Dass Beton nicht unbedingt besonders haltbar und schon deshalb nicht nachhaltig ist, musste die Stadtverwaltung vor gut drei Jahren feststellen. Kurz vor Beginn der seinerzeit geplanten Umgestaltung des Neumarkts kamen erhebliche Bedenken auf, dass dem Neumarkt ein ähnliches Schicksal wie dem Rosenplatz blühen könnte. Dort löste sich der Beton in Rekordzeit auf. Die Umgestaltung des Neumarkts wurde daraufhin gestoppt und die für das Betonprojekt beauftragten Unternehmen wurden gekündigt.
In der Folge des Neumarkt-Baustopps kam es zu einem mehrjährigen Schlichtungsverfahren, bei dem die Stadtverwaltung und die ursprünglich mit der Betonierung des Neumarkts beauftragte „ARGE Neumarkt“ darum stritten, wie die Oberfläche des Problemplatzes neu gestaltet werden soll und darum kämpften, ihren lukrativen Auftrag zu behalten.
Am Ende obsiegte die Beton-Fraktion – in der Ratssitzung an diesem Dienstag (27. September) soll die Politik der Rücknahme der Kündigung der Beton-Planung zustimmen.
Verwaltung stellt fest: „Keine Auswirkungen auf den Klimaschutz“
Wie bei jeder entsprechenden Ratsvorlage ist auch der Vorlage VO/2022/1145 ein Vermerk vorangestellt, der feststellt, ob der von den Kommunalpolitikern zu treffende Beschluss „Auswirkungen auf den Klimaschutz (CO2-Ausstoß/Energieverbrauch)“ hat.
Die Verwaltung hat hierzu „nein“ angekreuzt. Aber stimmt das auch?
Beton im Vergleich zu Asphalt ein Klimakiller?
In einer bereits 2003 im Auftrag des Deutschen Asphaltverbands erstellten vergleichenden Studie wird festgestellt: „Bei der Emission der Treibhausgase ist ein deutlicher Unterschied zwischen Asphalt- und Betonbauweise zu erkennen: Bei Verwendung von Portlandzement liegen diese Emissionen bei Betonfahrbahnen um 140 % höher als bei Asphaltfahrbahnen. Durch den Einsatz von Hochofenzement kann die Emission der Treibhausgase zwar um über ein Drittel gesenkt werden, trotzdem liegen die Emissionen noch um über 50 % höher als bei der Asphaltbauweise. Auch auf die Emission der Treibhausgase hat der Einsatz von Recyclingbaustoffen nur vernachlässigbaren Einfluss.“
Diese Studie ist nunmehr fast 20 Jahre alt. Festzustellen ist auch, dass der Auftraggeber dieser Studie sicher alles andere als nicht-voreingenommen gegenüber dem Baustoff Beton ist.
Für die Betonherstellung wird oft auch Altöl verbrannt
Aber auch zahlreiche andere Quellen legen nahe, dass Beton ein wahrer Klimakiller ist: Zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, drei mal mehr als der Ausstoß im Luftverkehr, gehen auf das Konto der Beton- und Zementindustrie, so unter anderem ein aktueller Beitrag der ARD.
Die Industrie versucht zwar bis zum Jahr 2050 das Problem in den Griff zu bekommen, doch noch immer werden für die Produktion Öfen benötigt, die teils mit der Verbrennung von Altöl, Autoreifen und Abfallstoffen auf Temperaturen von mehr als 1.400 Grad Celsius gebracht werden. Pro Tonne Zement fällt rund eine Tonne CO2 an – für den Alternativbaustoff Asphalt liegt dieser Wert bei rund der Hälfte des Klimagases.
Verwaltung hat noch keinen Plan zur verwendeten „Betonrezeptur“
Für die nach Angaben der Stadtverwaltung rund 10.000 Quadratmeter große Fläche, die im Herzen der Stadt betoniert werden soll, liegt eine „konkrete Betonrezeptur“ noch nicht vor, „dies wird erst ein Ergebnis des weiteren Planungsprozesses sein“, so die Verwaltung auf Nachfrage unserer Redaktion. „Grundsätzlich strebt die Verwaltung im Hinblick auf die Klimaziele der Stadt natürlich an, möglichst klimaeffiziente Materialien und Baustoffe zu verwenden.“
Beton das bessere Material – wenn er denn hält?
Dass Asphalt unter Aspekten des Klimaschutzes das bessere Material ist, scheint hingegen nicht Gegenstand einer Prüfung gewesen sein. Auf Nachfrage der HASEPOST wird nur vage infrage gestellt, dass es so sein könnte.
„Aus Sicht der Verwaltung hält sich der Vergleich für die erstmalige Herstellung […] in Waage“. Allerdings schränkt die Verwaltung ein, dass ein Klimavorteil bei Beton nur dann festgestellt werden kann, wenn dieser sich nicht (wie beispielsweise am Rosenplatz) vorzeitig auflöst. „Bei einer kompletten Life-Cycle-Betrachtung verschiebt sich der Vorteil […] eher in Richtung Beton, weswegen sowohl die Verwaltung als auch die ARGE diese Bauweise weiterhin anstreben.“
Titelfoto: Betonlaster, Archiv Hasepost