Europa bedeutet für mich die Busfahrt mit dem Spanischkurs nach Barcelona, Shoppingtouren in die benachbarten Niederlande, mein Auslandsstudium in Schweden und das Internat in Großbritannien, in dem meine Nichte vor dem Brexit zur Schule ging – was jetzt leider nicht mehr möglich ist. Aber dieses Plakat? Diese FDP-Kandidatin? Geht gar nicht!
Europa ist nicht die verhärmt blickende alte Frau, die ich derzeit auf den Wahlplakaten der FDP ertragen muss. Die linksalternative Tageszeitung taz bezeichnete sie in der Kolumne „die Wahrheit“ als „Deutschlands beliebteste Kriegstreiberin“ und „Panzertante mit Haarhelm“.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Es gibt durchaus triftige Gründe, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann nicht zu mögen, sei es wegen ihrer Verstrickungen mit der Rüstungsindustrie oder ihrer bedrohlich und herablassend wirkenden Art gegenüber Kritikern im Wahlkampf.
Ich kann mir leider auch gut vorstellen, dass einige Kritiken an der Berufspolitikerin tatsächlich rechtliche Grenzen überschreiten, was keineswegs gutzuheißen ist. Ich bezweifle jedoch, dass alle ihrer monatlich etwa 250 Strafanzeigen ausschließlich dazu dienen, Hass und Hetze zu bekämpfen. Der Anzeigenhauptmeister findet seine Meisterin in Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Dass die FDP mit dieser Frau, die für viele Wähler als Prototyp der personifizierten Kriegstreiberin gilt, mit einer überaus polarisierenden Kandidatin in die Europawahl geht, dürfte der Parteispitze bewusst sein.
Ist es jedoch eine merkwürdige Form der Selbstzerstörung und Todessehnsucht, dass einer solchen Personalentscheidung nun auch noch diese Kampagne folgt? Man stelle sich vor, Mercedes würde mit Autowracks werben oder Alois Müller mit Schimmel auf der Buttermilch.
Wenn man in aktuellen Umfragen nur noch bei etwa 5% der Bürger punkten kann, sollte man vielleicht etwas sorgsamer bei der Auswahl der Wahlplakate sein. Vor allem, wenn es schon bei der Nominierung der Spitzenkandidatin an Sorgfalt gemangelt hat.
In Osnabrück – soweit ich es wahrgenommen habe – blieb uns das besonders misslungene Plakat der FDP-Kampagne zur Europawahl bislang erspart. Darauf wird die seniore Spitzenkandidatin (Jahrgang 1958) als „Oma Courage“ bezeichnet, was für weniger belesene Mitmenschen vielleicht amüsant klingen mag. Angesichts der von Bertolt Brecht geschaffenen Figur der „Mutter Courage“, einer skrupellosen Geschäftemacherin im Dreißigjährigen Krieg, hat dies vielleicht mehr mit der FDP-Politikerin gemeinsam, als es der Partei recht sein sollte. Wer denkt sich sowas aus? Wer genehmigt so eine Wahlkampagne?
Schon dieser ‚böse Blick‘ auf den in Osnabrück aufgestellten Plakaten reicht mir um auf dem Wahlzettel ganz sicher bei der FDP – selbst wenn Sie noch heute das Ampel-Elend beenden würde – mein Kreuzchen nicht zu setzen.
Wenn Frau Strack-Zimmermann Europa wirklich am Herzen liegt, sollte sie darlegen, was Europa (eigentlich ‚die EU‘) auszeichnet und wofür es sich zu streiten und zu werben lohnt! Die Ukraine ist übrigens kein Teil der EU.
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“. Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann
Als Kommentar, Kolumne, Meinungsbeitrag oder Satire gekennzeichnete Beiträge geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
Trotz der Kennzeichnung als Meinungsbeitrag mangelt es an ausgewogener Argumentation und sachlicher Erörterung, die üblicherweise in journalistischen Meinungsbeiträgen erwartet wird. Hier lässt sich der Autor nur von seinen negativen Gefühlen leiten, garniert mit viel Polemik. Ich mag die auch nicht, finde sowas aber trotzdem unnötig und peinlich. Und dann zu sagen, dass Beleidigungen nicht angebracht sind, um dann welche aus er taz zu zitieren (ohne journalistischen Mehrwert),was soll sowas?
Sehr geehrter Herr Löser, eine Meinung muss nicht „ausgewogen“ sein und muss auch nichts „sachlich erörtern“. Was Sie als Polemik empfinden, ist eine persönliche Einschätzung. Ich persönlich empfinde die von der taz zitierten Bezeichnungen übrigens als lediglich als „spitz“, vielleicht auch „überspitzt“. Für eine Person des öffentlichen Lebens ist das alles aber noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Wobei ja objektiv eine immer weiter erfolgendes Anheizen eines bewaffneten Konflikts auch faktisch betrachtet ein „(an)treiben eines Kriegs ist“, im Sinne des Wortes „Kriegstreiberin“.
Mit dem unglücklichen Bezug auf die Figur der „Mutter Courage“, die geradezu der Prototyp einer Kriegstreiberin ist, hat sich die FDP-Politikerin (gewollt oder ungewollt) ja sogar selbst in diese Ecke gestellt.
Hallo Hasepost, das habe ich anders gelernt: „Journalistische Textform Kommentar: Ein Kommentar argumentiert sprachlich nüchtern und sachlich…“ Man möge sich mit dieser Definition vor Augen den Kommentar noch einmal durchlesen. Alternativ empfehle ich die „Gelbe Reihe“ / „Journalistische Praxis“ und die dortige Einordnung dieser Textform. Wir reden ja hier nicht von einer privaten Meinung, sondern immer noch einem journalistischen Produkt