Wer keinen Ruf zu verlieren hat und wem in Deutschland das Geschäftsmodell abhanden gekommen ist, den wird es nicht groß kümmern, wenn im fernen Osnabrück gemutmaßt wird, Unibail-Rodamco-Westfield (URW) oder der lokale Statthalter könne durch sein Agieren am Neumarkt einen Imageverlust erleiden.
Ein Kommentar von Hasepost-Herausgeber Heiko Pohlmann.
Die Wellen der Empörung schlagen hoch: Vor allem bei denjenigen, die sich in der Vergangenheit nicht zu schade waren jede noch so dreiste Lüge Unwahrheit des investitionsunwilligen Investors Unibail-Rodamco-Westfield zu glauben – oder die zumindest nach außen so taten, als würden sie wirklich noch auf das Shoppingcenter am Neumarkt setzen, um so wenigstens schadlos durch die Kommunalwahl zu kommen.
Manche Aussagen des franko-kanadischen und inzwischen auch australischen Konzerns waren schon binnen weniger Tage als offensichtlich fehlerhaft und irreführend zu erkennen – wie das unselige Foto mit der angeblichen Abrissanzeige, für das sich tatsächlich Vertreter der Regenbogenkoalition vor die Kamera stellten und sich so vor den Karren eines zweifelhaft agierenden Konzerns spannen ließen.
Andere Aussagen, zum (immer wieder) angeblich fest ins Auge gefassten Baubeginn, hatten eine deutlich längere Halbwertzeit. Aber pünktlich und vorhersehbar wurde aus dem Versprechen eine Luftnummer – immer dann, wenn das Datum mal wieder ohne erkennbare Bautätigkeit verstrichen war.
Oskar-Shoppingcenter war nur eine Luftnummer
Ein oder zweimal den Abrisstermin verschieben, das ist ja noch nachvollziehbar – aber das was in Osnabrück passierte, war doch wohl eher ein Taktieren des Deutschland-Büros vor der Konzernzentrale in Paris.
Sollte den Franzosen in der Zentrale mit dem Fantasieprojekt “Oskar” am Neumarkt womöglich nur vorgespielt werden, dass man anders als der lokale Wettbewerber ECE den Neubau von Shoppingcentern noch nicht aufgegeben hat?
In der Diskussion um das Agieren des unternehmensunlustigen Unternehmens Unibail-Rodamco-Westfield ist nun von einem “guten Ruf” in Deutschlands Kommunen zu lesen, den der Pariser Konzern aufs Spiel setzen würde. Auch das “Image” sei in Gefahr, weil der Deutschland-Chef so handelt, wie er handelt – im Interesse eines global agierenden Unternehmens, dem die Zukunft Osnabrücks tatsächlich aber völlig egal ist.
Sorry, diesen (vielleicht sogar einst mal “guten”) Ruf gibt es nicht mehr! Dieser Ruf ist auch nicht verlorenen gegangen, er ist einfach nicht mehr Teil des Geschäftskonzepts.
Es gibt überhaupt keinen einzigen großen und bundesweit agierenden Investor mehr, der noch in neue Shoppingcenter investiert! Was interessiert da der Ruf in Deutschlands Kommunen?
Ein Markt der abgegrast ist und der nicht mehr auf der Agenda eines Konzerns ist, der sein Wachstum nun in Asien und im Pazifischen Raum sucht – weit weit weg vom provinziellen Osnabrück, wo sich der stationäre Einzelhandel mit dem Wettbewerb aus dem Internet plagen muss und einer drohenden Weltwirtschaftskrise entgegensieht.
Da mögen die Zinsen in Europa noch so sehr am Boden liegen – der Einzelhandel, der ja als Mieter für diese innerstädtischen Flächenmonster vorgesehen ist, liegt in diesem Teil der Welt mindestens einen Meter tiefer als das Zinsniveau.
So wenig wie es in Deutschland noch große Neubauten von Shopping-Centern gibt, so wenig gibt es noch Expansionsstrategien von überregionalen Ketten, die einfach nur um sich auf der Landkarte ausbreiten zu können, das Risiko des Erstbezugs eines neuen Shopping-Centers wagen wollen.
Der erfolgreiche Wettbewerber ECE sieht seine Zukunft im Onlinehandel
Der Platzhirsch und deutsche Marktführer ECE hat diesen Trend schon vor Jahren erkannt und investiert in riesige Logistikcenter vor den Toren der Großstädte. Wer in den vergangenen Tagen bei Amazon oder Zalando mal den Selbstversuch unternommen und einen gängigen Artikel bestellt hat, wird festgestellt haben, dass die Lieferung nach Osnabrück inzwischen für den Folgetag zugesichert wird, sofern die Bestellung bis spät in den Abend, teils sogar bis Mitternacht erfolgt.
Amazon & Co. liefern seit ein paar Tagen aus dem nagelneuen Hermes-Logistiklager in Greven – gebaut von der ehemaligen Shoppingcenter-Firma ECE. Das ist die Zukunft des erfolgreicheren Mitbewerbers und deswegen wird Unibail-Rodamco-Westfield auch in Deutschland nie wieder ein großes Shoppingcenter bauen – unabhängig vom Ruf oder Image nach dem Desaster am Osnabrücker Neumarkt, wo Deutschlands letztes großes Shoppingcenter entstehen sollte.
Nach uns die Sintflut wird man in der Pariser Konzernzentrale angesichts der “Osnabrück-Altlasten” denken! Aber Osnabrück kann froh sein, dass wir weiterhin “nur” die Ruinen des Kachelhauses und des alten Wöhrl-Gebäudes am Neumarkt haben.
Ein realisiertes letztes großes Shoppingcenter am Neumarkt, wäre vielleicht nie mit Geschäften gefüllt worden – es gibt keine Mieter mehr für diese Dinosaurier!
Dass dieses Projekt zum Scheitern verurteilt ist, hat die IHK und haben zahlreiche lokale Einzelhändler den Verantwortlichen in der Politik schon vor Jahren vergeblich versucht zu erklären – sie wollten nicht hören; und sie haben immer noch nicht verstanden, dass sie nur nützliche Idioten in einem bösen Monopoly-Spiel waren.