Auf Nachfrage unserer Redaktion legte die Stadtverwaltung am Mittwochabend (15. Juni) offen, weshalb 62 städtische Führungskräfte Ende Mai zu einem Seminar gefahren waren, und was das alles gekostet hat.
Feine Ironie der Angelegenheit: Es ging bei dem Seminar um “Fehlerkultur”.
Eine Kommentar von Heiko Pohlmann.
Man muss den Kommunikationsabteilung der Osnabrücker Stadtverwaltung zugutehalten, dass sie hervorragend mit der medialen Aufregung rund um die FMO-Rufbus-Affäre umgegangen ist.
Gleiches gilt für die Presseabteilung der Stadtwerke und letztlich auch für Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes, der schließlich nicht nur um Entschuldigung für sein Handeln gebeten hat, sondern sich zusätzlich noch am Dienstag den Fragen der Presse stellte.
Und ich nehme es Dr. Rolfes von den Stadtwerken auch ab, dass er schlicht eine falsche Entscheidung getroffen hat. Vor allem aber nehme ich ihm sein öffentliches Bedauern ab.
Das, was da an den zuständigen Stellen bei Stadtverwaltung und Stadtwerken gelaufen ist, war erstklassige Fehlerkultur.
Also genau das, was die Spitzen aus der Stadtverwaltung bei ihrem Führungskräfte-Treffen am FMO einüben sollten: der richtigen Umgang mit Fehlern. Fehler können passieren. Manchmal müssen sie sogar passieren, damit sie in der Zukunft nicht mehr passieren.
Nur einer, der scheint bei dem Seminar nicht ganz anwesend gewesen zu sein. Warum sonst ist von Stadtbaurat Frank Otte auch weiterhin keine Regung zu der Angelegenheit wahrzunehmen?
Soweit ich es überblicken kann, sind die grundsätzlichen Elemente einer gelebten Fehlerkultur, dass zuallererst Fehler offen eingestanden werden müssen.
Dazu gehört auch, dass man jederzeit bereit ist, einen Schritt von seiner eigenen Sichtweise zurückzutreten, um zu schauen, ob das, was man selbst vielleicht für richtig hält, aus einer anderen Perspektive gesehen nicht tatsächlich doch ein Fehler ist.
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter hat stellvertretend für Stadtbaurat Frank Otte erst gestern so eine Neubewertung an einem Projekt vorgenommen.
Soweit ich das Gezwitscher auf den Rathausfluren richtig vernommen habe, war es tatsächlich die Rathauschefin selbst, die das für 15 Monate geplante Abbiegeverbot für Radfahrer gestoppt hat.
Sie hat das sicher auch deswegen getan, um die Stadtverwaltung und den dafür verantwortlichen Amtsleiter vor Schaden zu bewahren – vor allem aber auch die Radfahrerinnen und Radfahrer in der Hasestadt vor vermeidbaren Unfällen zu schützen.
Was wäre wohl passiert, wenn innerhalb der kommenden Monate ein Fahrradfahrer auf einer der 41 innerstädtischen Kreuzungen, an denen das Abbiegen in zwei Schritten bis in den Spätsommer 2023 verboten sein sollte, bei einem Abbiegeunfall verletzt worden wäre?
Gelebte Fehlerkultur: Fehler erkannt, Fehler eingestanden, Fehler behoben! Und damit einen möglichen viel größeren Folgeschaden abgewendet und für die Zukunft gelernt. Teil der Fehlerkultur ist immer auch die Fehlerkorrektur.
Nicht zuletzt deswegen, weil der Fehler mit dem Abbiegverbot von der Oberbürgermeisterin und nicht vom fachlich zuständigen Baurat korrigiert wurde, befürchte ich sehr, dass mindestens einer der Teilnehmer bei dem fraglichen Seminar am 23. Mai die Grundsätze der Fehlerkultur nicht verstanden hat.
Vielleicht war er auch in Gedanken schon auf der Rückfahrt, hat erfolglos den Bus gesucht oder war bereits im Gespräch mit dem Mobilitätsvorstand der Stadtwerke?
Auch ganz grundsätzliche Fehler können korrigiert werden. Es ist nie zu spät! Fragen Sie mal einen Referenten für Fehlerkultur.
Verantwortlich für die (Neu-)Besetzung von Spitzenposten ist der Rat der Stadt Osnabrück.
Last but not least: Dass – neben den Kosten für Transport und Catering – das nur halbtägige Seminar eines “bundesweit renommierten Fachmanns für Fehlerkultur” mit 6.414,10 Euro zu Buche geschlagen hat, das hat mich übrigens auch verwundert. Vielleicht aber ist in der Summe noch eine Nachschulung für mindestens einen Teilnehmer enthalten – oder für die Ratsmitglieder?
Foto: Lizensiert @Freepik
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