Nun ist es also passiert: Die Maiwoche 2018 wird ohne das beliebte Maidorf stattfinden. Alle mehr oder weniger engagierten Rettungsversuche haben nichts genutzt, jetzt muss schleunigst ein “Plan B” her.
Und natürlich muss auch ein Schuldiger gefunden werden für die Misere, die ein gewaltiger Imageschaden nicht nur für die Maiwoche ist.
Ohne Schuldigen geht es doch nicht? So jedenfalls die Logik der Politik. Doch den, der per Stellenbeschreibung die Verantwortung tragen sollte, der passt der Regenbogenkoalition nicht ins Kalkül. Wer also dann?
Der Imageschaden für Osnabrück geht viel weiter als es auf den ersten Blick scheint. Da ist nicht einfach nur eine Anlaufstelle für ein “spezielles Publikum” (Zitat Frank Otte) verschwunden; Osnabrück hat mal wieder verloren, auf vielen Ebenen.
Vor allem hat die Osnabrücker Verwaltung sich erneut als unfähig erwiesen im Sinne der Bürger zu arbeiten. Erinnert sich noch jemand daran, dass es der Verwaltung vor gar nicht so langer Zeit auch nicht möglich war ein von Robin Schulz angebotenes kostenloses Konzert auf der Maiwoche zu organisieren? Und auch in diesem Jahr wird es kein großes Public Viewing zur Fußballweltmeisterschaft geben, wie schon vier Jahre zuvor oder vor zwei Jahren bei der EM – übrigens trotz anderslautender Ratsbeschlüsse.
Führungskräfte müssen in Verantwortung genommen werden
Und erneut hat die Lokalpolitik alles dafür gegeben, die ohnehin schon grassierende Politikverdrossenheit in der Hasestadt zu befeuern.
Die Aufgabe des Rates der Stadt Osnabrück ist es, der Verwaltung auf die Finger zu schauen und zur Not auch auf die Finger zu hauen. Wenn sich ein leitender Mitarbeiter als unfähig erweist, dann muss das auch Konsequenzen haben.
Wer in Ratsdebatten von der Stadtverwaltung als “Konzern” spricht und sich selbst als Stadtrat in der Rolle eines Aufsichtsrats wähnt, der muss endlich auch selbst den Mut haben Führungsqualitäten zu beweisen.
Wer eine Stadt als Konzern wie ein Wirtschaftsunternehmen steuern will, muss seine Führungskräfte – zumindest ab der Bereichsleiter-Ebene – auch wie ein Konzern behandeln. Wer nicht im Sinne des Unternehmens handelt, der fliegt! So geht das!
Otte ist schuld?
Wer aber soll die Konsequenzen tragen? Stadtbaurat Frank Otte, der nach 14 Jahren fortlaufender Maidorf-Genehmigung, davon 4x durch ihn selbst, sich bereits im vergangenen Jahr entschlossen haben will, unter den bisherigen Voraussetzungen die Genehmigung zu verweigern?
Die Genehmigungs-Verweigerung war offensichtlich eine einsam getroffene Entscheidung, auch wenn Maidorf-Betreiber Frederic Heede zumindest “vorgewarnt” gewesen sein soll.
Die Kardinalfrage ist: Warum hat der Stadtbaurat erst sieben Monate nach der letzten Maiwoche seine Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit gegenüber Politik und Presse öffentlich gemacht?
Selbst die Osnabrück-Marketing und Tourismus GmbH (OMT) soll im Januar buchstäblich “aus allen Wolken” gefallen sein, als Otte mit seinen Genehmigungs-Zweifeln an die Öffentlichkeit trat. Daraufhin entstand hektische Betriebsamkeit, die vielleicht erfolgreich gewesen wäre, wenn Otte nicht solange geschwiegen hätte.
Die Politik oder das Personalamt der Stadtverwaltung sollte vielleicht doch mal hinterfragen, ob der Stadtbaurat nicht irgendwo den Überblick verloren hat, oder zu einer geordneten Amtsführung gar nicht fähig ist?
Zu sehr erinnert die späte Beteiligung der Lokalpolitik an der Maidorf-Rettung an Ottes Phantom-Baustelle auf dem Neumarkt, mit der er seinerzeit die Neumarkt-Sperrung begründete (auch gegenüber den Verwaltungskollegen vom Rechtsamt).
Erst ein Richterspruch erinnerte Otte daran, dass da überhaupt keine Baustelle mehr war, die eine Neumarktsperrung begründete.
Ist das Beamten-Amnesie, ideologisch indizierte Demenz oder einfach das “Prinzip Otte”, wenn Realitäten solange ausgeblendet werden, bis es nicht mehr geht?
Wenn nicht Otte, wer dann?
Oder hätte doch der Oberbürgermeister, als Vorgesetzter des Stadtbaurats, frühzeitig die Kompetenzen für das Maidorf übernehmen sollen?
