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Kommentar: Grüne in Nadelstreifen und Vorstandsetagen

Vorbei die Zeiten der Nachhaltigkeit? Es ist noch nicht lange her, da galt es für große Unternehmen als absolutes No-Go in Rüstungsgüter oder Fracking-Gas zu investieren. Wie sieht es mit diesen Nachhaltigkeitsbemühungen eigentlich jetzt aus, wo führende grüne Politiker doch inzwischen alles tun, um genau von den Unternehmen beliefert zu werden, die vor kurzem noch als Tabu galten?

Eine Kommentar von Heiko Pohlmann

Vor einiger Zeit war ich für einen großen Versicherungskonzern tätig. Ein Teil der „Deutschland AG“, wie man früher die Stützen der bundesdeutschen Wirtschaft bezeichnete. Meist war die Bezeichnung „Deutschland AG“ abfällig gemeint – auch wenn diese Unternehmen Arbeitsplätze sicherten und ihre Steuern überwiegend in Deutschland bezahlten.
Rückblickend betrachtet war dieser Konzern auch schon damals ganz schön „grün“, jedenfalls grüner als alles, was heute in Berlin angeblich grüne Politik macht.

Seinerzeit war die halbe Verwaltung dieser Versicherung damit beschäftigt, den ersten Nachhaltigkeitsbericht für den Konzern zu erstellen.
Dabei wurden für diesen erweiterten Umweltbericht nicht nur ganz konkrete Bemühungen und Erfolge verzeichnet, wie zum Beispiel bei der Umstellung der Heizungsanlage auf Erdgas oder der Anschaffung von modernen und besonders spritsparenden Diesel-PKW für die Außendienstmitarbeiter. Ironischerweise waren das Investments, die sich inzwischen als faktisch falsch herausgestellt haben, weil Erdgas jetzt knapp und Diesel in Ungnade gefallen ist.

Ganz wichtig war aber, dass die bei der Versicherung angelegten Kundengelder unbedingt nach ethischen und nachhaltigen Standards investiert werden. 

Investments in Aktien oder Fonds, die auch nur in die Nähe von Kohlebergbau, Fracking-Gas oder Rüstungsindustrie kamen, waren im Sinne der Nachhaltigkeit ein absolutes Tabu. Und auch in Unternehmen und in Länder, wo man es mit Arbeitnehmer- oder Bürgerrechten nicht so genau nahm, wurde nicht investiert.
Diese oft besonders renditestarken Papiere überlies man den italienischen oder französischen Versicherungskonzernen, die es mit Ethik und Nachhaltigkeit nicht so eng sahen.
Selbst eine Siemens AG war damals schon mindestens zweifelhaft, weil sie doch auch Signaltechnik für eine Gruben-Eisenbahn nach Australien lieferte. Und Airbus ging schon gar nicht, weil der europäische Flugzeugbauer – obwohl einer der ganz großen Arbeitgeber in Deutschland – neben Mallorca-Fliegern auch Hubschrauber für das Militär produziert.

Das alles ist zumindest „gefühlt“ schon lange her. Das muss irgendwann passiert sein, kurz nachdem Robert „Es müssen mehr Waffen kommen“ Habeck seinen Zivildienst beendete und Annalena „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland“ Baerbock ihre Bronzemedaille für besondere Leistungen im Trampolinsport erhielt.

Und nun? Fracking-Gas aus den USA und die unter fragwürdigen Bedingungen im Tagebau abgebaute Kohle aus Australien oder dem heimischen Lützerath gehören jetzt zum Instrumentarium der Ampel-Regierung, um dem drohenden Blackout zu trotzen.
Die Lieferfähigkeit von Waffenschmieden wie Rheinmetall und Krauss-Maffei ist Gegenstand von Talkshow-Auftritten grüner Spitzenpolitiker. Und der vom Kinderbuchautor zum Wirtschafts- und Klimaschutzminister gewandelte Robert Habeck kniet auch schon mal vor arabischen Potentaten nieder, damit diese Ersatzbrennstoffe für den immer noch als gesetzt geltenden Ausstieg aus der Kernenergie liefern.

Was wird jetzt mit den Nachhaltigkeitsbemühungen deutscher Konzerne?
Die als besonders modern gefeierte Gasheizung im Verwaltungshochhaus wird inzwischen wohl vor der Öffentlichkeit versteckt. Und der Außendienst darf sich über zahlreiche kleine Kaffeepausen freuen, weil die einst als effektiv gefeierten Diesel-Dienstwagen gegen reichweitenverkürzte Elektroautos ausgetauscht wurden, die gerade im Winter zu zahlreichen Ladestopps nötigen.

Vor allem aber – so die neue Logik – müssten deutsche Konzerne ja inzwischen geradezu angehalten sein, in Rüstung, Fracking-Gas und Schiefer-Erdöl zu investieren?

Oder sind die Nadelstreifenträger in den Vorstandsetagen deutscher Konzerne inzwischen grüner als unsere Bundesminister:innen (m/w/d)?

 


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„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G Jung)
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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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