Vor genau einem Jahr hat sich Deutschland in einem sogenannten Lockdown light befunden. Gastronomie, Spielhallen, Museen und andere Freizeiteinrichtungen waren geschlossen. Diese Maßnahme sollte dazu dienen, die Corona-Inzidenzzahlen zu senken und der Bevölkerung ein unbeschwertes Weihnachtsfest zu ermöglichen. Leider hat das nicht geklappt.
Ein Kommentar von Wolfgang Niemeyer.
Aus dem Lockdown light wurde ab Mitte Dezember 2020 ein ziemlich harter Lockdown. Der Einzelhandel, die Schulen, selbst Baumärkte, Blumenläden und Friseure mussten nun ebenfalls schließen. Das Weihnachtsfest fand, wenn überhaupt, im allerengsten Familienkreis statt. Die Lockdown-Maßnahmen erstreckten sich schließlich auf insgesamt sieben Monate, inklusive einer Osterruhe (die allerdings, weil extrem verfassungswidrig, dann doch nicht in Kraft trat) und der vieldiskutierten Bundesnotbremse (eine eher politisch motivierte Aktion, mit der Angela Merkel gegenüber den Ministerpräsidenten demonstrieren wollte, wer in Deutschland schlussendlich das Sagen hat).
Erst Ende Mai 2021 trat wieder so etwas wie Normalität ein, Einzelhandel und Gastronomie durften öffnen und die Sonne fing an zu scheinen. Damit einhergehende steigende Temperaturen sorgten für niedrige Coronazahlen, die Menschen machten erstmal ausgiebig Urlaub und wähnten sich in dem fatalen Glauben, dass man endlich aus dem Gröbsten raus sei.
Das sollte sich ein paar Monate später als schrecklicher Irrtum herausstellen. Seit Ende Oktober steigen die Infiziertenzahlen fast exponentiell in ungeahnte Höhen. Trotz der Tatsache, dass mittlerweile mehr als zwei Drittel der Bevölkerung gegen Corona geimpft sind, scheint sich der Virus erneut ungebremst auszubreiten. Und das allseits bekannte Panikorchester stimmt schon mal seine Instrumente: Markus Söder ruft in Bayern den Katastrophenfall aus, Lothar Wieler vom Robert-Koch Institut stellt fest, dass es im Kampf gegen Corona schon fünf nach zwölf ist (was einer Bankrotterklärung seines Instituts gleichkommt), Karl Lauterbach ist wieder auf allen Kanälen in jeder Talkshow präsent und der “Staatsvirologe” Christian Drosten geht vorsorglich von 100.000 Toten in diesem Winter aus. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer droht unverhohlen mit einem erneuten Lockdown, zumindest für Ungeimpfte. Selbsternannte Experten wie Viola Priesemann, die eine No Covid-Stategie ohne Rücksicht auf die sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen propagiert, fordern mehr Macht bei der Entscheidung über neue Strategien gegen die vierte Welle in der Corona-Krise.
Wenig zu hören ist hingegen von der geschäftsführenden Bundeskanzlerin und ihrem geschäftsführenden Gesundheitsminister. Jens Spahn ermöglicht zwar wieder kostenlose Schnelltests für alle, viel mehr fällt ihm allerdings auch nicht ein. Der besondere Schutz der Hochrisikogruppen wird nach wie vor nur in Sonntagsreden thematisiert. Die Bundeswehr soll es nun richten; angeblich stehen 12.000 Soldaten bereit, um in Alten- und Pflegeheimen das Personal und die Insassen regelmäßig zu testen. Ob das zur Senkung der Hospitalisierung und der Belegung der Intensivbetten durch Corona-Patienten reichen wird ist allerdings höchst ungewiss.
In Friesoythe im Landkreis Cloppenburg ist an diesem Wochenende eine Diskothek geräumt worden, weil sich augenscheinlich zu viele Gäste dort aufgehalten haben und die Einlasskontrollen zu lasch durchgeführt wurden. Bei der Räumung brach Panik unter einigen Gästen aus, es kam unter anderem zu Ohnmachtsanfällen und Zusammenbrüchen. Nachrichten dieser Art werden wir in den nächsten Wochen noch des öfteren hören. Die Corona-Krise geht in die nächste Runde, das Panikorchester betritt die Bühne und sorgt für Angst und Schrecken. Den Bürgern bleibt zumindest die Hoffnung, dass die nächste Regierung es besser macht. Erste Auftritte von Olaf Scholz als designiertem neuen Bundeskanzler geben durchaus Anlass zu positivem Denken. Im Gegensatz zu Angela Merkel betont er die Notwendigkeit der Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen. Sein Auftritt im Bundestag ging im Getöse des altgedienten Panikorchesters leider ein wenig unter. Mit Besonnenheit und gebotener Zurückhaltung lassen sich nunmal keine Schlagzeilen machen. Es ist an der Zeit, dass die geschäftsführende Regierung abgelöst wird.
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