Oder liegt *die Schuld* vielleicht bei einer anonymen Sachbearbeiterin im SPD-geführten niedersächsischen Umweltministerium, wie es Frank Henning (SPD) beim Pressegespräch am Dienstag nahelegte?
Die anonyme Ministeriums-Sachbearbeiterin ist natürlich – wenn man von den Versäumnissen des Stadtbaurats ablenken will – geradezu ein Gottesgeschenk für die Regenbogenkoalition.
Frank Henning ist ein cleverer Taktierer und hat das wohl erkannt. Dass ausgerechnet nun mit dem Finger auf den Oberbürgermeister gezeigt wird, dürfte für Henning im Sinne der Regenbogen-Harmonie gar nicht gelegen kommen, auch wenn er sonst keine Gelegenheit auslässt, gegen den Oberbürgermeister zu agieren.
Wieso der OB? Kann der Stadtbaurat keine Verantwortung übernehmen?
Wieso sollte der Oberbürgermeister denn überhaupt für “seinen” Stadtbaurat einspringen? Sollte Frank Otte nach einer nicht gerade kompakten (Gesamt-) Hochschulausbildung nicht ausreichend Know How besitzen, die Verantwortung für komplexe Genehmigungsverfahren selbst zu übernehmen?
Griesert nahm Otte bereits Kompetenz für Neumarkt
Haben die, die jetzt die Verantwortung beim Oberbürgermeister suchen, vielleicht eine “Kleinigkeit” aus der jüngsten Vergangenheit vergessen? Schon einmal, beim Aufreger-Thema Neumarkt, hat Oberbürgermeister Griesert dem Stadtbaurat ein Thema aus den Händen genommen – vor exakt einem Jahr machte Griesert den Neumarkt zur Chefsache.
Innerhalb von nur zwei Monaten präsentierte der Oberbürgermeister im vergangenen Jahr einen fertigen Plan zur Umgestaltung des Neumarkts. Dieser Plan war offen, sowohl für eine spätere Sperrung für den Individualverkehr, wie auch für eine gelegentliche Nutzung als Veranstaltungsfläche, zum Beispiel für den Jahrmarkt oder Open Air Konzerte.
Regenbogen meuterte gegen “Chefsache” des OB
Aber so viel Wille zur Umsetzung und Gestaltung ging der vereinigten Regenbogenkoalition zu weit.
Unter Verweis auf das vom Oberbürgermeister geführte Rechtsamt, dessen Mitarbeiter vor “innerlichen Konflikten” geschützt werden sollten, meuterten die Regenbogenpolitiker gegen den OB – allen voran der Grüne Michael Hagedorn – und rissen das Ruder nun an sich.
Fortan sollte weder der umstrittene Stadtbaurat Frank Otte, noch der studierte Architekt Wolfgang Griesert, sondern eine bunte Truppe aus einem Rentenberater, einer pensionierten Gewerkschaftssekretärin, einem Finanzbeamten und einem Hautarzt über die Zukunft des Neumarkts entscheiden. Wie zu erwarten, scheiterte dieses “Kompetenzteam” in Rekordzeit.
Regenbogen-Kompetenzteam scheiterte am Neumarkt
Wohin die Übernahme der Neumarkt-Kompetenzen durch die Feierabend-Politiker geführt hat, konnte man in den vergangenen Monaten eindrucksvoll beobachten. Der Neumarkt wurde gegen die Expertise von Oberbürgermeister und Rechtsamt (mal wieder) geschlossen und musste nach einem Rüffel der Verwaltungsrichter aus Lüneburg schnell wieder geöffnet werden.
Die geballte Kompetenz von Rentenberater, Sekretärin & Co. erleichterte die Stadtkasse um fast 50.000 Euro, weil unter Verantwortung der Feierabendpolitiker die Sperrung gleich mit teurer Spezialfarbe fixiert wurde, die danach (nochmals teuer) wieder entfernt werden musste. Es konnte ja keiner ahnen, dass ein Gericht nicht im Sinne des regenbogengefärbten Kompetenzteams entscheiden würde…
Vor diesem Hintergrund also hätte der Oberbürgermeister erneut (versuchen) sollen, dem Stadtbaurat eine Entscheidung abzunehmen?
Die, die jetzt versuchen die Verantwortung von Frank Otte auf den OB abzuwälzen, hätten doch sofort wieder alles rückgängig gemacht, was dieser entschieden hätte.
Wer die Verantwortung zu tragen hat, ist offensichtlich. Dass es den Lokalpolitikern aus der Regenbogenkoalition an Einsicht fehlt, ist ebenfalls offensichtlich. Und dass diese erneute Fehlleistung des Verantwortlichen ohne Konsequenzen bleiben wird, leider auch.