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Kommentar: Lasst uns in Osnabrück wie St. Louis sein, nicht wie Philadelphia

St. Louis ist eine Stadt irgendwo im Mittleren Westen der USA. Heute bekannt durch die dort ansässige Washington University (gut zu wissen, falls man mal bei ‚Wer wird Millionär‘ mitmachen sollte), zwei große Rangierbahnhöfe und dadurch, dass dort tatsächlich im Jahr 1904 die Olympischen Spiele ausgerichtet wurden (wer hätte das gedacht?).

Ein Kommentar von Heiko Pohlmann.

Am Mississippi wurde bei der Spanischen Grippe alles richtig gemacht

St. Louis ist mir in den vergangenen Tagen mehrfach in Artikeln begegnet, bei denen es um die Spanische Grippe ging und welche Strategien wirklich geholfen haben, die Spanische Grippe einzudämmen.
Der Ausbruch dieser Influenza sorgte zwischen 1918 und 1920 je nach Schätzung für bis zu 50 Millionen Tote. Zwar wissen wir heute, dass das allgemein Corona genannte SARS-CoV-2 Virus auf vielen Ebenen nicht mit der Grippe vergleichbar ist – bei den Strategien, wie eine Pandemie einzudämmen ist, aber schon.

Im damals wirtschaftlich prosperierenden St. Louis am Ufer des Mississippi schafften es die Verantwortlichen die Todesrate pro 100.000 Einwohner so einzudämmen, dass sie während der ganzen Grippewelle niemals über 50 pro Tag stieg – während in Philadelphia auf dem Höhepunkt der Pandemie zeitweise mehr als 250 Menschen pro 100.000 Einwohner und Tag starben.

Was also hat St. Louis besser gemacht als Philadelphia? Bereits kurz nach dem Ausbruch der Spanischen Grippe wurden in St. Louis alle Schulen, Kneipen und Kirchen geschlossen. Menschenversammlungen, selbst bei Beerdigungen, wurden nicht mehr geduldet und auch Schwimmbäder und Kinos mussten in der damals an Vergnügungsmöglichkeiten armen Zeit geschlossen bleiben.

Max Starkloff war seinerzeit der Gesundheitsbeauftragte der Stadt und schaffte es, sich mit den Maßnahmen bei seinen Mitbürgern (zumindest vorübergehend) ordentlich unbeliebt zu machen – seine Heimatstadt wurde zeitweise zu einer Geisterstadt.
Sein Amtskollege in Philadelphia war Wilmer Krusen, der schlug den entgegengesetzten Weg ein. Sehr zur Freude seiner Mitbürger erlaubte Krusen am 28. September 1918 die „Liberty Loan Parade“ mit mehr als 200.000 Teilnehmern – von denen allerdings binnen 72 Stunden nach der Parade bereits 2.600 an der Spanischen Grippe starben!
Philadelphia bekam in der Folge die Grippe nicht mehr in den Griff. Am Ende der Epidemie lag die Todesrate dort doppelt so hoch wie die in St. Louis.

Und heute in Osnabrück? In den Kommentaren auf Facebook, aber auch in Gesprächen mit Lesern und in Leserzuschriften, gibt es immer wieder Zweifel an den in Osnabrück getroffenen Maßnahmen: Das sei doch alles übertrieben. Könnten die Busse nicht weiterhin nach 20 Uhr fahren? Warum musste das Theater schließen? Und würde es nicht reichen, wenn wir in Clubs und Diskotheken beim Tanzen ein wenig Abstand hielten? Ist das nicht alles zu viel des Guten? Übertreibt Osnabrück?

Osnabrück macht es wie St. Louis und die getroffenen Maßnahmen sind sicher nicht bei allen Bürgern populär.
Vermutlich werden in den kommenden Tagen noch weitere Maßnahmen folgen, die dann auch aus der Hasestadt vorübergehend eine Geisterstadt machen, so wie 1918 die Stadt am Mississippi.
Und wir alle können schon jetzt mitmachen und unser Verhalten auch in Bereichen einschränken, für die es noch keine behördlichen Regelungen gibt. Tatsächlich sind diese auch in Osnabrück noch ‚ausbaufähig‘ und inzwischen hat Berlin uns in dieser Hinsicht ‚überholt‘.
Muss ich wirklich, auch wenn es (noch) nicht verboten ist, in diesen Tagen eine Kneipe besuchen? Kann ich meinen Einkauf nicht auf die Besorgung der nötigsten Dinge beschränken (und nein, 25 Großverbraucherpackungen Toilettenpapier sind nicht ’nötig‘)? Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, noch mehr wie St. Louis zu sein! Es ist ja nur vorübergehend.

Bald wird wieder gefeiert!

Wenn wir alle gemeinsam im Frühling 2021 – oder vielleicht schon im Herbst dieses Jahres – die Maiwoche, Gay in May und was jetzt sonst so an Feiern ausfällt nachfeiern (!), dann stellen die jetzt getroffenen Maßnahmen sicher, dass manch ein älterer Nachbar, die Großeltern oder Freunde und Bekannte mit herabgesetztem Immunsystem mitfeiern können. Das sollte es uns allen wert sein!


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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