Dr. Stephan Rolfes, Mobilitätsvorstand der Stadtwerke, bittet um Entschuldigung. Das tat Not und war sicher auch eine richtige und wichtige Geste gegenüber den Busfahrgästen, die – egal ob tatsächlich oder auch nur potentiell – am 23. Mai wegen einer Sonderfahrt für Osnabrücker Spitzenbeamte nicht nur sprichwörtlich im Regen stehengelassen wurden.
Aber wieso schweigt der, der die sprichwörtliche „Musik“ bestellt hat? Der, der als Vorstand der Stadt Osnabrück quasi – wenn auch nicht de facto – über dem Chef des Tochterunternehmens Stadtwerke steht.
Eine Kommentar von Heiko Pohlmann.
Schon allein deswegen, weil Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes nicht von sich aus einen Bus zum FMO geschickt hat, sondern zuvor Stadtbaurat Frank Otte zum Telefon gegriffen hatte und sich somit überhaupt erst erdreistete nicht zuallererst nach einer anderen Lösung zu suchen, hat heute die falsche Person um Entschuldigung gebeten.
Frank Otte hätte vielleicht erstmal den Bus auf dem Flughafengelände suchen können – da wartete er ja schließlich auch in direkter Nachbarschaft zum Terminal. Die Telefonnummer des privaten Busunternehmens wäre ebenfalls ein lohnenswertes Such-Ziel gewesen.
Frank Otte hätte auch echte Führungsqualitäten beweisen können, wenn er eine Rückfahrt mit Taxi, Schnellbus X52 oder in Kombination von Bus und Bahn via Münster organisiert hätte. All das war dem Herrn Stadtbaurat aber wohl zu schwierig oder zu banal, vielleicht auch mit seinem Selbstverständnis von seiner Rolle nicht in Übereinstimmung zu bringen?
Genau deswegen ist es auch weiterhin eine Otte- und keine Rolfes-Affäre.
Wer die Musik bestellt, ist letztlich auch für die Kapelle verantwortlich – um beim Sprichwort zu bleiben!
Die „Otte-Liste“ ist unfassbar lang
Frank Otte schweigt – mal wieder. Egal ob er sich um eine knappe halbe Million Euro verschätzt, wie bei dem etwa mehr als 150 Meter langem XXL-Radweg am Wall [nachträgliche Korrektur, 15.06.: nachdem sogar das ZDF über die massiven Kostensteigerungen für die Protected Bike Lane berichtet hatte, gab es einen Presstermin des Stadtbaurats gemeinsam mit Stadtkämmerer Thomas Fillep, in dem ein Teil der Mehrkosten anderen Gewerken zugerechnet wurde].
Frank Otte schwieg auch, als ein Verwaltungsgericht dem Handwerker Bernd Klute – und in Folge auch wieder der Allgemeinheit – den Neumarkt öffnete, nachdem Otte zuvor eine Baustelle erfunden hatte, wo gar keine war, um die schließlich rechtswidrige Neumarktsperrung zu begründen.
Genauso wie Otte schwieg, als auf dem Westerberg falsche Berliner Kissen montiert wurden und für sehr teures Geld schnell wieder abmontiert werden musste.
So wie auch keine größere Wortäußerung vom Stadtbaurat zu der unsicheren Situation für Fahrradfahrer auf Osnabrücks Straßen bekannt ist [dieser Satz wurde aus Respekt vor den Angehörigen von Fahrradunfällen nachträglich korrigiert], obwohl doch ein Verein vor wenigen Jahren Osnabrück mit dem Prädikat „fahrradfreundliche Kommune“ versehen hatte – kurz nachdem Osnabrück Stadtbaurat dort in den Vereinsvorstand gewählt worden war (was für ein Zufall!).
Und diese Liste könnte ich fast endlos fortschreiben, doch was soll es. Am Ende regen sich einige Bürger auf, und der Stadtbaurat schweigt und vermutlich lacht er sich im stillen Kämmerlein über seine eigene Dreistigkeit scheckig.
Was mir als Bürger dieser Stadt viel schlimmer erscheint, dass vor allem die politischen Parteien, allen voran die Grünen, deren Parteibuch der Stadtbaurat besitzt, auch jetzt wieder schweigen werden.
Frage nach dem „warum FMO“ nur ein Ablenkungsmanöver?
Und weiterhin schweigt sich auch die Pressestelle der Stadtverwaltung aus, warum denn eigentlich so eine Dienstreise an den FMO gemacht werden musste, obwohl doch genügend Besprechungsräume in der Stadt zur Verfügung stehen.
Dabei will ich es den Beamten und Leitungsposten dieser Stadt gerne gönnen, auch mal außerhalb der bekannten Verwaltungsräumlichkeiten in Klausur zu gehen.
So ein Treffen vor den Stadtmauern ist ein nicht unüblicher Vorgang, auch in der gerne zitierten „freien“ Wirtschaft. Denn so eine räumliche Trennung vom Schreibtisch kann bei vielbeschäftigte Mitarbeitern durchaus dafür sorgen, dass sie sich nicht irgendwie und aus angeblich wichtigem Grund davonschleichen.
Ich bin davon überzeugt, dass einige Parteien die Frage nach dem „warum FMO“ nutzen wollen, um den Fokus der Öffentlichkeit weg von „ihrem“ Stadtbaurat zu bekommen. „Derailing“ – früher auch schlicht „Ablenkungsmanöver“ – nennt man diese Strategie, bei der die Empörung über den eigentlichen Skandal auf einen im Vergleich nichtigen Nebenaspekt gelenkt wird.
Mit der Erfahrung aus den zahlreichen anderen Fehltritten des Stadtbaurats werde ich mir in den kommenden Tagen das erwartbare und leider traurige Schauspiel anschauen, das mit der Entschuldigung des Stadtwerke-Chefs heute eingeleitet wurde.
Am Ende bezahlen die Bürger „die Musik“
Entschuldigt hat sich also der, der die sprichwörtliche Musik geliefert hat – hier in Form eines Stadtbusses samt Fahrer, der im Linieneinsatz dann fehlte.
Der, der die Musik bestellt hat, schweigt. Wie immer. Und er wird auch wie immer damit durchkommen.
Sehr zum Schaden dieser Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger, die (ebenfalls „wie immer“) am Ende „die Musik“ bezahlen müssen, obwohl sie diese nicht bestellt haben.
Foto/Montage: Pohlmann; Dr. Stephan Rolfes (links) und Stadtbaurat Frank Otte
Über diesen Link gelangen Sie zu den anderen Artikeln zu diesem Vorfall und zu Pressemitteilungen von den im Rat der Stadt Osnabrück vertretenen Parteien.
Hier finden Sie alle bislang erschienenen Meinungsbeiträge.
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“.
Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G Jung)
Bitte denken Sie mehr, Ihr Heiko Pohlmann.
Als Kommentar, Kolumne, Meinungsbeitrag oder Satire gekennzeichnete Beiträge geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht die der gesamten Redaktion.