Frank Otte (66), Osnabrücks umstrittener Stadtbaurat, geht in den Ruhestand. Offiziell zwar erst Ende des Monats, doch die Verabschiedung durch Oberbürgermeisterin Katharina Pötter ist bereits für die kommende Woche angesetzt, und die NOZ hat schon einen ersten ‘Nachruf’ veröffentlicht.
Ein Blick zurück von Heiko Pohlmann
Weil es wohl noch in die gedruckte Samstagsausgabe soll oder weil man einfach bei diesem Thema Erster sein möchte, ist der Kollege Wilfried Hinrichs von der NOZ vorgeprescht und hat an diesem Freitagabend einen lesenswerten und natürlich auch subjektiven Rückblick verfasst. Dieser Text, der leider hinter der ‘Bezahlschranke’ vor vielen Leserinnen und Lesern versteckt ist, nimmt mir die Arbeit ab, selbst die wichtigsten Stationen der 11-jährigen Otte-Amtszeit Revue passieren zu lassen.
Also, wer von mir jetzt erwartet hat, hier im Detail zu lesen, was Frank Otte ‘erreicht’ und wo er sich ‘blamiert’ hat (Formulierungen aus dem NOZ-Intro), wird enttäuscht. Lest einfach mal die Tageszeitung! Sich über mehr als nur ein Medium zu informieren ist sowieso besser. Gerade die lokale Politik zeigt immer wieder, dass es kein Schwarz und Weiß im Sinne von Richtig oder Falsch gibt, sondern immer die Graustufen, auf die es ankommt. Wer mehr als nur ein Medium liest, ist immer besser informiert und kann Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und sich darauf basierend eine qualifizierte eigene Meinung bilden.
Rekordverdächtig: Frank Otte füllte mehr als 500 Artikel
Alternativ zum subjektiven Rückblick bei den Kollegen, empfehle ich natürlich auch und immer die Suchfunktion auf unserer Seite. Rekordverdächtige mehr als 500 Artikel befassen sich mehr oder weniger mit den Leistungen und Nicht-Leistungen unseres scheidenden Stadtbaurats. Teilweise wird er nur am Rande erwähnt, oft ist Frank Otte aber auch Gegenstand des jeweiligen Artikels.
Aber warum schreibe ich im Titel “Frank Otte war nie das (eigentliche) Problem für Osnabrück?”
Weil es völlig in Ordnung ist, wenn man sich, wie Frank Otte – trotz Mängeln im Lebenslauf – auf eine Stelle bewirbt. Jeder ist seines Glückes Schmied, und warum sollte Frank Otte es damals vor zwölf Jahren nicht versuchen, einen interessanten und lukrativen Job in seiner Heimatstadt zu übernehmen?
Wo er doch aus seiner Jugend hier einige inzwischen zu Ämtern gekommene Freunde hatte. Und ganz ehrlich: Alles ist besser als Baden-Württemberg, wo Otte zuvor eine Stelle innehatte und (das konnte vor Ottes Ernennung bereits über das Internet recherchiert werden) auch schon alles andere als beliebt war.
SPD und Grüne wollten unbedingt genau diesen Kandidaten
Die alten “Freunde”, die Frank Otte unbedingt in Osnabrück zu seinem Posten verhelfen wollten, waren bis zuletzt das Problem. Warum wurde der damalige Kandidat Frank Otte, nachdem offenkundig geworden war, dass er das in der Stellenausschreibung geforderte universitäre Hochschulstudium nicht vorweisen konnte, ganz offensichtlich von Seiten der Grünen und SPD motiviert, es noch einmal zu probieren?
“Noch einmal”, nachdem man mit der Mehrheit im Rat es durchgedrückt hatte, dass die erneute Stellenausschreibung dergestalt manipuliert wurde, dass sie nun auf den Wunschkandidaten passte.
Es waren Vertreter der Parteien, die im jetzt noch laufenden Europawahlkampf irgendwas mit “Demokratie schützen” auf ihre grünen und roten Wahlplakate gedruckt haben. Aber wenn es um die eigenen Interessen geht, immer schön mit gezinkten Karten spielen?
