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Kommentar: „Ich möchte keine Kinder“ – gut so, und das ist Privatsache

„Ich möchte keine Kinder.“ Wenn dieser Satz fällt, schauen mich viele mit großen Augen an. Dann folgt schnell: „Ach, du bist ja noch jung – das wird sich noch ändern.“ Bei unserer Leserin Nicole* hat sich das nicht – so wie bei vielen kinderlos glücklichen Frauen. Und das ist ihr gutes Recht, denn sie hat die Entscheidungshoheit über ihren Körper. Und wer da zuletzt mitmischen darf, ist wohl Kirche und Politik. 

Ein Kommentar von Jasmin Schulte

Als Nicole sich an unsere Redaktion wandte, war mein erster Gedanke: Das darf nicht wahr sein. Abgewiesen, weil sie sich sterilisieren lassen will. Dann machte ich mich an die Recherche. Und tatsächlich: Für viele Frauen unter 35 Jahren ist es sowieso schon schwierig, Arzt oder Ärztin zu finden, der oder die den Eingriff vornehmen will. Gründe dafür: zu jung, noch keine Kinder und man könne den Eingriff später bereuen. Also sagt das Alter etwas über die Zurechnungsfähigkeit aus? Nur weil ich jung bin, wird sich meine Meinung noch ändern, kann ich noch keine Meinung haben? Und andere dürfen über meinen Körper entscheiden? Wie sehr ich das Wort „Lebenserfahrung“ hasse … die kann ich nämlich auch schon in den Zwanzigern haben, ganz sicher.

Nicole ist mittlerweile 38 Jahre alt und sich absolut sicher, dass sie keine Kinder haben möchte. Und das ist völlig ok. „Es lastet ein enormer gesellschaftlicher Druck auf Frauen ohne Kinderwunsch. Ihnen wird die Entscheidungsfähigkeit abgesprochen, sie werden bedrängt und verspottet“, sind etwa ihre Erfahrungen. Wir leben mittlerweile in einem Zeitalter, in dem Frauen, ohne den Willen ihres Mannes einholen zu müssen, arbeiten können, in dem wir (noch zu wenig) Frauen an den Spitzen haben, aber die Entscheidung, ob sie Kinder haben wollen oder nicht, ist nicht ok? Wobei: doch, aber erst ab über 35. Wenn dann noch die Politik mitmischt – etwa dabei, dass Familien zum Beispiel steuerlich besser gestellt werden – oder noch schlimmer die Kirche, deren Werte nicht damit vereinbar seien, wo kommen wir dahin? In einer fortschrittlichen Gesellschaft haben Fakten doch mittlerweile den Glauben absolut abgehängt. Das dachte ich zumindest, aber die (katholische) Kirche hält an ihren überholten Traditionen und Rollenbildern (Warum darf zum Beispiel keine Frau als Priesterin arbeiten?) nach wie vor fest. Und weil für immer weniger junge Menschen die Kirche eine Rolle spielt, sollte sich da ganz schnell etwas ändern. Denn die Kirche hat (glücklicherweise) heute nicht mehr den selben Stellenwert wie damals. Und gerade deshalb stellt sich die Frage, wie die Kirche heute derart in das Privatleben der Einzelnen eingreifen kann? Und der Mann wieder einmal besser davonkommt.

Denn schauen wir mal auf die andere Seite: Männer dürfen sich bewusst gegen Kinder entscheiden, können ohne Probleme eine Vasektomie durchführen lassen. Werden nicht schief dafür angeschaut, wenn Mann sich gegen Kinder entscheidet. Finden wir da den Fehler? Wir reden über Frauenquote, feministische Außenpolitik und darüber, dass die Menstruation endlich kein Tabuthema mehr ist, und dann sind wir in Sachen Verhütung noch auf dem Stand des letzten Jahrhunderts. Nicole muss sich nun zweimal narkotisieren, zweimal operieren lassen, weil ein christliches Krankenhaus sie nicht ohne „medizinische Indikation“ sterilisieren lassen will. Bei zunehmendem Abbau von Krankenhäusern, zentralen Anlaufpunkten – die in Osnabrück zu Zweidrittel in kirchlicher Hand sind – ist es vor allem für Frauen auf dem Land schwierig, einen solchen Eingriff durchführen zu lassen. Hat die Frau weniger Entscheidungsmöglichkeiten als der Mann? Offensichtlich. Ein Armutszeugnis für das Jahr 2023.

* Name von der Redaktion geändert. 


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Jasmin Schulte
Jasmin Schulte
Jasmin Schulte begann im März 2018 als Redakteurin für die Hasepost. Nach ihrem Studium der Germanistik und der Politikwissenschaft an der Universität Vechta absolvierte sie ein Volontariat bei der Hochschule Osnabrück. Weitere Stationen führten sie zu Tätigkeiten bei einer lokalen Werbeagentur und einem anderen Osnabrücker Verlag. Seit März 2022 ist Jasmin Schulte zurück bei der HASEPOST und leitet nun unsere Redaktion. Privat ist Jasmin Schulte als Übungsleiterin tätig, bloggt über Literatur und arbeitet an ihrem ersten eigenen Roman.

  

   

 

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