Lässt man die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts, mit der am Mittwoch ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2017 „kassiert“ wurde, ein wenig auf sich wirken, dann können selbst Zeitgenossen, die der Politik der Regenbogenkoalition aus SPD, Grünen, FDP, UWG, Piraten und Linkspartei ansonsten gewogen sind, womöglich nur zu einem Schluss kommen: Da sind politische Hasardeure* an den Realitäten gescheitert.Bevor es zu diesen Kommentar Beifall oder Ablehnung gibt: Das Verwaltungsgericht hat heute nicht darüber geurteilt, ob es eine tolle Sache, ist mit dem Auto quer durch die Stadt und über den Neumarkt zu fahren, das Urteil wurde vor dem Hintergrund gefällt, dass die Anwohner am Wall durch „ein Mehr an Verkehr“ deutlich in ihren Rechten beschnitten würden.
Ein Kommentar von Hasepost-Herausgeber Heiko Pohlmann.
Während der öffentlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht versuchte die Rechtsvertretung der Stadtverwaltung, die den gegen den ausdrücklichen Rat des Oberbürgermeisters durchgesetzten Beschluss zur Neumarktsperrung verteidigen musste, das Gericht mit einem billigen Taschenspielertrick auf seine Seite zu ziehen, doch die unabhängige Justitia war dafür nicht zu haben.
Städtebauliche Verbesserung zulasten tausender Wall-Anwohner
Das einzige Argument, das von Seiten der Verwaltung am Ende noch aufgebracht werden konnte, um das Urteil vielleicht doch noch abzuwenden, war: „Die Kläger wohnen doch gar nicht am Schlosswall.“
Doch angesichts auf höherer Ebene festgesetzter Grundsätze verfing diese Argumentation nicht, denn auch das Eigentum an einer Immobilie reicht aus, um quasi stellvertretend für seine Mieter ein Unrecht vor Gericht feststellen zu lassen. Vor allem aber stellte das Gericht fest, dass das Allgemeinwohl ganz sicher nicht überwiegt, wenn man zwar wohlmeinend am Neumarkt städtebaulich etwas verbessert, aber das Leben für tausende Bürger dadurch potentiell verschlechtert.
Was sich die Befürworter der Neumarktsperrung auch bald in schriftlicher Form um die Ohren schlagen lassen müssen, ist ganz konkret die Feststellung der Verwaltungsrichter, dass es nicht angeht, durch die Neumarktsperrung für mehr als 2.600 Wallbewohner eine Verschlechterung der Wohnqualität und vor allem der Gesundheitsbelastungen in Kauf nehmen zu wollen, ohne nicht schon bei der Beschlussfassung für Abhilfe gesorgt zu haben.
Verbesserungen für Anlieger nur im Konjunktiv
Dass man hunderte Wohnungen nachträglich und auf Kosten der Stadt mit Schallschluckfenstern ausrüsten könne, dass der Wall mit „Flüsterasphalt“ neu geteert werden wolle und dass in absehbarer Zeit durch die Elektrifizierung und bessere Abgasreinigung die Abgase sinken werden, das wollte das Gericht gar nicht anzweifeln. Letztendlich hatten die Lokalpolitiker der Regenbogenkoalition davon im Mai 2017, als sie die Neumarktsperrung beschlossen, nichts umgesetzt – und daran hat sich bis heute faktisch nicht geändert.
Regenbogen-Politiker wünschen sich Lösungen einfach nur herbei
Und irgendwie erinnert das alles ganz fatal an andere bereits gescheiterte oder auf ein baldiges Scheitern hinauslaufende Großprojekte der Regenbogenkämpfer im Stadtrat.
Auch das in diesem Sommer an den Realitäten gescheiterte Shoppingcenter hatte man sich vor allem herbeigewünscht, ohne mit dem Investor wasserdichte Verträge abgeschlossen zu haben. Wie bei der Neumarktsperrung hatte man beim Shoppingcenter den Oberbürgermeister ausgebootet und kritische Stimmen von fachlich versierten Bürgern und der IHK ignoriert und den städtebaulichen Vertrag mit geballter Laien-Kompetenz selbst ausgehandelt.
Und ganz ähnlich wie beim Shoppingcenter wird es wohl auch bei der Theatersanierung laufen. Auch da wünscht man sich in der Lokalpolitik – allerdings hier unter Beteiligung der CDU – ganz vehement eine Zweidrittel-Finanzierung durch Fördertöpfe aus Hannover, Berlin und sogar Brüssel, aber die wird es – spricht man hinter den Kulissen mit Politikern, die nach außen hin zu den Befürwortern zählen, wohl auch nicht geben.
Und wie das Kaninchen, das die Schlange anstarrt, sind die gewählten Volksvertreter – vor allem die „Lautsprecher“ der Regenbogenkoalition – sprachlos angesichts des immer noch ungelösten Problems am Güterbahnhof.
Von Bemühungen, das innerstädtische Verkehrschaos durch eine andere Verkehrsregelung auf dem Wall, ein LKW-Durchfahrverbot oder eine Wiederaufnahme der Pläne für die Westumgehung in den Griff zu bekommen, ist nichts festzustellen.
Schade, das hat diese Stadt nicht verdient!