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Kommentar: Leidet die Osnabrücker CDU unter dem „Stockholm-Syndrom“ oder unter „Gefallsucht“?

75 Millionen Euro neue Schulden für die Stadt Osnabrück in lediglich 12 Monaten, wie kann die Osnabrücker CDU als größte Oppositionspartei im Stadtrat diesen Haushalt mittragen?

Ein Kommentar von Heiko Pohlmann

Deutschland steht am Abgrund, nach nur knapp zwei Jahren rot-grün-liberaler Chaoswirtschaft – Ähnlichkeiten mit Osnabrück drängen sich auf.
Und selbstverständlich wird die CDU/CSU im Bundestag als größte Oppositionsfraktion nicht müde, mehr Haushaltsdisziplin zu fordern. Dabei legt sie die verfassungswidrigen Tricksereien der Ampel schonungslos offen. Nicht ohne dabei auch nach Neuwahlen zu rufen, um möglichst bald zeigen zu können, wie es besser geht – also um Verantwortung zu übernehmen.
Und wenn es die Union im Bundestag nicht so machen würde, dann wäre dieses Themenfeld alleine besetzt durch die populistischen Kräfte rechts der CDU und links von den Grünen – allen voran Alice Weidel und Sarah Wagenknecht.
Die würden gerne noch deutlicher wahrgenommen werden; Friedrich Merz und Markus Söder – zunehmend auch der Osnabrücker Mathias Middelberg, der durch seine Sticheleien inzwischen gute Chancen auf einen zukünftigen Posten als Finanzminister haben dürfte –, stehlen ihnen aber diese Show.

Es ist gut für unsere Demokratie, wenn die CDU im Bundestag eine ordentliche Oppositionsarbeit leistet. Ob sie es wirklich besser machen kann, muss sie natürlich erst noch beweisen.
Glaubt man so manch einer Glaskugel, könnte die Ampel ja bereits zum Jahresende ausfallen und dann gilt wie im Straßenverkehr „rechts vor links“ – aktuelle Wählerbefragungen legen das nahe. Die CDU dürfte belohnt werden für ihre laute Oppositionsarbeit – die AfD und die zukünftige Wagenknecht-Partei allerdings auch; vor allem deswegen, weil sie noch radikaler anders sind als die Ampel und als es die CDU sein kann. Auch das eine Folge der Schluderei der vergangenen zwei Jahre Baerbock, Harbeck, Scholz und Co.

Aber was macht die Osnabrücker CDU angesichts der Bedrohung von extremen rechten und linken Parteien und eines in Osnabrück ebenso wie im Bund zusammenstrickten Horror-Haushalts, in dem auch allerlei Klimagedöns und 60(!) weitere Stellen für die Verwaltung das Defizit aufblähen?
Bereits jetzt können Dutzende Verwaltungsstellen nicht besetzt werden und so manch ein städtisches Gebäude bräuchte erst einmal vernünftige Fenster und eine zeitgemäße Wärmedämmung, bevor man über zusätzliche Solaranlagen auf Kita-Dächern auch nur nachdenken darf.

Aber die Osnabrücker CDU macht einfach mit.

Sie sieht zu wie kleine und kleinste Sparvorschläge der Verwaltung (die haben immerhin was vorgeschlagen, selbst im Bereich der Kultur) von der Ratsmehrheit kassiert werden. Genau wie die Osnabrücker CDU vor ein paar Wochen auch ganz vorne mit dabei war, als die Streichliste für den Busverkehr durchgesetzt wurde. Wer braucht so eine Opposition im Stadtrat? Ist das überhaupt Opposition?

Kein Aufschrei, dass es so nicht weitergehen kann. Kein wirklich lautes Mahnen, dass die von Marius Keite völlig zu Recht in der Haushaltsdebatte erwähnten „leeren Auftragsbücher“ mehr als nur ein Indikator dafür sind, dass die Einnahmeschätzung für die Gewerbesteuer für diesen Haushalt völlig an der Realität vorbeizugehen droht (ja, es wäre natürlich schön, wenn es dann doch anders kommt).
In der Haushaltssitzung konnten Vertreter der Grünen und SPD zudem wiederholt abstruse Forderungen nach einer Streichung der Schuldenbremse aus der Grundgesetz kundtun, ohne dass es auch nur eine scharfe Widerrede aus den Reihen der CDU-Fraktion gab. Konkret: Da begrüßen Osnabrücker Kommunalpolitiker den aktuellen Verfassungsbruch der Bundesregierung und die lokale CDU bleibt einfach still.

Leidet die Osnabrücker CDU unter dem  „Stockholm-Syndrom“, also der völlig irrationalen Sympathie zu Geiselnehmern – hier im übertragenen Sinne die Kräfte der Mehrheitsgruppe, von der die Bürgerinnen und Bürger der Stadt für ihre Ideologie in Geiselhaft genommen werden?
Oder ist es schlichte „Gefallsucht“, die der Duden wenig schmeichelhaft auch mit „Geckenhaftigkeit“ gleichsetzt? Nun ja, ein paar freundliche Blicke von den Bänken der SPD und Grünen gab es zumindest in der Ratssitzung am Dienstagabend. Und auch die Oberbürgermeisterin, die um ihr Amt in diesen schweren Zeiten nicht zu beneiden ist, freute sich über so viel Gemeinsamkeit im Stadtrat.
Es ist aber nicht die Aufgabe der Opposition für das allgemeine Wohlgefühl bei der Mehrheitsgruppe und an der Verwaltungsspitze zu sorgen! 

Die CDU hat ohne Not dem Haushalt zugestimmt

Wie CDU-Verhandlungsführer Florian Schwab völlig richtig in der Ratssitzung feststellte, hätte die Mehrheitsgruppe auch ohne Zustimmung der CDU den Haushalt beschließen können. Wäre das nicht auch besser so gewesen?
Auch um in Osnabrück einen starken Kontrapunkt gegen die Extremisten rechts und links von der Mitte zu setzen, die in einem kommenden Wahlkampf den Verschwendungswahn der vergangenen Jahre zum Thema machen werden. Noch sitzt die AfD mit nur einem Mann im Stadtrat – und der schweigt meistens, genau wie sein Vorgänger im Rat. Aber wer genau hinsieht, kann beobachten, wie die Einmann-AfD bei zahlreichen Themen die Zustimmung verweigert – teils übrigens gemeinsam mit der Linken/Wefel-Fraktion. Bei Themen, bei denen die Osnabrücker CDU eigentlich gefordert ist laut zu werden – als Opposition, nicht als Wohlfühl-Partner von Grünen, SPD und Volt.

Die eigentlichen Probleme der Stadt: Verkehr, Baustellen und der Neumarkt, kann man nicht einfach mit noch mehr Schulden lösen, dafür braucht es politischen Willen und Mut zur Konfrontation!
Doch diesen Willen zur Konfrontation und zur echten unbequemen Oppositionsarbeit, den vermisse ich bei der Osnabrücker CDU. Die CDU hat sich bei den Haushaltsberatungen auf die Seite der Bremser, Schluderer und Ideologen gestellt. Schade, Chance vertan.

Sind also einzig die FDP, die Linke und der Einzelkandidat der AfD noch Opposition im Stadtrat? Das ist mir zu wenig und in Teilen auch völlig zuwider.
Die Osnabrücker CDU muss sich endlich den Realitäten stellen und für sich anerkennen, dass sie der starke Gegner der Grünen und der SPD im Stadtrat ist, nicht ihr Freund und Helfer.


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„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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