Die Renovierung des Osnabrücker Kreishauses, in dem die Verwaltung für den Landkreis Osnabrück untergebracht ist, soll nach Recherchen der Neuen Osnabrücker Zeitung mehr als 100 Millionen Euro kosten – wenn man jetzt anfangen würde.
Man fängt aber jetzt nicht an, weitere Kostensteigerungen sind also nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich.
Wie wäre es, wenn sich Stadt und Landkreis jetzt endlich mal zusammenraufen würden und über neue Formen der Kooperation nachdenken? Die Probleme bei der Stellenneubesetzung sind die gleichen in den Verwaltungen von Stadt und Landkreis Osnabrück – und die dort zu erledigenden Tätigkeiten sind ohnehin gleich.
Warum leisten sich Stadt und Landkreis mit Kreis- und Stadthaus eine irrsinnig teure Doppelstruktur?
Ein Brief an die Landrätin und die Oberbürgermeisterin von Heiko Pohlmann
Als ich von den unfassbar erscheinenden Kostensteigerungen für die anstehende Sanierung der Landkreisverwaltung gelesen habe, musste ich daran denken, wie absurd es doch eigentlich ist in Zeiten von Fachkräftemangel, Digitalisierung und HomeOffice mehrere Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem Ort zu versammeln.
Und das ganze dann gleich doppelt. Rund eintausend Landkreismitarbeiter überwiegend in Osnabrück Nahne und nochmals so viele Bürokratie-Fachkräfte etwa 4.000 Meter Luftlinie entfernt in der Osnabrücker Innenstadt. Und die machen dann auch noch genau den gleichen Job. Die Dienstleistungen der Verwaltung für den Westerberg und für Wallenhorst sind völlig identisch!
Neue Arbeitsformen? Aber doch bitte nicht wieder zentral an einem Ort!
Zwar wird ein Teil der explodierenden Kosten für die Kreishaus-Sanierung auch mit der Implementierung „neuer Arbeitsformen“ begründet. Doch der Wegfall fester – und wegen Krankheit, Schulung, Urlaub etc. oft verwaister – Schreibtische, ist doch nur der halbe Weg.
Viele Arbeiten können und sollten doch völlig unabhängig von einem festen Arbeitsort erledigt werden können.
Und wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin aus dem Innendienst – also ohne direkten Kundenkontakt – nicht aus dem HomeOffice arbeiten will oder kann, warum kann diese Arbeit nicht wenigstens dezentral am Wohnort, zum Beispiel in Bramsche oder Glandorf erledigt werden? Dort gibt es doch kleine Gemeindeverwaltungen, die ohnehin bereits digital vernetzt sind und Büroarbeitsplätze vorrätig halten.
Und wo es diese Möglichkeiten nicht gibt, könnte die Kreisverwaltung auch dezentrale „Büro-Inseln“ – zum Beispiel in leerstehenden Ladenlokalen – einrichten; mit Videokonferenztechnik und schneller und sicherer Onlineanbindung an die EDV-Systeme des Landkreises. Bei Bedarf könnten dort dann auch vor Ort Termine mit den Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt werden.
Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die übrigens erst noch gefunden werden müssen – würden derart flexible Arbeitsmöglichkeiten dem täglichen Pendeln in ein nur mit dem Auto gut erreichbares Kreishaus sicher vorziehen! Und das gilt natürlich für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung genau so. Auch für die Stadt Osnabrück arbeiten Pendler aus dem Landkreis, die genauso gut auch aus ihrem Heimatort arbeiten könnten.
Was tun, wenn die Boomer-Generation in den Ruhestand geht?
Und da bin ich gleich beim nächsten Punkt: Nach Recherchen unserer Redaktion vom Juni dieses Jahres werden in der Verwaltung der Stadt Osnabrück mehr als die Hälfte der jetzigen Stelleninhaber bis 2035 in den Ruhestand verabschiedet – das wird beim Landkreis nicht viel anders sein. Die Boomer gehen, die neuen Mitarbeiter müssen erst noch gefunden werden. Oder sie werden gleich durch KI ersetzt, dann braucht es gar keine Büroarbeitsplätze mehr.
