Ein Besuch der öffentlichen Sitzungen des Schul- und Sportausschusses gehört zu den eher emotionsbefreiten kommunalpolitischen Veranstaltungen, auch wenn hier zwischen der Ehrung von Sportlern und der Verteilung von Fördergeldern mit dem Thema „Bildung“ ein hochwichtiges kommunalpolitisches Aufgabenfeld verhandelt wird.
Doch Bildung kostet Geld und es gibt nicht für alle Investitionen Fördergelder von EU, Bund oder dem Land. Daher verwundert es eigentlich nicht, dass in diesem Ausschuss die derzeitige Misere des mit 66 Millionen Euro schon massiv in den Miesen befindlichen städtischen Haushalts deutliche Auswirkungen zeigt.
Eine Kommentar dazu von Heiko Pohlmann
Nun wird von großer Empörung aus diesem sonst eher beschaulichen Ausschuss berichtet.
Zeter und Mordio wurde gewettert und der sonst – zumindest im linken Lager – hoch angesehene grüne Stadtbaurat sah sich plötzlich in der Defensive, weil er es doch tatsächlich gewagt hatte, beim Neubau der an der Rolandsmauer geplanten Friedensschule auf eine bislang geplante Sporthalle verzichten zu wollen.
Und auch bei den geplanten vier neuen Oberschulen für die Hasestadt muss gespart werden, wie von Oberbürgermeisterin Katharina Pötter in ihrer Handgiften-Rede angekündigt.
Die Bau- und Investionskosten für die geplanten Oberschulen sollen inzwischen von ursprünglich deutlich unter 100 Millionen Euro auf schwindelerregende 150 Millionen gestiegen sein.
10 Millionen Euro, um 500 Meter Fußweg zur Turnhalle zu vermeiden
Der Verzicht auf eine Sporthalle für die Friedensschule an der Rolandsmauer würde immerhin rund 10 Millionen Euro einsparen. Mehraufwand für die Schülerinnen und Schüler: Ein kurzer Fußweg zur bereits bestehenden und nicht ausgelasteten Sporthalle der Altstädter Grundschule – eine Ampel ist zu beachten und eine Distanz von geradezu sagenhaft anmutenden 500 Metern zu absolvieren.
Ein kleiner Rückblick: Für Generationen von Schülerinnen und Schülern der zur Rolandsmauer nahe gelegenen Möser Realschule I und der Hauptschule Innenstadt war es über Jahrzehnte überhaupt kein Problem, für den Sportunterricht zur nahen Schlosswallhalle zu pilgern oder mit dem Bus oder Fahrrad zur deutlich weiter entfernten Illoshöhe zu gelangen. Auch die Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums mussten und müssen für den Besuch der Schlosswallhalle den Wall überqueren.
Nun hatten wir zwischenzeitlich wirtschaftlich bessere Zeiten. Scheinbar haben wir – beziehungsweise einige Kommunalpolitiker – sich in diesen fetten Jahren daran gewöhnt, dass jede Schule auch eine eigene Turnhalle, natürlich möglichst direkt angrenzend an den Schulhof, benötigt.
Gar nicht so lange her: Fußweg zum Sportunterricht und sogar Samstagsunterricht
Waren das nicht die angeblich doch so guten „Boomer-Zeiten“, in denen es noch selbstverständlich war, dass Kinder zum Sportunterricht durchaus ein paar hundert Meter zu Fuß gehen können?
Auch weil Klassenzimmer knapp waren und Bildung wichtig ist, war es zu dieser Zeit noch selbstverständlich, dass zumindest alle zwei Wochen für meist vier Stunden an Samstagen unterrichtet wurde. Geschadet hat es der Boomer-Generation ganz offensichtlich nicht.
Das war das, was wir heute oft als gute alte Zeit bezeichnen: Keine Helikoptermütter mit SUV und für die Bildung wurden auch ein paar Stunden vom Wochenende geopfert. Eine Schulleitung, die regelmäßig am Freitag das Schwänzen von Schülern toleriert – damals undenkbar.
Von den Schülerinnen und Schülern wurde es ganz selbstverständlich erwartet, dass sie es schaffen, selbständig den Weg zu einer meist nur wenige Minuten entfernten Turnhalle oder Sportanlage zu finden.
Skandal: Für diesen Weg wurden sogar die Pausenzeiten genutzt. Ein Butterbrot kann man tatsächlich auch im Gehen essen (jedenfalls ging das früher noch).
Wichtig ist doch, dass nicht an der Qualität der Bildung gespart wird – ein kleiner Spaziergang zwischen Schule und Sporthalle ist doch keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung für den Schulalltag. Bewegung!
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