Schon wieder ein toter Fahrradfahrer in Osnabrück. Schon wieder unter einem 40-Tonner LKW. Und was fällt der Lokalpolitik dazu ein? Ideologisch motivierte Maßnahmen gegen den Individualverkehr. Macht endlich eure Hausaufgaben: Schwere LKW raus aus der Stadt!
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann.
Ich bin es leid, regelmäßig Nachrichten über erneute tödliche Verkehrsunfälle im Osnabrücker Stadtgebiet zu lesen. Tödliche Unfälle, die immer nach dem gleichen Muster passieren: Schwerer LKW (oft osteuropäisch) zermalmt nach Irrfahrt durch die Osnabrücker Innenstadt einen Fahrradfahrer unter sich, der beim Abbiegen übersehen wurde.
Und genauso leid bin ich die Reaktionen in den sozialen Medien, die dann entweder dem Fahrradfahrer eine Mitschuld andichten, weil man ja immer wieder sehen könne, wie „die“ ohne Licht oder auf dem Gehweg fahren etc..
Das hat dann zwar alles überhaupt nichts mit dem aktuellen Unfallhergang zu tun – auch nicht bei dem schrecklichen Unfall gestern – wird dann aber wie ein Mantra gegen „diese Fahrradfahrer“ verwendet.
Vor allem bin ich aber das Wehklagen und den zwangsläufig folgenden Aktionismus der Lokalpolitik leid, der auch vollkommen losgelöst von der schrecklichen Unfall-Realität gegen den Individualverkehr gerichtet ist.
Die Spurensicherung, die Sachverständigen und der Staatsanwalt hatten den Unfallort in der Römereschstraße noch nicht verlassen, da kübelte die SPD-Fraktionsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis einen gewohnt realitätsfernen Vorschlag in die Welt, nachdem nun neben Abbiegeverboten auch Geschwindigkeitsreduktionen zum Schwerpunkt der Politik gemacht werden müssten. Und auch ihr Kollege Volker Bajus von den Grünen wollte noch schnell Stimmung machen und verlautbarte: „Wir müssen endlich durch präventive Maßnahmen mehr Radverkehrssicherheit erreichen, um solche Unfälle zu verhindern. Im Bedarfsfall auch zulasten von LKW und PKW.“
Äh, sorry, nein. Da ist (mal wieder) ein Fahrradfahrer unter einem 40-Tonner LKW geraten und durch diesen geradezu zermalmt worden. Das wäre auch passiert, wenn auf der Römereschstraße Tempo 30 gelten würde. So etwas passiert auch, wenn, wie es jetzt am Wall passiert, PKW-Parkplätze gesperrt werden.
Selbst „die“ LKW sind nicht das Problem, sondern Schwerlast-LKW, die von der Konstruktion her für die Autobahn und die Landstraße, aber nicht für die Innenstadt und das Abbiegen auf relativ schmale Straßen wie den Kiefernweg konstruiert sind.
Sicherlich kann mit zahlreichen Maßnahmen, die vor allem gegen den Individualverkehr gerichtet sind, das Fahrradfahren und das Miteinander im Verkehr verbessert werden.
Aber die Hausaufgabe, die unsere in Sachen LKW-Verkehr ignoranten Lokalpolitiker jetzt endlich und vordringlich in den Griff bekommen müssen, ist der LKW-Schwerlastverkehr. Tempolimits und Straßensperrungen, die sich gegen den Individualverkehr richten, helfen nicht gegen die Todesursache Nummer 1: den schweren LKW.
Schwere LKW haben in der Innenstadt nichts zu suchen. Und auch dieser aktuelle Unfall passierte mit einem LKW, der ganz offensichtlich aus dem Bereich Innenstadt in Richtung der Industrieansiedlung im Hafen/Kiefernweg unterwegs war – der direkte Weg führt von der Autobahn zum Zielort, und keinen Meter oder zusätzlichen Abbiegevorgang weiter in die Innenstadt oder gar dadurch.
Wir müssen einen Weg finden, dass derartige Transporte zukünftig nur noch auf dem kürzesten und direktesten Weg von der Autobahn zu den Speditionen und Gewerbebetrieben der Stadt erlaubt sind.
Wie? Wer so viel Energie verwendet, um es dem Individualverkehr in der Innenstadt schwer zu machen wie unsere Lokalpolitiker, sollte doch auch Maßnahmen gegen den LKW-Verkehr finden.
Wenn dieses Problem gelöst ist, dann können wir gerne über Tempolimits für PKW, weniger Fahrspuren für den Individualverkehr oder noch mehr Fahrradwege nachdenken – aber, liebe Lokalpolitiker, bekommt endlich die schweren LKW aus der Stadt heraus!
Solche schweren LKW sind dafür gedacht beispielsweise von Polen (wo das Unfallfahrzeug von Mittwoch herkam) bis in ein Industriegebiet am Rande der Stadt zu fahren – aber auf direktestem Weg, nicht quer durch die Stadt.
Für das Ausliefern im Stadtgebiet gibt es kleinere Fahrzeuge. Und nein, der schwere LKW aus Polen, unter dem gestern das Leben eines Fahrradfahrers so tragisch endete, war auch nicht im Stadtgebiet unterwegs, um Joghurt auszuliefern.
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