Man kann so dreist sein, dann muss es aber auch Folgen haben
Und natürlich kann man so dreist sein wie Frank Otte und sich zum Beispiel die Strecke für seinen Nachhauseweg vom Bauamt in Richtung Arndtplatz einen XXL-Fahrradweg bauen – auf Kosten des Steuerzahlers. Eine Verlängerung – über den Nachhauseweg des Stadtbaurats hinaus – gab es nie. Schon irgendwie komisch. Manche Menschen setzen sich selbst komische Denkmäler.
Spätestens als das ZDF über den XXL-teuren Fahrradweg berichtete und Osnabrück der Lächerlichkeit preisgab, wäre es dann aber an der Zeit gewesen, das Anstellungsverhältnis zu kündigen. Was Otte daraus lernte: Er kann machen, was er will, Konsequenzen gab es für ihn und sein Handeln gegen die Interessen der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger nie!
Egal was Frank Otte auch machte. Immer wieder wechselten sich teure Eigenmächtigkeiten (bspw. “falsch bestellten Berliner Kissen“), sinnlose Prestigeprojekte (bspw. “Fahrradzählanlagen“) oder – insbesondere rund um die Umgestaltung des Schlossgartens – auch knallharte Unwahrheiten gegenüber der Öffentlichkeit ab.
Immer wieder blieb offenkundiges Fehlverhalten ohne Folgen. Dafür kam Osnabrück mit seinem seltsamen Stadtbaurat mit schöner Regelmäßigkeit bundesweit als Lachnummer ins Fernsehen (hier bei extra3 oder Mario Barth). “Schaut her, wie diese Stadt sich der Lächerlichkeit preisgibt”, war unter Otte durchgängig das Motto.
Die CDU traute sich nie Opposition zu sein
Niemand im Rathaus hatte wirklich die ‘Eier’ einmal aufzustehen und zu sagen: “So geht es nicht weiter!” Abgesehen von den Einzelkämpfern der BOB-Fraktion und der Jungen Union, die aber scheinbar in der eigenen Partei kein Gehör fand mit ihrer wenigstens einmal geäußerten Rücktrittsforderung.
In der Ratsfraktion der CDU – so war es immer wieder auf dem Rathausflur zu hören – wollte man ja “dem Wolfgang” (Griesert) und später dann “der Katharina” (Pötter) nicht in den Rücken fallen, die ja mit diesem Stadtbaurat zusammenarbeiten mussten.
Elf Jahre und nicht wirklich etwas vorzuweisen
Elf Jahre Frank Otte: “für Osnabrück eine verlorene Zeit“, schreibt eine Leserin der NOZ als Kommentar. Ja, das stimmt. Er hat wirklich nicht viel hinterlassen, das positiv an ihn erinnern könnte.
Schlimmer noch: Otte selbst hat deutlich diejenigen demaskiert, die sich diesen Stadtbaurat herangezüchtet haben und ihn gewähren ließen.
Politik und Verwaltungsspitze hätten Frank Otte immer wieder stellen und vor die Tür setzen können. Nicht erst nach der seltsamen Rufbus-Affäre am FMO. Dieser Höhepunkt persönlicher Fehlleistung blieb bekanntlich auch ohne Folgen, obwohl das Einfordern eines Linienbusses der Stadtwerke – aus purer persönlicher Bequemlichkeit – nach wirklich allen Maßstäben einen sofortigen Rausschmiss gerechtfertigt hätte.
Aber für Ratsmitglieder, die in ihrer Vita zu großen Teilen selbst nicht viel vorweisen können, reichte es bei Frank Otte immer. Die konnte er gut kontrollieren und in die Tasche stecken. Unter den Blinden ist der Einäugige König! So gesehen muss ich vielleicht sogar sagen: “Respekt, Frank Otte, zumindest gegenüber der Politik haben Sie sich immer gut verkaufen können.” Für viel mehr hat es leider nicht gereicht in den vergangenen elf Jahren.
Trotzdem: Keine Vorwürfe von mir hier an den Stadtbaurat, sondern an die, die das ‘System Otte’ erst möglich gemacht und über 11 Jahre am Laufen gehalten haben!
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“. Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann
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