Partei „Die Partei“ kann ein relativ geringes Durchschnittsalter vorweisen mit einem Wert von 35,2 Jahren, und das obwohl Methusalem-Kandidat Kalla Wefel mit 69 das Durchschnittsalter deutlich nach oben hebt.
Mit einem Durschnittsalter von 38,8 Jahren hat die Linke ebenfalls relativ viele junge Kandidatinnen und Kandidaten und auch die FDP ist mit einem Durchschnittsalter der Kandidaten von 44,9 Jahren, von den ein gutes Drittel unter 35 sind, gut aufgestellt, was den Einbezug junger Menschen in die Politik angeht.
Neben den oben genannten Parteien und Gruppierungen, gibt es bei dieser Kommunalwahl auch noch zwei Einzelkandidaten, die nicht unerwähnt bleiben sollen.
Zum einen Reinhard Richter (82), der im Wahlbereich 5 (Hellern/Wüste) antritt, sowie Thomas Spohn (53), der im Wahlbereich 4 (Innenstadt, Kalkhügel, Nahne, Sutthausen) antritt.
Politik – doch eher was für Alte?
Der Großteil der aufgestellten Kandidaten ist über 35, über alle Parteien hinweg liegt es bei 46,4 Jahren. Doch auch in diesem Fall bestätigt die Ausnahme die Regel: Wer sich eher dazu berufen fühlt, den jungen Menschen den Vortritt in der Politik zu überlassen, ist bei der Wahl der Partei „Volt“ genau richtig. Wer auf das Rentenalter zuschreitet oder es bereits erreicht hat, findet dann vermutlich in der UWG den richtigen Kandidaten.