Der Investor will sich vom Konzept des „Osnabrücker Dings“ im ehemaligen Gebäude von Galeria Kaufhof trennen. Nun wird diskutiert, ob nicht die Stadt das marode Kaufhaus übernehmen könnte.
Ganz klar: „Nein, auf gar keinen Fall“, meint der HASEPOST-Herausgeber, der selber einige Zeit in der Zentrale der Kaufhof Warenhaus AG tätig war. Er plädiert für einen Abriss, denn jede andere Nutzung ist seiner Ansicht nach „reine Utopie“.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
„Das Problem von Kaufhaus-Immobilien ist, man kann sie nur für ein Kaufhaus nutzen“.
Das hat mir vor einiger Zeit mein damaliger Chef erzählt, kurz nachdem er für die Metro AG einen Teil der Kaufhof- und Horten-Immobilien an eine Investorengruppe rund um die Deutsche Bank verkauft hatte. Noch weit bevor das Elend mit der aufkommenden Konkurrenz durch den Onlinehandel begann, mit dem das Ende des klassischen Warenhauses einherging.
Wer das sicher auch gewusst hat, den das allerdings nicht wirklich interessierte, ist der inzwischen insolvente René Benko mit seiner Signa Holding, der aus obiger Feststellung sogar ein Geschäftsmodell machte. Das lief dann so, dass ein Teil seines Unternehmens die eigentlich wertlosen – weil auf dem Immobilienmarkt nicht vermittelbaren – Kaufhaus-Immobilien für einen viel zu hohen Mietzins an die unter seiner Kontrolle stehende Galeria Karstadt Kaufhof GmbH verpachtete. Das ging bekanntlich solange gut, bis das Konzept Warenhaus vollends ausgelutscht war und die Schulden aus anderen Benko-Projekten überhand nahmen.
Schon bevor Galeria-Kaufhof vor die Wand gefahren wurde, trennte man sich von den Kaufhaus-Standorten, an denen dieses „dreckige Spiel“ nicht funktionierte, weil dort die Immobilien anderen Eigentümern gehörten, so auch in Osnabrück vor inzwischen fast vier Jahren.
Dass die Schrottimmobilie nahe dem Neumarkt, die im Kern fast 70 Jahre alt ist, überhaupt noch einen neuen Eigentümer fand – der sie jetzt wieder loswerden will – grenzt schon fast an ein Wunder und ist wohl einzig dem Umstand geschuldet, dass es vor ein paar Jahren bei den Banken noch Geld nahezu „umsonst“ gab.
Selbstverständlich gibt es auch ein paar wenige Beispiele, bei denen die Konversion einer Kaufhaus-Immobilie gelungen ist. Zum Beispiel der Umbau eines ehemaligen Horten in Neuss zur Spielstätte des Rheinischen Landestheaters – allerdings auf Kosten der Landesregierung, nicht der Kommune.
Zumeist aber werden Kaufhäuser schlicht abgerissen, denn – siehe oben – sie taugen nunmal zu nichts anderem, als für die Nutzung als Kaufhaus.
Wer es nicht glauben will, darf sich gerne einmal zurückversetzen in ein paar Erinnerungen, als das Osnabrücker Galeria-Kaufhaus noch geöffnet hatte. Erinnern Sie sich noch? Es handelt sich um einen geradezu monolithischen Betonblock mit einer Kantenlänge (ohne das angrenzende Parkhaus) von etwa 31 x 70 Metern (nachgemessen mit Google Earth).
Können Sie sich vorstellen in so einen „Block“ Wohnungen zu integrieren? Und beachten Sie bitte die zusätzliche Herausforderung, dass die westliche Seite – mit Ausnahme der oberen Stockwerke – direkt an das Parkhaus angrenzt. Dort sind also keine Fenster möglich.
Wer auch immer die Herausforderung annehmen sollte, in diesen Baukörper Wohnungen oder Büros (die der Immobilienmarkt derzeit und vermutlich nie wieder nachfragt) zu bauen, müsste in die Mitte einen Lichthof „schneiden“, was wieder viel vermietbare Fläche vernichtet.
Andernfalls gäbe es Wohnungen, die nur eine begrenzte Fensterfläche zu einer Straßenseite hätten, aber nach hinten bis zu 25 Meter „im Dunkeln“ liegen würden. Stichwörter wie „Schließfach“ oder „Hühnerkäfig“ kommen mir da eher in den Sinn als „hochwertiges Wohnen in Innenstadtlage“.
Wobei ich es auch für sehr fraglich halte, ob die Geschossdecken und die Aussenmauern auch nur im Ansatz geeignet sind hinsichtlich Schall- und Wärme- bzw. Kälteisolierung. Ein Abriss wäre vermutlich schon deswegen die bessere Lösung.
Aktuelle Studie: Umbau von Kaufhäusern ist „extrem teuer“
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine aktuelle Studie, die Ende vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. Der Umbau alter Kaufhaus-Immobilien sei „extrem teuer und aufwendig“, heißt in der Studie des Immobilienspezialisten Empirica im Auftrag des Branchenverbands Zentraler Immobilien-Ausschuss (ZIA).
„Kostentreiber bei der Umwidmung“, so die Studie, seien die Herausforderungen in großen Gebäuden für Tageslicht und Belüftung zu sorgen.
Nach Berechnungen von Empirica wurde von 131 ehemaligen Warenhäusern, die seit den 90er Jahren geschlossen wurden, nur für 56 Häuser eine Nachnutzung gefunden, lediglich in acht Häusern konnten Wohnungen entstehen – in überschaubarer Zahl von lediglich 350 Wohneinheiten.
Es sollte mich doch sehr wundern, wenn in Osnabrück gelingen sollte, was auch andernorts nur selten gelingt.
„Extrem teuer“ kann sich unsere Stadtkasse auch überhaupt nicht leisten!
Die einzige Lösung, die in meinen Augen Sinn macht, ist der Abriss. Und dann entweder auf der dadurch entstehenden „grünen Wiese“ etwas komplett neues bauen oder sich womöglich sogar damit abfinden, dass diese Fläche für lange Zeit erstmal ungenutzt bleiben wird. Bäume pflanzen in der Innenstadt, könnte tatsächlich die einzige Option sein – wenn sich nicht ein reicher Investor findet, der das Risiko eingehen will. Alle anderen Ideen sind reine Utopie! Die aus den 50er Jahren stammende alte Kaufhof-Immobilie taugt zu nichts anderem, als abgerissen zu werden – und das möglichst bald.
Ein ähnliches Schicksal könnte schließlich auch dem ehemaligen Wöhrl-Gebäude, dem Kachelhaus, der ehemaligen Sportarena und dem alten Postgebäude drohen, für die es bislang auch nur teilweise Pläne gibt, aber keine Anzeichen, dass diese überhaupt umgesetzt werden.
Und ich würde nicht darauf wetten wollen, dass die Deutsche Bank und die Sparkasse auf mittlere Sicht noch so große Gebäude benötigen, wie sie jetzt an der Wittekindstraße zwischen Neumarkt und Berliner Platz zu finden sind. Stichwort: Demographischer Wandel, KI und Digitalisierung: Nach dem Warenhaus stirbt bald auch die klassische Verwaltung. Der Markt für neue Büroflächen ist bereits jetzt eingebrochen, die nächsten Leerstände werden folgen. Soll dann immer wieder die Stadtverwaltung als Käufer einspringen?
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“. Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann
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