Was gibt es Schöneres, als am Samstagvormittag über den Wochenmarkt am Dom zu schlendern. Nur mit den Parkplätzen in der Innenstadt ist das so eine Sache. Wie sehr die rot-grüne Ratsmehrheit die Stadt inzwischen gegen das Automobil umgebaut hat, zeigt eine Beobachtung an diesem Samstagvormittag.
Eine Kommentar von Heiko Pohlmann.
Wenn man eines von Boris Pistorius nicht behaupten kann, dann, dass er in irgendeiner Form “abgehoben” ist.
Wie seine Vorgänger und Nachfolger im Amt des Oberbürgermeisters pflegte er eine offene Tür im Rathaus und auch ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Bürger – und soweit mir bekannt, hat sich das nicht geändert, seitdem er in Hannover als Innenminister tätig ist. An der Leine macht er genau wie an der Hase einfach einen guten Job, was ihm über alle Parteigrenzen attestiert wird, selbst wenn man in Detailfragen vielleicht anderer Meinung ist.
Wer mit offenen Augen durch die Hasestadt geht, kann “unseren Innenminister” immer mal wieder im Straßenbild entdecken, nicht nur zu Wahlkampfzeiten auf dem Osnabrücker Wochenmarkt vor dem Dom.
So viel Volksnähe zeigen selbst einige Kommunalpolitiker nicht, die teils Tolopen Volk sind und ihre Wochenenden in ihrer eigentlichen Heimat irgendwo in Ostfriesland oder im Sauerland verbringen, bevor sie unter der Woche in Osnabrück wieder ideologiegetriebene Lokalpolitik betreiben.
Heute verteilte der Ur-Osnabrücker Boris Pistorius Tulpen für die SPD – die Landtagswahl rückt näher.
In einem kurzen Plausch erzählte mir der gebürtige Osnabrücker, dass er den schönen Morgen für einen Spaziergang in die Stadt genutzt hat.
Mit etwas Abstand hatten sich am Löwenpudel vor dem Dom dezent zwei Personenschützer in Stellung gebracht. Das ist wohl leider notwendig, wenn man so ein Amt innehat.
Die beiden Beamten, die für diesen Samstagsdienst vermutlich extra aus der Landeshauptstadt anreisen mussten, werden wohl Probleme gehabt haben, einen Parkplatz in der Nähe ihres Einsatzortes zu finden.
Kein Wunder: Die Lortzingstraße ist inzwischen komplett mit Fahrradbügeln und Stellplätzen für Behinderte (die ohne Frage sehr wichtig sind) versehen. Und auch die Parkbuchten in der Hasestraße wurden sukzessive mit Fahrradbügeln versehen. Nicht viel anders sieht es in der Dielingerstraße aus – von der inzwischen “total-verbügelten” Krahnstraße ganz zu schweigen. Hervorzuheben ist auch das kuriose Sitzmöbel, mit dem ein weiterer Parkplatz ersatzlos entfiel. Und zukünftig soll auch die Durchfahrt an der Lortzingstraße gesperrt werden.
Um einsatzfähig zu bleiben, dürfen Personenschützer nicht ins Parkhaus fahren – das ist selbstverständlich nachvollziehbar.
Um mal schnell eine kurze Abholung bei der Fleischerei Büning (aka Mandel), bei Leysieffer, im Blumenladen “Schwesterherz”, im Prelle Shop oder bei Wein Fohs zu erledigen, gibt es inzwischen auch für den normalen Bürger und Steuerzahler keine (zumindest kaum noch) oberirdische Parkplätze in der Innenstadt.
Wer für eine Flasche Wein, ein paar Pralinen, eine Muttertags-Grußkarte, den Sonntagsbraten oder ein Bund Tulpen extra ins Parkhaus fahren soll – und bei der Fahrt in die Stadt nicht wenigstens die *Hoffnung* auf einen oberirdischen Parkplatz hat – der lässt es immer mehr einfach sein und bestellt lieber gleich im Internet.
Ja, viele Kunden der Innenstadtkaufleute kommen mit dem Fahrrad, und es werden auch immer mehr. Aber nicht jeder kann oder will sich bei Wind und Wetter auf ein Fahrrad schwingen oder sich in wahlweise feuchte, kalte oder überhitzte Stadtbusse zwängen.
Die Personenschützer des Innenministers hatten in dieser autofeindlichen Stadt wohl einfach keine andere Wahl – sie konnten ihren Einsatz nicht über das Internet erledigen. Die Kunden der Innenstadtkaufleute aber haben eine Wahl: Der Onlinehandel verzeichnet daher Rekordergebnisse.
Die Bodyguards vom LKA postierten ihren hubraumstarken Oberklasse-Dienstwagen direkt vor dem Theater – mitten auf den Platz der Deutschen Einheit, der deutlich als Fußgängerzone gekennzeichnet ist. Wo sonst sollten sie auch parken?
Ich interpretiere diese Parkplatzwahl auch ein Stück weit als ausgestreckten Mittelfinger gegen eine Kommunalpolitik, die vollkommen einseitig auf Fahrrad und ÖPNV setzt!
Wer als Bürger nur kurz einen Einkauf in der Stadt erledigen will, kann nicht einfach eine Polizeikelle hinter die Windschutzscheibe legen, um so seine Sonderrechte zu demonstrieren.
Aber sollten nicht die Bürger, die “den Laden” schließlich bezahlen, nicht auch Rechte haben?
In meinen Augen gehört dazu auch, dass die Innenstadt erreichbar bleibt und eine so große Zahl an oberirdischen Parkplätzen vorgehalten wird, dass zumindest die Chance besteht, dass nicht für jede kleine Besorgung in ein Parkhaus gefahren werden muss.
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„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G Jung)
Bitte denken Sie mehr, Ihr Heiko Pohlmann.
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