„Schrittweise“ ist wohl das Schlüsselwort, das allen Regelungen vorangestellt wird, die sich mit der Aufhebung der Schutzmaßnahmen zur Corona-Eindämmung beschäftigen. Insbesondere Einzelkinder im Kindergartenalter werden darunter besonders leiden.
Kleine Läden dürfen zuerst wieder öffnen, ältere Schüler früher als die Kinder aus den Grundschulklassen wieder zurück in die Schule. Und was ist mit den Kindergarten- und Kita-Kindern? Das Land Niedersachsen hat dazu jetzt eine Regelung angekündigt, doch es gibt bereits erste Kritik.
In Kitas und Kindergärten bis in den Sommer nur Notbetreuung
In einer am Donnerstag veröffentlichen Pressemitteilung von Kultusminister Grant Hendrik Tonne wird der Fahrplan für Schul- und Vorschulkinder skizziert. Ganz am Ende der schrittweisen Rückführung in die Normalität stehen die Kitas, Krippen und Horte, für die nach den Plänen der Landesregierung weiterhin und bis zu den Sommerferien die Notbetreuung gelten soll.
Zwar sollen die Betreuungskapazitäten ausgeweitet und sichergestellt werden, dass Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen die Notbetreuung nutzen können, doch für viele Kinder bedeutet dies: Ein Frühjahr und Sommer ohne die für die kindliche Entwicklung so wichtigen Sozialkontakte mit Gleichaltrigen.
Wichtige Monate der Entwicklung ohne Kontakt zu Gleichaltrigen
Der Osnabrücker Anwalt Daniel Jutzi, der als Vater einer Tochter auch Vorstandsvorsitzender des Kindergartens „Kindervilla“ ist, sieht durch diese Regelung eine große Gruppe von Kindern nicht hinreichend berücksichtigt: kleine Einzelkinder.
„Ein Kind im Alter von z.B. 4 Jahren ohne Geschwister hat schon seit dem 19.03.2020 keinen sozialen Kontakt mehr zu anderen Kindern. Geschwister sind nicht vorhanden, Treffen mit anderen Kindern sind „verboten“, Spielplätze sind geschlossen, draußen müssen die Kinder „Abstand halten“, was faktisch bei kleinen Kindern nicht geht“, so der Anwalt Jutzi.
Warum nicht wenigstens zwei Tage soziale Kontakte für alle Kinder?
„Auch kleine Einzelkinder haben aber einen Anspruch darauf, mit anderen Kindern in sozialem Kontakt zu sein. Und das gilt auch für Kinder, die nicht aus „sozial schwierigen“ Verhältnissen kommen. Auch Kinder aus „normalen“ Familien brauchen Kontakte zu gleichaltrigen Kindern“, argumentiert Daniel Jutzi weiter und bittet den Minister in einem unserer Redaktion vorliegenden Brandbrief die Regelungen für die Notfallbetreuung bzw. die Härtefallregelungen dahingehend zu lockern, dass auch Einzelkinder, jedenfalls in einem gewissen Umfang in im Kindergarten betreut werden dürfen – Jutzi schlägt dafür zwei Tage pro Woche vor. „Eine solche Ausweitung ist nach derzeitiger Kenntnis mit den Kapazitäten in den Kindergärten zu vereinbaren“, schließt der Anwalt seinen Appel an die Landesregierung.