Die Geschichte der Pagenstecherstraße ist eine Geschichte voller Missverständnisse … um es in Anlehnung an einen kultigen Werbespot aus den 80er Jahren mal auf den Punkt zu bringen.
Warum eigentlich nicht Grünflächen – vielleicht sogar ‚adoptiert‘ von den Anliegern – statt Betonpoller entlang der Pagenstecherstraße? Eine Idee von Extinction Rebellion ist grüner und vor allem auch sympathischer als die Pläne des Stadtbaurats und der Lokalpolitik für die Automeile im Nordwesten der Stadt.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Missverständnis Nr. 1: Zu glauben, man könne mit einer simplen Lösung – hier Verbotsschild oder Kettensäge – die Pagenstecherstraße einfach so „fahrradfreundlich“ machen.
Was muss die Verantwortlichen im Rat der Stadt Osnabrück und in der Verwaltung geritten haben, als sie ‚für teuer Geld‘ einen Gutachter beauftragten, der zwei – nüchtern betrachtet bereits vorab zum Scheitern verurteilte – Alternativen gegeneinander abwägen sollte: (Alternative 1) Entweder die Pagenstecherstraße für einen XXL-Fahrradweg einspurig machen, oder aber (Alternative 2) insgesamt 27 der teils sehr alten und großen Bäume entlang des Seitenstreifens fällen, um dann dort Platz für einen Fahrradstreifen zu schaffen.
Missverständnis Nr. 2: Nachdem das Offensichtliche offenbar wurde (mit nur einer Fahrspur je Richtung droht das totale Verkehrschaos – und so viele so alte Stadtbäume fällen ist auch keine Alternative), jetzt mit Betonpollern wenigstens die Dooring-Unfälle in den Griff bekommen zu wollen.
Ja, Dooring-Unfälle sind ein massives Risiko für alle Radfahrerinnen und Radfahrer, ganz besonders auch auf der Page, wie unsere Redaktion im vergangenen Herbst anhand von Zahlen der Polizei sehr deutlich nachweisen konnte. Und das, obwohl ein Großteil der Abstellplätze entlang der Page dauerhaft von Werbeanhängern belegt sind.
Und ja, Beton in all seinen Spielarten ist für unseren grünen Stadtbaurat das Baumaterial, mit dem er sich am liebsten verewigt. Sei es die inzwischen erfolgte Versiegelung weiter Teile des Schlossgartens oder die geplante Umgestaltung des Neumarkts ausgerechnet mit einem eher kurzlebigen Baumaterial, bei dessen Produktion Unmengen CO2 entstehen.
Stadtbaurat Frank Otte ist die menschgewordene „Betonfraktion“ in der Osnabrücker Stadtverwaltung – und mit Pollern hat er es auch, wie Beispiele aus der Vergangenheit (hier, hier und auch hier) zeigen.
Aber muss man unseren beton- und pollerverliebten Stadtbaurat auch hier wieder gewähren lassen?
Und nun kommen die Aktivisten von Extinction Rebellion (XR) ins Spiel, die vermutlich dem grünen Verwaltungschef näher stehen als diesem Redakteur. Und diese Aktivisten pflanzten symbolisch einen Baum, wo bald Betonpoller statt Werbeanhänger und parkende Autos die Page säumen sollen.
Klasse Idee! Ich zitiere aus der Pressemitteilung von Extinction Rebellion:
Wir kritisieren die Entscheidung der Stadtverwaltung, die Parkplätze an der Pagenstecherstraße mit Betonblöcken abzusperren. Wir halten diese Maßnahme für kontraproduktiv und umweltschädlich. Sie verhindert eine sinnvolle Nutzung der Fläche für andere Zwecke wie zum Beispiel Blühstreifen, Baumpflanzungen etc.
Außerdem trägt sie zur Erhöhung des CO2-Ausstoßes bei, da die Herstellung von Beton sehr viel Energie verbraucht und Treibhausgase freisetzt werden. Wir fordern mehr Grünflächen in der Stadt, welche die Aufenthaltsqualität und die Klimaresilienz verbessern.
Wir sind überzeugt, dass mehr Bäume und Pflanzen nicht nur das Stadtbild verschönern und das Wohlbefinden der Menschen fördern, sondern auch einen positiven Effekt auf das Mikroklima haben.
Sie können zum Beispiel Schatten spenden, die Luftfeuchtigkeit erhöhen und die Temperatur senken.
Es ist eine politische Entscheidung, ob und welche Aufenthaltsqualität die Pagenstecherstraße zukünftig hat.
Ja aber hallo! Wie konnte man nur auf die (man entschuldige meine Ausdrucksweise) saudumme Idee kommen, die Page mit Betonpollern auszustatten?
Eine wirklich deutlich bessere Lösung ist so naheliegend. Danke an Extinction Rebellion, dass durch die Baumpflanzaktion nun auch eine wirkliche Alternative im Raum steht.
Natürlich muss man – wenn man sich von den Parkstreifen trennen will – andere Lösungen finden. Poller sind aber keine Lösung!
Also: Ich bin mir sicher, dass sowohl der sehr engagierte Betreiber von McDonalds, die ebenfalls immer engagierte Firma AutoWeller, der Autoteilehändler WM sowieso, und auch das nette Team vom Grillmaster Pavillon aktiv mit dabei sind, wenn vor ihren Geschäften neue Grünstreifen angelegt werden.
Und ihnen werden weitere folgen. Auch der Discounter Lidl zeigt sich immer offen für Umweltthemen, BOC als Fahrradhändler dürfte ein weiterer sicherer Kandidat sein – und viele andere Anlieger der Page mehr.
Diese Anlieger müssen jetzt aktiviert werden, um „ihren Grünstreifen“ zu adoptieren und zu bepflanzen – entweder als Mitarbeiteraktion oder schlicht durch einen Gartenbaubetrieb. Auch Kundenevents wären denkbar, um die Page etwas grüner zu gestalten.
Man muss nur wollen. Gemeinsames Engagement, grüne Revolution und so – statt Betonpoller, die von einfallslosen Verwaltungsleuten gemeinsam mit ignoranten Lokalpolitikern ‚für teuer Geld‘ bestellt wurden.
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Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G Jung)
Bitte denken Sie mehr, Ihr Heiko Pohlmann.
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