Wenn das Kreishaus in Osnabrück Nahne in vielleicht zehn Jahren fertig saniert ist, wird rund die Hälfte der jetzigen Verwaltungsmitarbeiter dort gar nicht mehr einziehen – weil sie längst im Ruhestand sind!
Kundenkontakt? Geht doch auch im Stadthaus Osnabrück!
Jetzt bin ich an dem Punkt, wo ich eigentlich nur noch schreiben müsste: „merken Sie selbst?“
Aber hier will ich es gerne auch aufschreiben: Für die Verwaltungsdienstleistungen, die nicht dezentral im HomeOffice oder in „Büro-Inseln“ im Landkreis erledigt werden können – oder die nicht ohnehin zukünftig digital bzw. durch eine KI erledigt werden – gibt es bereits eine Lösung: Das Stadthaus in Osnabrück.
Es gibt dafür sogar ein seit Jahren erprobtes und erfolgreiches Modell. Schon „seit gefühlt immer“ können Stadt- und Landkreisbewohner die KFZ-Zulassung wahlweise im Osnabrücker Stadthaus oder im Kreishaus des Landkreises durchführen. Und seit neuestem geht das auch digital, wie vermutlich viele andere Verwaltungsleistungen in der Zukunft.
Warum eigentlich können Gewerbeanmeldungen, Bauanträge oder Führerscheinangelegenheiten für Landkreisbewohner nicht auch zentral in der Osnabrücker Innenstadt erledigt werden? Warum eine kostspielige Doppelstruktur am denkbar unattraktiven Standort in Nahne?
Das Osnabrücker Stadthaus liegt nach heutigen Maßstäben viel besser erreichbar in der Innenstadt – nur einen kurzen Fußweg vom Altstadtbahnhof. Und es ist schnell erreichbar per Bus von jedem Ort im Landkreis oder vom Hauptbahnhof – und ein Parkhaus gibt es auch.
Der bisherige Landkreis-Standort an der Autobahnabfahrt Nahne ist per ÖPNV aus dem Landkreis teils nur schwierig zu erreichen. Ganz ehrlich: Es ist ein Standort, der vor ein paar Jahrzehnten vielleicht attraktiv war, weil gut über die Autobahn erreichbar.
Mehr Sachbearbeiter – weniger Wasserkopf
Wenn man Aufgaben von Stadt und Landkreis Osnabrück zukünftig an einem gemeinsamen Standort zusammenfassen würde, wären auch die Probleme mit dem demographischen Wandel sicher besser zu bewältigen.
Den „Wasserkopf“ aus doppelt besetzten Amtsleiter- und Vorzimmerstellen könnte man sich zukünftig sparen, dafür würden mehr Sachbearbeiter an einem Standort die gleiche Arbeit für Stadt und Landkreisgemeinden erledigen. Die gesetzlichen und fachlichen Grundlagen dürften für bspw. Belm und dem angrenzenden Osnabrücker Schinkel doch identisch sein?
Und nun Sie beide, Frau Kebschull und Frau Pötter. Sind Sie und ist dabei der Landkreis und die Stadtverwaltung bereit für neue Formen der Zusammenarbeit und eine moderne Verwaltung? Die mehr als 100 Millionen Euro die dabei eingespart werden können, sollten eigentlich Anreiz genug sein!
Und wenn es das Geld nicht ist: So könnten Sie das Problem der durch den Ruhestand wegbrechenden Boomer-Generation effektiv lösen.
Man muss ja nicht gleich Stadt und Landkreis Osnabrück zusammenlegen… wobei diese Idee ja auch gar nicht so abwegig ist – aber das ist ein anderes Thema.
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“.
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„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G Jung)
Bitte denken Sie mehr, Ihr Heiko Pohlmann.
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