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Kommentar: „mit“ oder „an“ Corona verstorben … Facebook-Experten

„Wenn man über 50 ist und morgens aufwacht und es tut nichts weh, dann ist man tot“, an dieses Zitat von Jürgen von Manger (bekannt als Adolf Tegtmeier) muss ich denken, wenn es um die jüngsten Todesfälle im Altenheim in Bad Essen geht, die zu einigen Diskussionen bei Facebook geführt haben

Ein Kommentar von Heiko Pohlmann.

Zwei ältere Menschen, beide über 80, sind seit Bekanntwerden des Coronaausbruchs in einer Alten-Wohnanlage in der kleinen Kurstadt Bad Essen verstorben.

Bei beiden Verstorbenen wurde eine Infektion „mit“ dem Coronavirus festgestellt. Bei der jüngst verstorbenen alten Dame (81) lag das Testergebnis allerdings in der zeitlichen Abfolge erst vor, nachdem ein Arzt zuvor bereits ein tödliches Herzversagen attestiert hatte.

Wir wissen es nicht!

Niemand wird die Verstorbene mehr fragen können, ob sie zusätzlich zu den üblichen Schmerzen, die viele alte Menschen plagen (siehe Zitat oben), an ihrem Todestag vielleicht auch noch typische Coronasymptome wie Kratzen im Hals, Atemnot, Muskel- oder Kopfschmerzen wahrgenommen hatte.
Seien wir ehrlich, man muss nicht über 50 oder gar über 80 sein, um gelegentlich mal mit einem schweren Kopf oder allgemeinem Unwohlsein in den Tag zu starten.

Unsere Redaktion hat die Diagnose „mit Corona verstorben“ in dem entsprechenden Artikel erwähnt, dabei ist es egal, ob das Testergebnis erst nach dem Eintritt des Todes vorlag – zumindest für die verstorbene Person und ihre Angehörigen.
Dass von Seiten des Heimbetreibers nun betont wird, dass das Testergebnis erst nach Eintritt des Todes vorgelegen habe, ist zwar ein zusätzlicher Fakt und beschreibt die Abfolge eines tragischen Tages, hat aber nichts mit der grundsätzlichen Bedrohung zu tun, die eine Corona-Infektion vor allem für ältere Menschen bedeutet.

Die Summe der kleinen „Zipperlein“ macht es aus

Es macht durchaus einen Unterschied, ob zu den schlechten Leberwerten, der chronischen Blasenentzündung und dem schwachen Herzen, mit denen manch ein alter Mensch durchaus noch ein paar Jahre hätte weiterleben können, an einem Morgen im Oktober auch noch eine Coronainfektion hinzu kam!

Es ist die Addition von vielen kleinen „Zipperlein“, die alle für sich nicht groß ins Gewicht fallen, die aber vor allem ältere oder durch Vorerkrankungen geschwächte Menschen dem Risiko eines vorzeitigen Ablebens aussetzen.

Was sind das nur für herzlose „Facebook-Experten“, die sich stundenlang und in Dutzenden Kommentaren darüber auslassen, dass es ja „nur“ ein Mensch „mit“ einer Infektion gewesen sei, der da verstorben ist? Immer schwingt dann der Unterton mit, dass dieser Mensch ja gar nicht richtig krank gewesen sei, vielleicht gibt es „dieses Corona“ ja auch gar nicht? Grüße vom Wendler!

Ein bisschen Lebenserfahrung sagt einem doch, dass es nur selten „die eine Erkrankung“ ist, die ein Menschenleben beendet. So wie ein junger Autofahrer auch oft nicht wegen eines simplen Fahrfehlers bei einem Unfall verstirbt. Auch da kommen gerne mal zum jugendlichen Leichtsinn noch abgefahrene Reifen und schlechte Sichtverhältnisse hinzu, die für sich alleine noch zu keinem Unfall geführt hätten, in der Summe aber tödlich waren.
Ist der Raser von der Landstraße auch nur „mit“ Leichtsinn gestorben? Nein, denn er hätte genau diese fatale Zutat zu seinem vorzeitigen Ableben weglassen können. So wie wir mit der Beachtung von Hygienevorschriften auch dafür sorgen können, dass kein alter oder kranker Mensch noch die zusätzliche Belastung einer Corona-Infektion ertragen muss, weswegen er dann „mit“ Corona verstirbt.

Ein Volk von Pandemie- und Coronaexperten?

Und ganz wichtig: Es ist immer nicht „nur“ – vor allem auch nicht „nur mit“ Corona – eine anonyme Zahl in einer Statistik verstorben.
Da ist vor ganz konkret immer auch eine Oma oder ein Opa, eine Partnerin oder ein Partner, eine Mutter oder ein Vater gestorben.
Vielleicht wäre es tatsächlich auch schon heute vorbei gewesen, was die Coronainfektion bereits gestern erledigte. Vielleicht aber auch erst in zwei Jahren? Verlorene Wochen, Monate oder gar Jahre, in denen dieser Mensch und seine Angehörigen noch gerne Geburtstage, Ostern und Weihnachten gefeiert hätten.

Sorry, aber mich k*tzt es an, wenn Menschen nichts besseres zu tun haben sich angesichts der aktuellen Lage an Formulierungen aufzuge*len. Es geht hier um Menschen und darum, dass zumindest die Chance bestand, dass diese Menschen noch ein paar glückliche Jahre gehabt hätten. 

Früher waren wir mal ein Volk der Bundestrainer – zu jeder Fußball-EM und WM.
Die wissenschaftliche Beurteilung überlasse ich lieber den Profis, egal ob sie Drosten oder Bhakdi heißen und ob sie vielleicht auch ganz unterschiedlicher Meinung sind.

Und für mich bleibt es dabei: Menschen sterben „mit“ Corona; ob Sie auch direkt „durch Corona“ sterben, das ist völlig zweitrangig.

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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